Überlegen Sie mal, ob Sie die Fahrt in den Urlaub nicht in zwei oder drei Tagesetappen aufteilen können. Während Sie sich eine Stadt zwischendurch anschauen, lädt Ihr Auto am Hotel oder auf dem Campingplatz – nicht selten sogar kostenlos.
Für Rundreisen von Übernachtungsort zu Übernachtungsort in Etappen, die so lang sind wie die Reichweite, ist ein E-Auto dagegen prädestiniert – keinerlei Einbußen gegenüber herkömmlichen Wagen.
Sich nur wegen des Urlaubs ein Auto mit riesigem Akku zuzulegen oder einen Plug-in-Hybrid lohnt sich eher nicht, auch nicht finanziell. Wenn eine Umstellung für Sie nicht infrage kommt, sollten Sie stattdessen vielleicht überlegen, sich für die Urlaubszeit einen Leihwagen zu nehmen, ein anderes Transportmittel zu wählen oder gleich einen ganz anderen Urlaub zu planen.
Andererseits: Dass man sehr wohl auch mit einem E-Wagen Urlaubsreisen antreten kann, bewiesen 2015 drei Elektro-Enthusiasten mit einem Tesla Model S. Sie fuhren die rund 6600 Kilometer lange Strecke von Tarifa im Süden Spaniens bis zum Nordkap in Norwegen in 104 Stunden und 30 Minuten – und erhielten dafür einen Eintrag im »Guinness Buch der Rekorde«. Dafür waren 26 Ladestopps nötig mit einer Gesamtladezeit von 20 Stunden und 15 Minuten.
Die Anhängerkupplung, das Cabriodach
Kommen wir zu weiteren Einschränkungen: Wer E-Auto und gleichzeitig ein Cabrio fahren möchte, wird nicht lange suchen müssen – diese Kombination ist zurzeit noch äußerst rar. Zum Redaktionsschluss für dieses Buch gab es nur zwei nicht exotische Modelle: den Smart Fortwo und den Fiat 500e.
Auch der Wunsch nach einer Anhängerkupplung schränkt die Auswahl sehr stark ein, insbesondere wenn Sie viel Zugkraft brauchen. Vor allem sollten Sie Ihre Berechnungen für die Reichweite Ihres Wunschmodells dann auch noch einmal überarbeiten: Denn der Anhängebetrieb bedeutet eine zusätzliche starke Energieabforderung für den Akku – nicht nur wegen des Gewichts eines Anhängers mit Beladung und die Rollwiderstände, sondern vor allem auch wegen des hohen Luftwiderstands. Wollen Sie mit E-Auto und Wohnwagen in den Urlaub reisen, könnte sich die Reichweite leicht halbieren.
Mit Anhänger am E-Auto werden Sie auf noch ein Problem stoßen, und zwar an den Ladesäulen. Die stehen in der Regel so, dass davor ein PKW stehen kann – für ein Anhängsel ist da oft kein Platz, wenn Sie keine Durchfahrt versperren wollen. Erst langsam setzt sich beim Bau neuer Ladeparks die Erkenntnis durch, dass Ladeplätze besser anders zu gestalten sind.
Ob sich Ihr Wunsch-Auto mit Ihrem Wohnwagen gut verträgt, können Sie mit der Webseite www.zugwagen.info
überprüfen. Dabei geht es nicht nur um zulässige Anhängelast oder Motorleistung, sondern auch um Aerodynamik und Gewichtsverhältnisse. Auch Elektroautos stehen für die Onlineberechnungen zur Auswahl.
Nach all diesen Überlegungen werden Sie nun vielleicht eine kleine Liste mit Fahrzeugen in den Händen halten, die Ihren Ansprüchen entsprechen. Aber können und wollen Sie sich das Traumauto auch leisten? Gerade bei E-Autos ist ein Vergleich der Total Cost of Ownership wichtig (englisch TCO), also der Gesamtkosten des Fahrzeugbetriebs. Denn die Elektrokutschen sind nicht selten etwas teurer in der Anschaffung, können aber oft bei den Betriebskosten wieder punkten. Bedenken Sie, dass mit Stand zur Drucklegung dieses Buches …
… es mitunter hohe Fördergelder gibt (siehe Kapitel 4 »Der Staat gibt Geld dazu« ).
… in den ersten zehn Jahren keine KFZ-Steuern zu zahlen sind (in Deutschland), danach beträgt sie 50 Prozent der üblichen KFZ-Steuer. Die berechnet sich dann aber logischerweise nicht nach Hubraum wie beim Verbrenner, sondern nach dem zulässigen Gesamtgewicht.
… die Dienstwagen-Versteuerung von reinen E-Autos unter Umständen nur 0,25 Prozent beträgt.
… die Verschleiß- und Wartungskosten sehr viel geringer sind (Unfallreparaturkosten dagegen laut Untersuchung der Allianz-Versicherung von 2020 etwas höher).
… die Energiekosten im Durchschnitt etwa halb so hoch sind wie für Benziner (bei kostenpflichtigen Schnellladern manchmal gleich teuer, zu Hause etwa die Hälfte, bei eigener Photovoltaikanlage etwa ein Viertel so hoch).
… Versicherungen unter Umständen Sonderkonditionen für E-Autos anbieten.
Eine Vergleichsrechnung über die ganze Betriebsdauer ist natürlich viel schwieriger anzustellen als ausschließlich eine über die Anschaffungskosten, weil sowohl die Energiepreise als auch eventuelle Verschleiß- und Reparaturkosten nur schwer vorauszuschauen sind. Dennoch lohnt es sich, die Ersparnisse zumindest mal grob für die geplante Haltedauer des zukünftigen Wagens aufzustellen – ich versichere Ihnen, es bewegt sich Jahr für Jahr im vierstelligen Bereich.
Eine gute Hilfe bei der Kostenberechnung kann die Webseite www.e-stations.de
sein. Unter der Rubrik »Elektroautos« finden Sie den »Kostenrechner«, bei dem Sie für Ihr Wunsch-E-Auto und Ihrem bisherigen Verbrenner unter Eingabe von Fahrtstrecken im Jahr, Energiekosten und -verbräuchen eine Vergleichsrechnung vornehmen können.
»Ich hoffe, Sie kaufen ihn nicht, denn jedes Mal, wenn ich einen Fiat 500e verkaufe, kostet es mich 14.000 Dollar.«
Sergio Marchionne, Fiat-Chef
Die endgültige Entscheidung
Sie können sich jetzt mit einem Taschenrechner hinsetzen und einen Tag lang Prospekte oder Internetseiten vergleichen … Es geht aber auch einfacher und digitaler, herauszufinden, welches E-Auto mit welcher Reichweite zu den eigenen Anforderungen passt, vor allem auch wenn Ihr Fahrprofil nicht so regelmäßig ist wie bei Pendlern: Ingenieure der Ruhr-Universität Bochum haben zum Beispiel eine kostenlose Android-App entwickelt, die Ihnen dabei hilft – insbesondere bei den Reichweiten-, Platz- und Kostenfragen: Mit »EValuation« ( https://play.google.com/store/apps/details?id=de.rub.enesys.evaluation
)lassen sich mit dem Smartphone Ihre typischen Fahrtstrecken aufzeichnen, während Sie sie mit einem Benziner oder Diesel zurücklegen. Aus den gesammelten Daten generiert das Programm dann eine Liste von E-Autos, die Ihre Anforderungen erfüllen. Darüber hinaus schätzt das Programm auch die Verbrauchskosten im Vergleich zum aktuellen Wagen.
Ähnlich funktionieren diese Apps: »EQ Ready App«, nur für Daimler und Smart, »Yubee« vom Stromanbieter Yellow sowie »EnBW mobility+« – eigentlich die Bezahl-App des Ladestationsbetreibers EnBW, sie verfügt aber über einen Modus für virtuelle Fahrten.
Kapitel 3
Doch besser einen Plug-in-Hybrid kaufen?
IN DIESEM KAPITEL
Wo sind die Stärken und Schwächen dieser Mischform?
Was sind die Vor- und Nachteile im Detail?
Viele Menschen, die noch mit dem Gedanken hadern, von einem konventionellen Wagen auf ein reines E-Auto umzusteigen, weil ihnen die Umstellungen und Herausforderungen noch zu groß vorkommen, entscheiden sich häufig erst einmal für einen Plug-in-Hybrid – also für ein Auto, das beide Techniken miteinander vereint und mit dem man sowohl rein elektrisch fahren kann als auch wie bisher mit flüssigen Kraftstoffen, falls doch keine Ladesäule verfügbar ist (mehr über den Aufbau eines Hybrids erfahren Sie in Kapitel 6 »Was Elektroautos ausmacht«, Abschnitt »Hybride – der Kompromiss zwischen alt und neu« ).
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