331
Das Registergericht prüft das ordnungsgemäße Zustandekommen des Kapitalherabsetzungsbeschlusses, die Form der Anmeldung und die Vollständigkeit der beigefügten Unterlagen.
332
Die Kapitalherabsetzung wird wirksam und das Grundkapital ist herabgesetzt, wenn der Beschluss über die Herabsetzung des Grundkapitals in das Handelsregister eingetragen ist (§ 224 AktG).
333
Durch die Eintragung werden bestimmte Nichtigkeitsgründe unmittelbar geheilt (vgl. § 242 Abs. 1 AktG), andere werden nach einer Frist von drei Jahren geheilt (§ 242 Abs. 2 AktG). Ist die Kapitalherabsetzung eingetragen, aber wirksam angefochten worden, ist sie nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft zu behandeln. Für die Zukunft ist eine Wiederherstellung des Grundkapitals denkbar, aber nicht praktikabel.[32]
334
Von der Kapitalherabsetzung unberührt bleiben ein bedingtes oder ein genehmigtes Kapital der AG.[33] Das bedingte oder genehmigte Kapital kann im zum Zeitpunkt der Kapitalherabsetzung bestehenden Umfang ausgenutzt werden. Dies gilt selbst dann, wenn dadurch die Höchstbeträge der §§ 192 Abs. 3, 202 Abs. 3 AktG, welche auf der Basis des herabgesetzten Grundkapitals gelten, überschritten werden.[34]
335
Durch die Herabsetzung des Grundkapitals steht den Gläubigern der Gesellschaft ggf. eine geringere Haftungsmasse zur Verfügung, auf die sie im Insolvenzfall zugreifen können. Das Aktiengesetz enthält daher für den Fall der Kapitalherabsetzung einige Regelungen zum Schutz der Gläubiger:
336
Gem. § 225 AktG haben die Gläubiger der Gesellschaft einen Anspruch auf Sicherheitsleistungwegen Forderungen, die gegen die Gesellschaft begründet wurden, bevor die Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses bekannt gemacht worden ist. Die Forderungen können schuldrechtliche Ansprüche jeder Art sein, die aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage entstanden sind.[35] Nicht erforderlich ist, dass sich die Forderung auf eine Geldzahlung oder die Übereignung einer Sache bezieht.[36] Der Wortlaut des § 225 Abs. 1 AktG („Forderungen“) indiziert, dass dingliche Rechte und die zu ihrer Sicherung bestehenden Ansprüche (§§ 985, 1004 BGB) nicht von § 225 AktG erfasst sind.[37]
337
Die Forderung muss vor der Bekanntgabe der Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses begründet worden sein. Der Stichtag bestimmt sich nach § 10 HGB.[38] Die Forderung ist begründet bei Setzung des Rechtsgrundes, d.h. regelmäßig bei Vertragsschluss.[39] Nicht erforderlich ist die Fälligkeit der Forderung. Sie kann auflösend bedingt oder aufschiebend bedingt sein, jedenfalls solange der Bedingungseintritt nicht ungewiss ist und deshalb ein anerkennenswertes Schutzbedürfnis besteht.[40] Soweit Dauerschuldverhältnisse betroffen sind, gelten die vorstehenden Grundsätze.[41] Abzustellen ist insoweit auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und nicht auf die Fälligkeit von Einzelansprüchen. Letztere müssen jedoch hinreichend konkretisiert sein, wie dies etwa bei wiederkehrenden Abschlagszahlungen der Fall ist. Die Höhe der Sicherheitsleistung bestimmt sich bei Dauerschuldverhältnissen nach dem konkreten Sicherungsinteresse des jeweiligen Gläubigers.[42] Für die Höhe der zu sichernden Forderungen ist insoweit nach § 160 HGB auf einen maximalen Zeitraum von fünf Jahren abzustellen.[43] Auch bestrittene Forderungen müssen gesichert werden, allerdings nur, wenn sie nicht offensichtlich unbegründet sind.[44] Gem. § 225 Abs. 1 S. 1 AktG müssen sich die Gläubiger innerhalb von sechs Monaten seit der Bekanntmachung der Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses melden, um die Sicherheitsleistung zu erlangen.
338
Soweit die Gläubiger Erfüllung verlangen können, ist der Anspruch auf Sicherheitsleistung ausgeschlossen (§ 225 Abs. 1 S. 1 AktG). Wird die Forderung während der sechsmonatigen Ausschlussfrist fällig, hat der Gläubiger bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit einen Anspruch auf Sicherheitsleistung, danach entfällt dieser.[45] Wird der Anspruch hingegen fällig, nachdem die Sicherheit geleistet worden ist, so entfällt damit nicht auch gleichzeitig der Rechtsgrund für die Sicherheitsleistung.[46]
339
Ein weiteres Schutzrecht der Gläubiger ist das Auszahlungsverbotgem. § 225 Abs. 2 AktG. Danach dürfen Zahlungen der Gesellschaft an ihre Aktionäre erst nach Ablauf des Sperrhalbjahres und nicht vor der vollen Befriedigung oder Sicherung der Gläubiger erfolgen, die sich rechtzeitig bei der Gesellschaft gemeldet haben. Das Auszahlungsverbot betrifft sämtliche Zahlungen an die Aktionäre wie z.B. Dividendenzahlungen und die unmittelbare Rückzahlung von Grundkapital.[47] Zulässig sind lediglich Zahlungen, die auch ohne die Kapitalherabsetzung möglich gewesen wären.[48] Verstöße gegen das Auszahlungsverbot haben zur Folge, dass die Aktionäre die empfangene Leistung der Gesellschaft gem. § 62 AktG zurückzugewähren haben. Daneben besteht eine Schadensersatzhaftung von Vorstand und Aufsichtsrat gegenüber der Gesellschaft nach §§ 93, 116 AktG und gegenüber den Gläubigern nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 225 AktG.
340
Neben dem Zahlungsverbot besteht während der sechsmonatigen Sperrfrist auch eine Regelung, welche eine Befreiung von Aktionären von Einlageverbindlichkeiten untersagt, § 225 Abs. 2 S. 2 AktG. Die Gesellschaft darf demzufolge Aktionäre während dieser Frist nicht mittels eines Erlassvertrages oder durch Verzicht von ihrer Einlagepflicht befreien. Anders als bei § 225 Abs. 2 S. 1 AktG führt ein Verstoß gegen die Norm jedoch lediglich dazu, dass ein abgeschlossener Erlassvertrag bis zum Ablauf der Frist schwebend unwirksam ist.[49]
1.5 Durchführung der Kapitalherabsetzung
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Die konkrete Durchführung der Kapitalherabsetzung hängt von der gewählten Art der Herabsetzung des Grundkapitals ab:
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Soweit die Kapitalherabsetzung bei Gesellschaften mit Stückaktien durch die bloße Reduzierung der Grundkapitalziffer ohne die Zusammenlegung von Aktien erfolgt, sind keine weiteren Abwicklungsmaßnahmen zu treffen. In diesem Fall ist die Kapitalherabsetzung bereits mit der Eintragung in das Handelsregister vollzogen und der auf die einzelne Aktie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals entsprechend verringert.
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Bei einer Kapitalherabsetzung durch die Herabsetzung des Nennbetrages im Falle von Nennbetragsaktien ist der Nennbetrag der einzelnen Aktie mit dem Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung herabgesetzt. Durch diese Herabsetzung des Nennbetrages werden die bisherigen Aktienurkunden unrichtig. Sie müssen berichtigt und gegen neue Urkunden ausgetauscht werden. Dies ist nur relevant, wenn sich Aktienurkunden bei Aktionären befinden, was in der Praxis aufgrund der häufig sammelverwahrten Globalurkunde nicht der Fall ist. Bestehen einzelne Aktienurkunden, wird der Vorstand die Aktionäre zum Umtausch dieser Aktien auffordern. Aktien, die trotz Aufforderung nicht zum Umtausch oder zur Berichtigung eingereicht werden, können für kraftlos erklärt werden. Das Verfahren bestimmt sich insoweit nach §§ 73, 64 Abs. 2 AktG. Die neuen Urkunden sind dann an die Berechtigten auszugeben bzw. zu hinterlegen.[50]
344
Die Kapitalherabsetzung kann auch durch die Zusammenlegung von Nennbetrags- oder Stückaktien erfolgen. Auch in diesem Fall fordert die Gesellschaft die Aktionäre zur Einreichung ihrer Aktien auf und kann gem. § 226 AktG Aktien für kraftlos erklären, wenn diese nicht rechtzeitig eingereicht werden. Gleiches gilt, wenn die eingereichten Aktien nicht die zum Ersatz durch neue Aktien notwendige Zahl erreichen und der Gesellschaft nicht zur Verwertung durch den Aktionär für dessen Rechnung zur Verfügung gestellt worden sind (§ 226 Abs. 1 S. 2 AktG). Im Falle von Spitzenbeträgen enthält die Einreichung der Aktienurkunden eine konkludente Verwertungsbefugnis.[51] Die Verwertung der Spitzen ist freihändig möglich und nicht an die Voraussetzungen des § 226 Abs. 3 AktG gebunden, welcher die Verwertung „ganzer“ Aktien regelt.[52]
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