[11]
Zu dem hier einschlägigen Erfolgsbegriff s. etwa Bergmann Strafbarkeit vertragswidrigen Unterlassens, S. 129 ff.; Freund in: MK-StGB, § 13 Rn. 232; Gürtler in: Göhler, § 8 Rn. 1; Rebmann / Roth / Herrmann § 8 Rn. 2 i.V.m. Vor § 1 Rn. 28; Rengier in: KK-OWiG, § 8 Rn. 10; Stein in: SK 9. Aufl., § 13 Rn. 4; Bosch in: Schönke/Schröder, § 13 Rn. 3; Weigend in: LK, § 13 Rn. 15, jeweils m.w.N.
[12]
S. dazu etwa Rengier in: KK-OWiG, § 8 Rn. 21 ff., Roxin AT II, § 32 A, Rn. 1 ff.; Bosch in: Schönke/Schröder, § 13 Rn. 7 ff.; Weigend in: LK, § 13 Rn. 20 ff.
[13]
S. zu § 13 StGB etwa Lackner /Kühl § 13 Rn. 16; Roxin AT II, § 32 Rn. 227 ff.; Bosch in: Schönke/Schröder, § 13 Rn. 4 – zu § 8 OWiG Gürtler in: Göhler, § 8 Rn. 4 a.E.; Rebmann/Roth/Herrmann § 8 Rn. 9; Rengier in: KK-OWiG, § 8 Rn. 56.
[14]
S. dazu etwa Spring Die strafrechtliche Geschäftsherrenhaftung, 2009, S. 126 ff.; Rengier in: KK-OWiG, § 8 Rn. 47 ff.; Stein in: SK 9. Aufl., § 13 Rn. 35a; Weigend in: LK, § 13 Rn. 56.
[15]
BGHSt 57, 42 = NJW 2012, 1237, Rn. 13 f. m. Bespr. Beckschäfer ZWH 2012, 339; Hernández Basualto in: FS Frisch, 2013, S. 333; Jäger JA 2012, 392; Kudlich HRRS 2012, 177; Kuhn wistra 2012, 297; Mansdörfer/Trüg StV 2012, 432; Poguntke CCZ 2012, 158; Schlösser NZWiSt 2012, 281; Wagner ZJS 2012, 704.
[16]
S. dazu etwa Spring Die strafrechtliche Geschäftsherrenhaftung, 2009, S. 126 ff.; Rengier in: KK-OWiG, § 8 Rn. 47 ff.; Weigend in: LK, § 13 Rn. 56, jeweils mit ausführlichen Nachw.
[17]
Im gleichen Sinne Busch Unternehmen, S. 555.
[18]
S. dazu und zu abweichenden Begründungsansätzen nur etwa Lackner /Kühl vor § 13 Rn. 12, 14; Roxin AT-II, § 31 Rn. 44 ff.; Weigend in: LK, § 13 Rn. 70.
[19]
BGHZ 194, 26 = wistra 2012, 380, Ls., Rn. 18 ff., m. Bespr. Böttcher ZWH 2012, 411; C. Dannecker NZWiSt 2012, 441; Grützner DB 2013, 561; Hühner GRURPrax 2013, 459; Schirmer NJW 2012, 3398.
[20]
Die neue Leitentscheidung dazu ist BGHSt 54, 44 = NJW 2009, 3173 Rn. 23 ff. (m. Nachw. früherer Rspr. in Rn. 24).
[21]
BGHSt 54, 44, Rn. 26.
[22]
BGHSt 54, 44, Rn. 27.
[23]
Zu der daran geübten Kritik zusammenfassend Bergmann Strafbarkeit, S. 336 ff.; Konu Die Garantenstellung des Compliance Officers, 2014; w. Nachw. bei Achenbach in: FK-KartR, § 81 GWB zu Rn. 67.
[24]
BGHSt 37, 106, 115 ff.
[25]
S. dazu eingehend Kuhlen unten 2. Teil 1. Kap. Rn. 37 ff.
1. Teil Das Unternehmen im Wirtschaftsstrafrecht› 3. Kapitel Zurechnung unternehmensbezogenen Handelns› E. Betriebliche Aufsichtspflichtverletzung (§ 130 OWiG)
E. Betriebliche Aufsichtspflichtverletzung (§ 130 OWiG)
38
Ein kennzeichnendes Instrument des deutschen Rechts der unternehmensbezogenen Sanktionen ist die Regelung der „Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen“, die das OWiG im vierten Abschnitt seines Besonderen Teils in § 130 trifft.[1] Diese Vorschrift bedroht die Leitungspersonen eines Unternehmens mit Geldbuße für die Unterlassung der Aufsicht, die zur Verhinderung bestimmter Zuwiderhandlungen der unternehmensangehörigen Mitarbeiter oder u.U. auch Externer (u. Rn. 49) erforderlich ist, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch die gebotene Aufsichtsmaßnahme verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre.
1. Reiner Bußgeldtatbestand
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Die Aufsichtspflichtverletzung wird unterschiedslos mit Geldbuße bedroht, gleich ob die nicht verhinderte Zuwiderhandlung ihrerseits einen Bußgeld- oder einen Straftatbestand erfüllt. Vorschläge de lege ferenda zur Einführung eines Straftatbestandes der Aufsichtspflichtverletzung bei Verwirklichung eines Straftatbestandes durch eine der Aufsichtspflicht unterliegende Person[2] haben sich nicht durchsetzen können.
2. Besonderer Tatbestand oder Zurechnungsnorm?
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Das Gesetz behandelt die Aufsichtspflichtverletzung als besonderen Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit; doch wird z.T. angenommen, darin liege eine Falschetikettierung und es handele sich in Wirklichkeit nur um eine Zurechnungsnorm, deren wesentliche Funktion es sei, eine Brücke zu schlagen zwischen den Zuwiderhandlungen, die von Mitarbeitern eines Unternehmens unterhalb der Leitungsebene begangen werden, und der Verhängung einer Verbandsgeldbuße, welche gemäß § 30 OWiG nur an Zuwiderhandlungen von Personen in Leitungsfunktion geknüpft werden kann.[3] Indes wird man der Sanktionsmöglichkeit gegen natürliche Personen, die der Tatbestand des § 130 OWiG eröffnet. die praktische Bedeutung nicht ernstlich absprechen können.[4]
41
Die Aufsichtspflichtverletzung wird allgemein als subsidiär odersogar als echter Auffangtatbestandfür den Fall der nicht beweisbaren Beteiligung einer Leitungsperson an der Tat des Mitarbeiters angesehen.[5] Die Praxis freilich wendet die Norm öfters an, ohne näher auf die Frage einer solchen Beteiligung einzugehen.
42
§ 130 OWiG ist ein Sonderdelikt des Betriebs- oder Unternehmensinhabers(Abs. 1)[6]. „Inhaber“ ist der primäre Adressat der durch die Anknüpfungstatbestände der Aufsichtspflichtverletzung sanktionierten Pflichten, gleich ob natürliche Person oder Personenverband.[7] Während ursprünglich § 130 Abs. 2 OWiG a.F. eine eigene restriktive Regelung des Kreises der Personen traf, die dem Inhaber gleichgestellt wurden, gilt seit November 1994 nach der Streichung dieses Absatzes[8] insoweit § 9 OWiG. Als Adressaten der Zurechnung des besonderen persönlichen Merkmals der Unternehmensinhaberschaft sind mithin taugliche Täter auch die dort aufgeführten Organe, Organmitglieder, Vertreter und Beauftragten(o. Rn. 8 ff.). Bei der GmbH & Co KG ist aufsichtspflichtig der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, sei es kraft doppelter Anwendung von § 9 (o. Rn. 10)[9], sei es als Beauftragter i.S.v. § 9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG[10]. Auch speziell bestellte Aufsichtskräfte sind in den Täterkreis einbezogen, wenn ihnen die Aufsichtspflicht i.S.v. § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 OWiG ausdrücklich übertragen worden ist[11].
III. Die Verhinderung von sanktionsbewehrten Verstößen gegen Pflichten des Inhabers als Ziel der Aufsicht
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Tathandlung ist die Unterlassung der Aufsichtsmaßnahmen, die erforderlich sind zur Verhinderungvon Zuwiderhandlungen gegen Pflichten, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist.
1. Verletzung von Pflichten des Unternehmensinhabers
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Ursprünglich verlangte § 130 Abs. 1 OWiG eine Zuwiderhandlung gegen Pflichten, die den Inhaber „als solchen“ treffen. Die Interpretation dieses Merkmals war umstritten.[12] Die Wörter „als solchen“ sind jedoch 2007 gestrichen worden.[13] Seither erfüllen auch unterlassene Aufsichtsmaßnahmen zur Verhinderung der Zuwiderhandlung gegen Jedermannspflichten – wie sie in Allgemeindelikten unter Sanktionsdrohung gestellt werden – den Tatbestand des § 130 OWiG, wenn diese im Zusammenhang mit der Führung des Betriebes oder Unternehmens stehen.[14]
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