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Als drittes Hochschulprojekt des Spätmittelalters versuchte Herzog Albrecht IV. von Bayern 1487 zusammen mit der Reichsstadt in Regensburg die Gründung einer zweiten altbayerischen Universität. Die Pläne mussten indes trotz erfolgter Erteilung des päpstlichen Stiftungsprivilegs aufgegeben werden, als der Papst ihm das Bischofs-Nominationsrecht und erhoffte Inkorporationen verweigerte.[11]
1. Kapitel Grundlagen› I. Die Geschichte der Bayerischen Hochschulen› 2. Neuzeitliche Universitätsgründungen
2. Neuzeitliche Universitätsgründungen
a) Von der Reformation bis zum Absolutismus: Die Etatisierung der Universität
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In der Zeit zwischen der Reformation und dem Umbruch am Ende des 18. Jahrhunderts prägten vor allem drei Faktoren die bayerische Hochschulentwicklung: Die Gründung zahlreicher neuer Universitäten außerhalb Altbayerns, die engere Bindung der Universität an den Landesherrn und die weitreichende Bedeutung der Jesuiten für das allgemeine und höhere Bildungswesen in den katholischen Landesteilen. In Ingolstadt[12] lehrten auf Wunsch von Herzog Wilhelm IV. die ersten Patres der Societas Jesu seit 1549, deren Einfluss in der Folgezeit noch ausgebaut wurde. Obwohl die Universität im Gegensatz zu Bamberg und Dillingen nie zu einer rein jesuitischen Bildungsanstalt wurde, litt sie an den inneren Kämpfen mit der medizinischen und der juristischen Fakultät, wobei insbesondere Letztere in ihrer zentralen Bedeutung für Leitung und Verwaltung der Gesamtuniversität stets darauf bedacht war, die Selbstständigkeit der Universität gegen die Dominanz des Jesuitenordens, der „im Prinzip die universitäre Selbstverwaltung nicht anerkannte“,[13] zu verteidigen. Auch in Ingolstadt endete die Ära der Jesuiten, die unter anderem ein Wiederaufblühen der Scholastik erreicht hatten, mit der Auflösung des Ordens 1773, dem 1781 die endgültige Entlassung aller einstigen Ordensmitglieder aus der Universität folgte.
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Unterdessen hatte sich auch an der altbayerischen Landesuniversität in Ingolstadt der Einfluss der landesherrlichen Aufsicht ausgedehnt. Zwar bewahrte sich die Universität bis 1806 ihren mittelalterlichen Rechtsstatus, der Landesherr griff aber zunehmend in Berufungen und Detailfragen des Lehrbetriebs ein. Die stärkere Position des Herzogs gegenüber dem Reich im Zuge dessen innerer Auflösung, die Konfessionalisierung im Geleit des Augsburger Religionsfriedens und die absolutistische Staatsidee wurden zu Faktoren, die die Etatisierung und Umwandlung zur „katholischen Landesuniversität “ begünstigten. Die staatliche Universitätsaufsicht war schon 1515 begründet worden.[14]
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Die Umwandlung der Universität in eine barocke, territorial begrenzte Institution brachte auch eine Veränderung des wissenschaftlichen Fokus mit sich. Der Unterricht in gesellschaftlichen Formen, die Bestrebungen nach einer größeren Berücksichtigung der Kameralistik und das Bedürfnis nach einer Ausweitung der naturwissenschaftlichen Forschung und Methoden begründeten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert, der Epoche der Aufklärung, einen Reformbedarf, der an der jesuitisch geprägten Landesuniversität nur unzureichend erfüllt werden konnte. Dies begünstigte das Entstehen der durchaus vielschichtigen und schillernden Akademiebewegung. Ihr Ziel wurde 1759 mit der Gründung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften erreicht,[15] was insbesondere das Verdienst des zeitweise auch in Ingolstadt unterrichtenden Johann Georg Lori ist, der selbst Schüler und Vertrauter des Reformers Johann Adam Ickstatt war.[16] Dieser hatte bereits in Würzburg erste Reformen angeregt und war 1741 zum königlichen Berater berufen worden, bevor er 1746 eine Professur in Ingolstadt erhielt und als Universitätsdirektor diente. Nach der Auflösung des Jesuitenordens begann eine zweite Reformperiode, während derer eine neue Schulordnung[17] erlassen und die staatliche Aufsicht im Gefolge der Aufdeckung des Illuminatenbundes gestrafft wurde. Behindert wurde das Reformprojekt freilich durch die unumgängliche Weiterbeschäftigung früherer Jesuiten. Wirksam Bahn brechen konnte es sich daher erst unter Kurfürst Max IV. Joseph im Rahmen der Säkularisation nach dem Umzug nach Landshut (1800).
b) Die Welle postreformatorischer Universitätsgründungen
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Hatte bis in das 16. Jahrhundert hinein nur die altbayerische Landesuniversität in Ingolstadt als echte Hochschule in Bayern existiert,[18] so erfolgte nach der Reformation eine Vielzahl von Gründungen auch in den anderen Territorien. Die Gründungswelle im 16. und 17. Jahrhundert geht vor allem auf das Bedürfnis der fürstlichen Verwaltung nach gebildeten Bediensteten und die Auswirkungen des Seminardekrets des Konzils von Trient (1563) zurück, wonach jedes Bistum eine Einrichtung zur geistlichen Ausbildung unterhalten solle. In den meisten Fällen handelte es sich bei den neuen Einrichtungen aber nicht um originäre Gründungen. Vielmehr wurden lediglich bestehende Institutionen zur Universität erhoben, während anderen die Anerkennung als Hochschule verwehrt wurde, so dass bis in das 19. Jahrhundert zahlreiche Zwischenformen von Gymnasium und Universität existierten. Auch stellte nahezu jede Hochschule, als Konsequenz aus der Teilung Bayerns in Bistümer, katholische und protestantische Herzog- und Fürstentümer und schließlich Reichsstädte, einen eigenen Typus dar.[19] Eine übergreifende Erscheinung blieb der jesuitische Einfluss in den katholischen Gebieten, der oft auf den offenen Widerstand der Domkapitel traf.[20]
aa) Katholische Gründungen[21]
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In Dillingen[22] stiftete 1549 Fürstbischof Otto Truchseß von Waldburg eine Priesterlehranstalt. Das päpstliche (6. April 1551) und kaiserliche (30. Juni 1553) Privileg führte 1554 zur Umwandlung in eine Universität mit zwei Fakultäten, die bereits 1563 im offenen Widerstand zum Domkapitel zur Jesuitenuniversität umgebildet wurde. Damit war die erste Jesuitenuniversität auf deutschem Boden entstanden, die sich nicht am Prinzip der universitären Selbstverwaltung, sondern der strengen Ordenshierarchie orientierte. Als Besonderheit kann die 1616 erfolgte Gründung einer juristischen Fakultät vermerkt werden. Nach der Ordensauflösung erfolgte 1786 eine Umorganisation, die allerdings an der Degradierung zum bloßen Lyzeum im Jahre 1804 nichts mehr ändern konnte.[23]
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Würzburg[24] erhielt 1582 eine Universität mit allen Fakultäten im Zuge der Bemühungen des Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn . Die Universität, die auf das 1561 bischöflich gegründete und 1567 von den Jesuiten übernommene Gymnasium zurückgeht, war bereits 1575 durch Kaiser Maximilian II. sowie im Folgejahr durch Papst Gregor XIII. privilegiert worden und erhielt ihre Finanzierung aus umgewidmeten Kirchenmitteln. Die Statuten (1587) der Universität lehnten sich an die von Ingolstadt an. Der Einfluss der Societas Jesu blieb beschränkt. Sowohl Kanzler als auch Rektor entstammten der Hierarchie des Würzburger Doms und im Gegensatz zu Ingolstadt entschied allein der akademische Grad über die Berufung zum Professor. Mit Beginn des 18. Jahrhunderts wurde Würzburg zu einem „Vorort katholischer Aufklärung“[25]. Gekennzeichnet war die Reformperiode durch die Betonung der landesherrlichen Gewalt, Innovationen im Lehrbetrieb und das Zurückdrängen der durch die Jesuiten vertretenen Scholastik.
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In Bamberg ging aus dem von Fürstbischof Ernst von Mengersdorf 1586 gegründeten Priesterseminar 1648 eine echte Hochschule ( Academia Ottoniana Bambergensis ) hervor. Durch die zunächst vollständige Dominanz der Jesuiten und die Beschränkung auf zwei Fakultäten reiht sich Bamberg mit Dillingen in die Gruppe der reinen Jesuitenakademien ein. Nach Auflösung des Jesuitenordens konnte hieraus 1773 die Universitas Ottoniana Fridericiana mit einer Universitätsverfassung gebildet werden.
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