Jetzt rief sie: »Vater, der Hohenhauser hat uns die Sonn mitgebracht!«
Der Hohenhauser fuhr überrascht herum und ging nun rasch zum Brunnen. Lachend reichte er der Maria die Hand und sagte:
»Die Sonn, Maria, ist schon deinetwegen gekommen, ich hab sie nicht mitgebracht!«
Er schaute sich nach dem Wolfbrechter um, aber der war schon ins Haus gegangen. So hielt er die Hand der Maria noch länger fest umschlossen. Sie strahlte ihn an und sagte leise:
»Weißt du noch, Hohenhauser, wie unsere Löffel zusammengestoßen sind? Mich lacht man deswegen heut noch aus!«
Verwundert schaute er auf die Maria, die so gar nicht ihrem groben Vater glich. Sie hatte eigenartig zarte und schmale Hände. Auch ihr Gesicht war zart, und das Lachen verschönerte sie über alle Maßen.
Als er in die strahlenden Augen sah, wurden auch seine Züge milder. Die Hintertuxer hätten dem Hohenhauser solche Weichheit nie zugetraut.
Sie lud ihn nun ein: »Komm in die Stube, Hohenhauser!«
Wenn der Hohenhauser aber gemeint hatte, der Wolfbrechter hätte nicht gemerkt, wie froh er und die Maria sich am Brunnen begrüßten, so war er im Irrtum. Sehr wohl hatte der Wolfbrechter den freudigen Ton in der Stimme seiner Tochter vernommen und hatte auch gesehen, wie in die Augen des sonst immer so verschlossenen Alpmeisters ein frohes Glänzen gekommen war.
Als die beiden jetzt in die Stube traten, war der Kummer um die verlorene Kuh schon fast vergessen, zumal man sich wegen des Schadens recht schnell einig wurde.
»Also gut«, schloss er das Gespräch ab, »wegen der Kuh reden wir dann beim Matthäusmarkt!«
Die Sonne lachte freundlich durch die Fenster herein, es schien nun wirklich besseres Wetter werden zu wollen.
Mittlerweile hatte die Maria, zusammen mit ihrer Schwester, den Tisch gedeckt: Speck, Graukäse, hartes Brot und eine Schüssel voll rahmiger Milch.
Zuerst schüttete der Wolfbrechter zwei kleine Bleikrüglein mit Branntwein voll.
»Ja«, lachte er mit seiner dröhnenden Stimme, »ja, Hohenhauser, wenn du uns wirklich die Sonne gebracht hast, dass wir unser Heu noch hereinkriegen und dass unsere Gerste und der Hafer abreift, dann ist alles aufgewogen. Dann war der Schaden nicht so groß.«
Es wurde gemütlich erzählt und geredet. Im Mittelpunkt stand auf einmal wieder die Hogmoarin. Immer wieder musste der Hohenhauser erzählen, wie die schon im vergangenen Jahr den Sieg davongetragen hatte. Sie war zur berühmten Hogmoarin geworden!
Dann aber drängte es den Hohenhauser zum Aufbruch.
»Wenn du wieder übers Joch zum Richter gehen musst«, meinte der Wolfbrechter, »dann kannst du auf halbem Wege bei uns bleiben, wir haben gern einmal Gesellschaft!«
»Dank für die Einladung«, antwortete der Hohenhauser. »Dann werd ich auch am Matthäusmarkt einen Tag früher kommen.«
Dabei sah er erwartungsvoll die Maria an. Wieder bemerkte der Wolfbrechter den Blick und sah auch das Erröten seiner Tochter, und er war zufrieden.
Er geleitete den Gast vors Haus. Immer noch strahlte die Sonne aus fast wolkenlosem Himmel am Kaserer Spitz. Der Schmirner Ferner schimmerte rötlich.
»Morgen gibt es wieder einen schönen Tag«, sagte er, und die Maria, die neben dem Vater stand, wiederholte:
»Er hat uns wirklich die Sonn gebracht!«
Der Hohenhauser wandte sich zum Gehen, der Wolfbrechter trat ins Haus zurück, und die Maria ging ein paar Schritte neben dem Hohenhauser her, da sie in den Stall hinüber wollte.
Er reichte ihr noch mal die Hand und sagte: »Ja, Maria, zum Matthäusmarkt komm ich wieder übers Joch. Wenn du willst, gehen wir zusammen, deine Leut und unsre Leut. Es wird lustig werden, und vielleicht –«
Da kam ein Knecht vorbei, und als der Hohenhauser sich zufällig umwandte, sah er, dass der Wolfbrechter wieder unter die Tür getreten war.
Mit langen Schritten ging er nun davon, aber das Wörtlein »vielleicht« war der Maria Hoffnung genug.
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