Hermann Broch - Der Tod des Vergil
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Es hieß warten, mit großer Geduld warten, und es dauerte lange, unerträglich lange. Dann jedoch, dann kam etwas. Und sonderbar, das was kam, obwohl das Gegenteil alles Erwartbaren, war gleichfalls wie von Notwendigkeit herbefohlen. Zuerst kam es als Hörbild, nämlich als das langsam aus der Stille sich lösende Hörbild von Schlurfschritten und undeutlichem Gemurmel, und es blieb eine geraume Zeit im Schatten versteckt, ehe die zugehörigen Gestalten auftauchten, drei undeutliche weiße Flecken, die schwankend und oftmals stockend, ineinander verfließend und wieder auseinanderstrebend, sichtbar im Mondlicht, untertauchend ins Dunkel, gleichsam widerwillig sich heranschoben. Atemlos vor gespannter Wachsamkeit, atemlos vor Beklommenheit im unatembaren Nachtglast, krampfverschränkt die Hände, krampfhaft die Finger über den Ring verschränkt, krampfhaft zum Fenster hin vorgebeugt und den Kopf weit vorgestreckt, verfolgte er das Herannahen der drei Erscheinungen. Für eine Weile blieben sie nun stumm, dann aber, im Gegensatz zu dem vorher gegangenen undeutlichen Gemurmel, plötzlich scharf und äußerst deutlich, wurde eine Stimme laut, eine krähende Tenorstimme; beinahe schreiend, als hätte sich ihr Träger zu einem unwiderstehlich endgültigen Entschluß aufgerafft, erfolgte die Verkündigung: «Sechs Sesterzen.» Wieder wurde es stumm, fast hatte es den Anschein, als ließe das Endgültige überhaupt keine Antwort mehr zu, doch dann wurde sie trotzdem erteilt: «Fünf», sagte eine zweite Mannsstimme, unwohlwollend-wohlgelaunt, in einem ruhigen, nahezu schläfrigen Baß, der zweifelsohne jede weitere Verhandlung abschneiden wollte: «Fünf.» - «Scheiße, sechs!», krähte uneingeschüchtert die erste Stimme, worauf sich nach einigem unverständlichen Hin und Her der Baß ins ruhig Endgültige zurückzog: «Fünf, und nicht einen Aß mehr.» Sie blieben stehen. Bisher war nicht zu ergründen, um was da gehandelt wurde, indes nun mischte sich die dritte Stimme ein, und es war die eines betrunkenen Weibes: «Sechse gibst ihm!», befahl sie mit einem umkippend fettigen Kreischen, hinter dessen ungeduldig fordernder Dringlichkeit irgend etwas kriecherisch Erbötiges herauslugte, freilich ohne damit viel zu erreichen, denn nun bestand die Antwort bloß aus einem kehlig-höhnischen Lachen. Und gereizt von dem Lachen und dem unangreifbaren Hohn, überschlug sich die Weibsstimme zur Wut: «Am meisten fressen, aber nix zahlen ... Fleisch willst haben, und Fisch willst haben, und alles ...»; und als daraufhin wiederum nur das bellende Mannslachen ertönte, ging es weiter: «Mehl soll ich kaufen, und Zwiebel, und alles, und Eier und Knoblauch, und Öl, und Knoblauch ... und Knoblauch ...» - betrunken japsend, begleitet von dem sie anfeuernden Mannslachen, das in ein breitkeuchendes Gurgeln übergegangen war, hielt sie sich an der Unerschwinglichkeit des Knoblauchs fest -, «Knoblauch willst ham ... Knoblauch ...» - «Hast recht», krähte der Tenor dazwischen und entschied sich mit unvermitteltem Gedankensprung zu einem «Gib Ruh!» Sie jedoch, als hätte das Wort aufklärerische Kraft, ließ sich nicht abhalten: «... Knoblauch ... Knoblauch soll ich kaufen ...» Sie waren neuerlich von der Dunkelheit aufgenommen worden, aus der Dunkelheit erscholl der Ruf nach Knoblauch weiter, und wirklich wie aufs Stichwort war mit einemmal die fiebrige Finsternis der Nacht von sämtlichen Küchengerüchen, welche die Stadt nur aushauchen konnte, beladen und geschwängert, schwer, satt, geil, ölig, bequem und furchtbar, verdauend und verwest, verprasselt, pfannenstinkend, wiederkäuerisch, die schlafsüchtige Nahrung der Stadt. Für einige Augenblicke wurde es still, sonderbar erstickt, als wären von dem trägen Dunst auch die drei da drunten verschluckt worden, und selbst nach ihrem Wiedereintritt ins Helle hatten sie nichts mehr zu sagen; das Argument des Knoblauchs war ausgeschöpft, sie kamen stumm heran, deutlicher und deutlicher werdend, allerdings bei aller Stummheit keineswegs friedfertig geworden: zuvorderst zeigte sich ein auffallend dürrer Kerl, der mit hochgezogener Schulter an einem Stocke hinkte und diesen drohend hob, so oft er stehenbleiben mußte, um die beiden anderen nachfolgen zu lassen, in einiger Entfernung hinter ihm das Weib, dick und massig, und schließlich, womöglich noch dicker, womöglieh noch besoffener, jedenfalls noch schwerfälliger, der andere Mann, ein breitbauchiger Turm, der den ständig wachsenden Abstand zu der Frau hin nicht aufzuholen vermochte und endlich mit einem greinenden Piepsen und aufgehobenen Kinderhänden sie aufzuhalten trachtete; so kamen sie daher, ein schwankend unsicherer Anblick, der noch ein wenig unsicherer wurde, als sie an der Straßenmündung in den schwankenden Schein des Wachtfeuers gerieten; so waren sie hier vor seinen Augen angelangt mitsamt ihrem neuausbrechenden Hader, da der hinkende Anführer mit einer hafenwärts gerichteten Linkswendung sich anschickte den Platz zu überschreiten, und die Frau ihm ein «Scheißkerl!» nachgellte, so daß er, haltmachend und . sein Vorhaben aufgebend, sich umkehrte und mit fuchtelndem Stock auf sie losging, zwar nicht furchteinflößend für die unentwegt Weiterkeifende, wohl aber für den dicken Turm, der sich piepsend zur Flucht wandte und damit die Frau zwang ihm nachzulaufen und ihn zurückzuzerren -, ein Erfolg, der für den ändern so erfreulich war, daß er den Stock sinken ließ, um nun erst recht jenes bellend dickkehlige Hohnlachen auszustoßen, das schon vordem die Frau zur Raserei gebracht hatte. Alsogleich stellte sich das nämliche Ergebnis ein, die Frau wurde rasend: «Heimgehen!», herrschte sie den dürren Lacher an, und als dieser mit hin- und herwippendem, ausgestrecktem Finger, seine frühere Absicht unterstreichend, in die Hafenrichtung wies, streckte sie, keuchend vor schwabbelnder Aufregung, ihrerseits den Arm in die entgegengesetzte Richtung aus: «Mach, daß du heimkommst, in der Stadt hast nix mehr zu suchen ... mir machst nix vor, ich weiß schon, was du dorten hast, ich kenn sie schon, deine Schlampen ...» - «Hoh?», der wippende Finger kam zur Ruhe, die Hand formte sich zum Becher und zur Trinkgebärde. Dies war für den Dicken, der sich an die Hausmauer gelehnt hatte, so einleuchtend, daß er zu der Endgültigkeit seiner Entschlüsse zurückfand: «Wein», gluckste er verklärt, und setzte sich in Bewegung. Die Frau versperrte ihm den Weg: «Ah, Wein», geiferte sie, «Wein? ... zu seiner Schlampen will er, und ich, ich soll ihm kochen ... Schweinefleisch will er haben und alles will er haben ...»-«Schweinchen-fleisch», krähte der Tenor. Verächtlich stieß sie ihn zu der Mauer zurück, aber beinahe weinerlich wandte sie sich dem ändern zu: «Alles willst haben von mir, aber nix zahlen ...» -«Fünfe zahl ich ihm, hab ich gesagt ... komm mit, kriegst Wein.» - «Pfeif auf dein 5Wein ... sechse zahlst ihm.» - «Er kriegt auch Wein.» - «Er braucht dein 5Wein nicht.» - «Das geht dich ein Dreck an, du Aas; fünfe zahl ich ihm, nicht ein Deut mehr, und Wein kriegt er.» - «Fünfe», erklärte mit Würde der Fettwanst an der Mauer. Das Weib fuhr auf ihn los: «Was hast gesagt? was hast gesagt?!» Erschrocken suchte er nach einer Ausrede; schließlich äußerte er freundlich-verbindlich: « Scheiße.» - «Was hast ihm gesagt ?!» Sie ließ nicht locker, und in die Enge getrieben, wiederholte er voll erzwungenen Mutes seiner neuen Überzeugung gemäß: «Fünfe.» - «Das sagst noch, du Schlauch, du Weinbauch ... und 5s Fressen soll ich für euch herschaffen ... ohne Geld soll ichrs schaffen ...» Es machte auf den Dicken keinen Eindruck: «Wein ... kriegst auch Wein», fistelte er glückselig, als müßte er jetzt für seinen Mut belohnt werden. Sie hatte ihn an der Tunica gepackt: «Das ganze Geld tragt er zu der Schlampen ... sechse muß er zahlen, hörst, sechse ...» - «Sechse», sprach der Turm fügsam nach und machte Anstalten, sich niederzusetzen, was ihm freilich unter der haltenden Hand der Frau nicht gelang. Für den Dürren war es ein Quell nicht enden wollenden, grölenden, stockfuchtelnden Vergnügens: «Fünfe hat er gesagt, und fünfe zahl ich ihm; dabei bleibt 5s!» - «Nicht wahr is», fauchte sie, und den Fettwanst immer noch an der Tunica haltend, schrie sie ihm ins Gesicht: «Sag 5s ihm, sechse sind 5s, sag 5s ihm!» Bei alldem verlor ihre Stimme, mochte sie sich auch noch so sehr überschlagen, nicht den werbend anbieterischen Unterton; nur war nicht festzustellen, wem der zu gelten hatte. Immerhin wurde der Dürre, seine Heiterkeit etwas unterbrechend, jetzt um einen Grad versöhnlicher : «Was willst denn ? Mehl kriegst sowieso vom Cäsar umsonst...» Sie Stutzte, und dies gab dem Dicken, der sich unter ihrem zerrenden Griff wand, nicht nur eine Atempause, sondern auch die Gelegenheit, von der leidigen Sesterzenangelegenheit endlich loszukommen: «Heil dem Augustus!» krähte er zu der kaiserlichen Wohnstatt herüber, und hochgezückten Stockes bekräftigte der andere, der sich gleichfalls dem Palaste zugewandt hatte, den fröhlich quäkenden Ruf mit einem dröhnenden «Heil ihm!», und nochmals erscholl es quäkend begeistert «Heil dem Augustus!», und nochmals salutierte der Dürre mit dröhnendem «Heil ihm!» - «Maul halten, Maul halten, alle beide!», fuhr das Weib angewidert zornig dazwischen, und tatsächlich, für ein paar Sekunden hatte es eine Wirkung: wohl nicht gerade aus Achtung vor dem Befehl der Frau, eher noch aus Achtung vor dem angerufenen Cäsar, es verstummten die beiden, ja sie erstarrten sogar, offenen Mundes der Dicke, erhobenen Stockes der Dürre, und während der stockbewehrte Schatten im aufprasselnden Feuerschein an der Mauer hochflackte und die Frau, die schweren Arme in die Hüften gestützt, die schöne Wirkung betrachtete, hätte man meinen können, es würde die Regungslosigkeit nunmehr für alle Ewigkeit andauern, bis sie eben doch durch das neuanhebende, neuaufdröhnende Lachgebell abgebrochen wurde, jählings abgehackt durch ein Lachen, in das nun auch das dicke Paar einstimmte, zuerst tenorig hell, geradezu rosig zwitschernd der Fettwanst, sodann willenlos kollernd, schwabbelig gackernd die Frau, und der Stock schlug den Takt, dreimäulig das Lachen, das schüttelnde Lachen, das aus einer unbekannten Feuertiefe feucht heraufquoll, dreiköpfig der Hohn, mit dem sie sich selbst und einander verspotteten, dreileibig der unbekannte, der unbekannteste Gott. Es drängte zu einem Höhepunkt und der Magere fand ihn: «Wein», schrie er, «kriegst dein 5Wein, Dicker, Wein für alle, Wein aufs Wohl vom Cäsar!» - «Hui, hui, hui», gackerte die Frau, und ihr Lachen purzelte über sich hinaus, ins Zornige und dabei erst recht ins anbieterisch Unzüchtige,« dein 5Cäsar, den kenn ich ...» - «Mehl vom Cäsar», belehrte sie hold der patriotische Turm und begann, sich von der Mauer zu lösen, «Mehl vom Cäsar, hast es selbst gehört... Heil ihm!» Fast wäre zu erwarten gewesen, daß sie daraufhin wieder ihren Knoblauchruf hätte ausstoßen müssen, so sehr war es wie ein Herumirren auf der nämlichen Stelle, und als nun gar noch der andere, grölend und sich verschluckend, mit der Bestätigung anrückte: «Jawohl, morgen wird’s austeilt, morgen läßt er 5s austeilen ... kost dich garnix!», da riß ihr die Geduld: «Ein Dreck wird austeilt», - sie kreischte, daß es über den ganzen Platz hingellte -, «einen Dreck gibt der Cäsar her ... ein Dreck is dein Cäsar, ein Dreck ist er, der Cäsar; tanzen und singen und ficken und huren kann er, der Herr Cäsar, aber sonst kann er nix, und ein Dreck gibt er her!» - «Ficken ... ficken ... ficken...», wiederholte der Dicke beseligt, als hätte sich ihm mit diesem einen zufälligen Wort die gesamte Weltgeilheit in ihrer ganzen Zufallsbrunst eröffnet, «der Cäsar fickt, Heil dem Cäsar!» Der Dürre war unterdessen einige Schritte weiterge-humpelt, möglicherweise besorgend, daß die Wache sich nähern könnte, und obschon sein Nachtlachen nach wie vor kehlgrölig anhielt, so klang es doch beunruhigt, als er jetzt über die hochgezogene Schulter hin zurückrief: «Vorwärts ... kriegst Wein, vorwärts!» Freilich fruchtete es nichts, und vermutlich gab es da überhaupt nichts mehr was hätte fruchten können, denn der Dickwanst, obstinat entzückt von dem tanzenden und fickenden Cäsar, war unmißverständlich darauf aus, es dem Erhabenen gleichzutun, und patriotisch bemüht, sein Liebeswerben mit Heilrufen auf den Augustus Vater, auf den Augustus Cäsar, auf den Retter Augustus, vornehm zu unterstützen, trachtete er, lüstern bittend die Hände vorgestreckt, an die schimpfend und fluchend zurückweichende Frau heranzugelangen, tappend und täppisch, kleine Krählaute ausstoßend, ein vergnüglich zwitschernder, begattungsbereiter Koloß, der infolge seiner Giertrunkenheit in hüpfendes, geradezu leichtfüßiges Tänzeln geraten war, taubblind auf sein Ziel gerichtet und sicherlich nicht gewillt davon abzulassen, hätte nicht ein überraschender Stockhieb des leise Herbeigehinkten dem Spiel plötzlich ein Ende bereitet: es war unbeschreiblich rasch und still vor sich gegangen, man hatte nichts gehört, es war als hätte der Stock in einen Haufen Daunen geschlagen, und auch nicht ein einziger Laut des Erschreckens oder des Schmerzes war hörbar geworden, kein Ächzer und kein Seufzer wurde vernommen, der Dicke war einfach hingeplumpst, wälzte sich ein wenig und blieb dann ruhig liegen -, der Mörder jedoch scherte sich nicht weiter um ihn, sondern entfernte sich, ohne sich auch nur umzuschauen, er hinkte gleichmütig von dannen, allerdings nicht dem Hafen und dem Weine und der Schlampen zu, vielmehr trat er den ihm von der Frau befohlenen Heimweg an, bekümmert um diese, die wie unschlüssig - vielleicht betroffen und gerührt ob der Plötzlichkeit des Verlöschens oder ob der so plötzlich verloschenen Zufallsbrunst - sich in einem gleichsam theaterhaft trauernden Verweilen über den Leichnam gebeugt hatte, ehe sie es nach wenigen Augenblicken von sich abtat und entscheidungsrasch sich beeilte den Davonhinkenden einzuholen; dies alles geschah derart geschwind, derart ferne, derart tief ein gewoben in den fiebrig unbeweglichen Nacht glast, daß wohl niemand vermocht hätte hier hindernd einzugreifen, am allerwenigsten ein Kranker, der vom Fenster aus den Vorgang hatte verfolgen müssen, unfähig zu einem Schrei, unfähig zu einem Winken, gelähmt und erstarrt und gebannt infolge der ihm geheißenen Wachsamkeit, infolge der ihm auferlegten Pein, überdies aber, weil er kaum zur Besinnung des Geschehenen hatte gelangen können, denn bevor noch das flüchtende Mörderpaar dort unten hinter dem zinnengekrönten, scharf vorspringenden Eck der Umfassungsmauer verschwunden war, da regte sich der Gefallene, und nachdem er es zustande gebracht hatte, sich in die Bauchlage zu drehen, krabbelte er auf allen vieren wie ein Tier, wie ein großer plumper Käfer, der ein Beinpaar verloren hat, eilends den Gefährten nach. Nicht Komik, nein, Schrecknis und Furchtbarkeit umwitterten das Fabeltier, und Schrecknis wie Furchtbarkeit hielten noch an, als es sich endlich auf die Hinterbeine stellte, um sein Wasser an der Hausmauer abzuschlagen, hernach aber, bei jedem Schritt den Halt verlierend und die Mauer abtastend, an ihr weitertorkelte. Wer waren die drei gewesen ? waren sie Abgesandte der Hölle, entsandt aus dem Elendsquartier, in dessen Fensterreihen er geblickt hatte, unbarmherzig vom Schicksal zum Blick genötigt?! , was würde er noch alles sehen, was noch alles an treffen müssen ? war es noch immer, noch immer nicht genug?! Oh, nicht ihm hatten diesmal die Schimpfworte gegolten, nicht ihm galt der Hohn und das Lachen, von dem die drei geschüttelt worden waren, dieses grölende, bellende, mitreißende Mannslachen, das mit dem Weiberlachen aus der Elendsgasse keinerlei Ähnlichkeit besaß, nein, Ärgeres regte sich in diesem Lachen, Schrecknis und Furchtbarkeit, und es war die Furchtbarkeit des Sachlichen, das sich nicht, mehr an den Menschen wendet, weder an ihn, der es hier am Fenster gesehen und vernommen hatte, noch sonst an irgendeinen Menschen, gleichsam eine Sprache, die nicht mehr Brücke zwischen Menschen ist, gleichsam ein außermenschliches Lachen, dessen Hohnbereich den sachlichen Weltbestand als solchen umfaßt, und das, über jeden menschlichen Bereich hinausreichend, den Menschen nicht mehr verlacht, wohl aber mit der Bloßstellung der Welt ihn einfach vernichtet; oh, so hatte es im Lachen der drei Gestalten geklungen, Entsetzen ausdrückend, Entsetzen vermittelnd, das Mannslachen, das spaßgrölende Lachen des Entsetzens! Warum, oh, warum war es zu ihm geschickt worden?! welche Notwendigkeit hatte es hergeschickt? Er beugte sich hinaus, um den dreien nachzulauschen -dort am Südhimmel, dort spannte unbewegt-stumm der Schütze den Bogen gegen den Skorpion hin, schützenwärts waren die drei verschwunden, und aus der Stummheit flatterten noch ein und das andere Mal, erst roh zerrissen, dann leicht zerfranst, erst bunt, dann grau, und schließlich verflatternd die restlichen Unflatsfetzen ihrer Schimpfreden heran, ein glitschig fettes, keifendes Auflachen der Weibsstimme, anbieterischge-bieterisch in ihrem greinenden Jammer, ein paar Worte aus dem kehligen Baß des Hinkenden, ein und das andere Mal seine bellende Lache, zuletzt nur noch ein Dämmerfluchen, beinahe fernwehhaft, beinahe zart geworden und eingegangen in die übrigen Geräusche der Nachtferne, eingesponnen und einsgeworden mit jedem Ton, mit jedem letzten Tonrest, der sich der Ferne entlöste, einsgeworden mit dem Traumkrähen eines silberschläfrigen Hahnes, einsgeworden mit dem Verlorenheitsbellen zweier Hunde, die irgendwo draußen im verschimmernd Freien, vielleicht auf irgendeiner Baustelle, vielleicht bei irgendeinem Landhaus, einander ihr Monddasein zuriefen, das brükkenlose Zwiegespräch des Tieres einsgeworden mit den Tönen eines Menschenliedes, das bruchstückweise aus der Hafenzone heraufdrang, erkennbar zwar noch in seinem Ursprung, nördlich herangeweht, dennoch schon beinahe richtungslos, zart auch dies, obwohl es vermutlich zu einem lachenumbrüllten obszönen Matrosensang aus weinstinkender Taverne gehörte, zart und fernwehhaft, als sei die stumme Ferne, als sei das starr Jenseitige in ihr der Ort, an dem die stumme Sprache des Lachens und die stumme Sprache der Musik, beides Sprache außerhalb der Sprache, unterhalb und oberhalb der Grenze menschlicher Gebundenheit, sich zu neuer Sprache verbündeten, zu einer Sprache, in der die Furchtbarkeit des Lachens wundersam von der Holdheit des Schönen aufgenommen, indes nicht aufgehoben, sondern zu verdoppelter Furchtbarkeit verstärkt wird, zur stummen Sprache der außermenschlich-erstarrtesten Ferne und Verlassenheit, zur Sprache außerhalb jeglicher Muttersprache, zur unerforschlichen Sprache der vollkommenen Unübersetzbarkeit, unverständlich in die Welt eingegangen, unverständlich und unerforschlich die Welt mit ihrer eigenen Ferne durchdringend, notwendig in der Welt vorhanden ohne sie verändert zu haben, und eben darum doppelt unverständlich, unsagbar unverständlich als die notwendige Unwirklichkeit im unverändert Wirklichen!
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