Sophie Wörrishöffer - Der Tod des gelben Wolfes

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Der erfahrene Trapper Jonathan, von den Indianern Wi-ju-jon genannt, und seine weißen Weggefährten haben einige Zeit bei den befreundeten Schwarzfußindianern unterkommen können. Auf ewig können sie dort aber natürlich nicht bleiben, zudem in dem Gebiet vor ihnen die feindlichen Stämme der Dakota und der Krähen lauern. Ein exakter Plan wird erarbeitet, wie man die Linien der Feinde durchbrechen kann. Das Ziel ist, auf dem Flusswege den Feinden zu entkommen. Es kommt der Tag, an dem der Plan in die Tat umgesetzt werden soll. Die Spannung ist für alle greifbar. Als der Trupp aus Trappern und Schwarzfußindianern zunächst ungestört vorankommt, macht sich Erleichterung breit. Doch plötzlich geschieht etwas Ungewöhnliches. Jetzt ist Häuptling Gelber Wolf gefragt.-

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Sophie Wörrishöffer

Der Tod des gelben Wolfes

(Auf dem Kriegspfade III)

Eine Indianergeschichte aus dem fernen Westen

Saga

Ebook-Kolophon

Sophie Wörrishöffer: Der Tod des gelben Wolfes. © 1922 Sophie Wörrishöffer. Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2015 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen 2015. All rights reserved.

ISBN: 9788711487617

1. Ebook-Auflage, 2016

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com- a part of Egmont, www.egmont.com.

I.

Die Stunde hatte geschlagen, da es galt von dem Mandanerdorf Abschied zu nehmen. Doppelgesicht erschien, um seine Gäste aus ihrer Hütte abzuholen. Er führte sie in das Beratungszelt, wo alle angesehenen Rothäute versammelt waren. Der Trapper sass am Ehrenplatz und auch Hugo und Everett durften ihre Matten im Halbkreis um den freien, mittleren Raum wie die andern einnehmen, obwohl alle jüngeren farbigen Krieger fehlten und Frauen und Kinder nur von draussen hereinsahen.

Jeder Gast hatte als Sitz sein Büffelfell und als Tisch eine kleine, zierlich geflochtene Strohmatte, auf der die Honigschüssel mit dem spitzen Stäbchen Platz fand. Für das Messer musste er selbst sorgen.

Dame Doppelgesicht, — die Rübenmajestät, wie Everett höchst unehrerbietig unter vier Augen mit Hugo die wohlbeleibte alte Frau zu nennen pflegte — trug auf, was sie besass. Hundebraten, Büffelbraten, Rübenpudding, gekochte Maisähren, Trauben, Pflaumen und eine Suppe, die in dem Magen eines Tiers aus seinem Blute, seinem Herzen und verschiedenen Kräutern zubereitet worden war. Von jedem dargebotenen Gericht mit Ausnahme der Früchte, gossen und packten die Rothäute etwas in ihre Schüsseln.

Als der Suppenmagen kam, liess Hugo ihn voll unbesieglichen Schauders vorübergehen. „Das ist das Herz, das lebensmüde,“ raunte Everett, „seine Klagen schlossen immer mit einem plötzlichen Triller, wenn eins meiner Wurfgeschosse in furchtbarer Prosa dieselben unterbrach. Fleuch, Graugesprenkelter!“

Er gab mit der höflichsten Bewegung den fettigen, kleberigen, auch stellenweise etwas angeräucherten Beutel dem Trapper, der geschickt einige Tropfen des kostbaren Inhaltes dem Gemisch auf dem Boden seiner Schüssel beigesellte, dann, als der Braten kam, vollführte er über dem irdenen Geschirr eine Bewegung, die genau so aussah, als wolle er zärtlichst eines Hundes Kopf streicheln, — Hugo hielt es nicht mehr aus, ein Hustenanfall, zuerst erkünstelt, dann so echt, dass ihn Everett dienstbeflissen schüttelte und klopfte, — brachte ihn für den Augenblick in eine der halbdunklen Ecken des grossen Raumes, wo er Zeit fand, sich zu erholen und dabei zugleich jene verhängnisvollen Gerichte, die Leib- und Magendelikatessen der Häuptlinge, in guter Ruhe verschwinden zu lassen, ehe er selbst wiederkehrte, um sich an den Büffelrippen schadlos zu halten. Obgleich ohne Salz (aber auch ohne Wasser) in ihrem eigenen Safte zubereitet, schmeckten sie köstlich, die gekochten Maiskörner liessen sich mit der kräftigen Fleischbrühe wenigstens einigermassen erträglich herunterzwingen und die frischen Früchte waren vortrefflich, so dass der hungrige Magen weisser wie roter Festteilnehmer gleichermassen befriedigt wurde und niemand ungesättigt blieb. Draussen wanderten sämtliche Überreste in die Hände der Frauen und Kinder und nach diesen zu den Hunden, welche ungestört aus denselben Schüsseln das Ihrige verzehren durften. Manche höchst ergötzliche Streitigkeiten zwischen den Beherrscherinnen der Küche und den andrängenden Vierfüsslern klangen in die Gespräche der Häuptlinge hinein, mancher Einzelkampf erforderte die ungesäumte Einmischung stärkerer Fäuste.

Nach dem Essen wurde die Heiterkeit allgemein. Unsere Freunde sahen zum ersten Male die würdevollen Häuptlinge den gewohnten Ernst ablegen und sich in zwangloser Unterhaltung mit jüngeren weniger bedeutenden Personen ergehen, sahen sie lachen und scherzen wie ganz gewöhnliche Hausväter, welche im Kreise gleichgesinnter Freunde nach des Tages Last und Mühe ausruhen und im geselligen Gespräch über Vergangenes und Künftiges ihre Ausichten tauschten. Selbst der Punkah lächelte. Er wiegte auf seinen Knien Doppelgesichts jüngstes Enkelchen und liess das Kind die Federn auf seinem Kopfe nach Herzenslust zerzausen. Wer so dies milde schwermütige Männerantlitz gesehen hätte, der würde den „tollen Häuptling“ in keinem Zuge wiedererkannt haben.

Als die Nacht herabsank, suchten alle, auch unsere Freunde, ihr Lager, und mit dem Frühesten des folgenden Tages machten sie sich auf, um im Mandanerdorfe von liebgewordenen Menschen für immer Abschied zu nehmen. Die Punkahs und Schwarzfüsse begleiteten sie, der Weg wurde schnell und ohne Unfall zurückgelegt; etwas nach drei Uhr mittags hielten die Pferde vor den Pallisaden des befestigten Dorfes. Noch eine letzte Nacht hinter seinen schützenden Mauern und dann hinaus, der ungewissen Zukunft entgegen.

Mr. Everett begrüsste Bob und die Pelzhändler, Hugo suchte den Biberfänger, Jonathan dagegen sprach unter vier Augen mit der Grossen Klapperschlange in dessen Hütte.

„Du kennst mich, Schlange,“ sagte er, „Wi-ju-jon hat ein gegebenes Versprechen noch niemals gebrochen. Deine Kanoes gehen höchstwahrscheinlich verloren, aber ich ersetze dir die Felle, so wahr mir der Grosse Geist die Büffel dafür in den Weg schicken möge. Du sollst das Opfer nicht bereuen, alter Freund, weder du noch deine Krieger! — Wollt ihr uns aus der Not helfen?“

Klapperschlange reichte ihm die Hand. „Nicht nötig, davon zu sprechen, Wi-ju-jon,“ sagte er. „In dieser Nacht, wenn ganz dunkel, alle Kanoes hinbringen an Stelle, die hinter den Felszacken liegt. Weiss schon, weiss schon, unterhalb seichtem Übergang, wo Dakotas von anderer Seite kommen und zusammentreffen mit Krähen. Ihr nur eins beachten müsst! Von einem das Leben abhängt! — Ihr schneller hinkommen als Dakotas!“

Der Trapper schüttelte den Kopf. „Das können wir nicht, Schlange, und das ist auch nicht nötig. Einen Tag und die Hälfte einer Nacht ziehen wir auf unseren Pferden des Weges, überall bewacht von Kundschaftern, — dann kommt der Wald! Die Pferde der Mönnitarier mit Donnerwolke und dem Blitz, aber ohne Reiter, müssen die Verfolger irre führen bis an das zerklüftete steinige Gebiet, wo sich unterdessen schon die Dakotas in den Hinterhalt gelegt haben, während wir selbst rechts abgehen, eure Kanoes besteigen und weit fort in Sicherheit sind, bevor die Halunken überhaupt den Betrug entdecken. Einmal dort, kommen uns schon nach zwei Tagen sechshundert Schwarzfusskrieger entgegen.

Die Klapperschlange nickte. „Der Plan gut sein,“ sagte er, „er mir sehr gefallen. Wi-ju-jon ihn erdacht haben?“

„Nein, Häuptling, nicht ich, sondern der Blitz, ein junger Krieger meines Stammes, der es aber im Kriege noch einmal weit bringen wird, wie ich glaube. Mir selbst fehlen solche Fähigkeiten, ich erhebe ungern im Zorne die Hand gegen meinen Nebenmenschen, aber auf dieser ganzen Reise war ich wider meinen Willen leider dazu gezwungen. Gott gebe nur, dass jetzt die Sache ein gutes Ende nehme! — Also auf dich und deinen Beistand darf ich rechnen, Schlange?“

„Das gewiss. Nicht nötig, davon sprechen. Wir nur noch verabreden, wo Wi-ju-jon und seine Freunde die Kanoes finden wollen!“

Der Trapper wiegte den Kopf. „Nun, ich denke, am buschigen Ufer hinter der scharfen Ecke, wo das Wasser die Biegung macht!“

Klapperschlange streckte die Hand aus. „Hugh! der Häuptling das nicht denken. Er so denken. Wi-ju-jon wissen, wo in Bucht das angeschwemmte Treibholz liegen?“

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