Jan Schäfer - Wilde Welt der Widerworte

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Das vorliegende Buch vereint eine Reihe von Gedichten und lyrischen Arbeiten unterschiedlichster Art. Während »Der arme Poet« in Anlehnung an Spitzwegs berühmtes Gemälde entstand und es für die ironisch-sarkastisch eingefärbte Gedichtarbeit »Mord am kleinen Lord« auch eine Vorlage gibt, sind andere Werke wie »Die Alte im Park« oder »In einer Herzensangelegenheit« dem frei inspirierten Geist entsprungen und zur Niederschrift gelangt. Somit ist es nicht verwunderlich, dass die »Wilde Welt der Widerworte« in ihrer Eigenschaft als Titel eben auch eine Einheit beschwört, die auf der Suche nach Verständnis vom Potential der Widersprüche lebt. Das erklärt nicht alles, macht aber nachvollziehbar, wieso ein »Lagebericht an die Liebe« Aufnahme findet und gleichzeitig das Endzeitpoem »Dämonische Formel« die Zukunft der Menschheit in Frage stellt.

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Jan Schäfer

Wilde Welt der Widerworte

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2017

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.

Copyright (2017) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

INHALT

Cover

Titel Jan Schäfer Wilde Welt der Widerworte Engelsdorfer Verlag Leipzig 2017

Impressum Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Copyright (2017) Engelsdorfer Verlag Leipzig Alle Rechte beim Autor Hergestellt in Leipzig, Germany (EU) www.engelsdorfer-verlag.de

Zum Geleit ZUM GELEIT

Erinnerung Erinnerung Du lächelst leise von der Wand. Einst habe ich dich gut gekannt. Ich kenne dich noch immer – das macht es umso schlimmer. Dein Blick berührt bestimmt mein Herz. Allein ich fühle selten Schmerz. Doch dieser, der weicht nimmer und begleitet mich für immer. Dein Bild hat keine Makel. Dein Herz, dass hat Tentakel. Die streckt es nach mir aus und so verlasse ich das Haus. Mein Weg, dass ist der Deine. Darum bin ich nie alleine. Halt an, dich zu verstehen. Geh fort, kann dich doch sehen … Das macht es mir nicht eben leicht. Du bleibst auf ewig unerreicht. Ich hätte dich so gern noch hier – wirst immer sein ein Teil von mir. Mal sehen, ob ich sterben kann. In Ruhe dann als alter Mann. Den Tag des Abschieds kennst auch Du: Ich weiß, du siehst mir dabei zu!

Wilde Welt der Widerworte Wilde Welt der Widerworte Kommt klangvoll schnell erstrahlend hell Gedrängt die Sinne zu vereinen … Im Silbensaum Exlibris schafft – Ein Wort wohl will man meinen. Hungrig Herz an hoher Stätte, Der Wortklang hat herausgehöhlt; Das Widerwort der wilden Worte, Mag Arkadiens Zeichen sein. Erwachen kreuzt im Panthersprunge. Löwenpranke schlägt fest zu. Wilde Welt der Widerworte – Keine Welt ist so wie Du. Blogger’s Nightmare letzte Ölung. Haderhastig klingt der Satz. Fehlgeliebte Zeit der Lügen – Worte lieben zu betrügen. Ankerwurf im Off der Träume. Die Apfelbäume tragen schwer. Wieder wilde Widerworte, Wie seit langem schon nicht mehr.

Durchdrungene Atmosphäre DURCHDRUNGENE ATMOSPHÄRE

Der arme Poet Der arme Poet Von der letzten Stufe in die Einsamkeit, führten ihn zwei Schritte weit. Ging über altersblankes Holz und einen Korridor voll Stolz. Nur ein Zimmer gab es da. Lag ganz oben, wolkennah. Direkt darüber kam das Dach und der Mond sah ihn oft wach. In alter Kammer, mörtelblass, alle Wände regennass. Doch er nahm es in Demut hin und schärfte lieber seinen Sinn. Seine Liebe galt dem Wort. Sie trug ihn täglich weit, weit fort. Dort wo kein Elend nach ihm drängte und freier Geist die Feder lenkte. Ein jeder Wandel lag ihm fern, denn diese Qualen litt er gern. Dachte nur selten an den Tod und ertrug die größte Not. Allein die Kunst, ganz offenbar, sein einzig Glück auf Erden war. Trug doch kaum Fleisch noch auf den Knochen und hatte mit der Welt gebrochen. Selbst von der Sünde keine Spur – kannte sie aus Büchern nur. So lebte er, Poet vor Gott, und schwieg zum Spiel der Welt. Er hatte keine Wünsche mehr, sein Los war ihm bestellt. Und wenn er nachts zum Mond aufsah und mit den Sternen sprach, dann hörte er ihr Echo gleich und folgte ihnen nach.

Engel in der Nacht Engel in der Nacht Als die Sonne unterging, bis der letzte Vogel schwieg … Als die Nacht ihr Lied ansang, bis finster Dunkelheit erklang … Als das Licht im Mond ertrank und wie ein Schiff im Sturm versank, sah ich voraus ein Sternenlicht wie es leuchtend durch die Wolken bricht. Vielleicht warst Du schon aufgewacht? Ich habe nie darüber nachgedacht … Doch als das mit dem Stern geschah, warst Du mir plötzlich ganz, ganz nah. Ich fühlte nur, ich dachte nicht. Mein Sinn verlor schnell an Gewicht, bis ich mir die Augen rieb und langsam Deinen Namen schrieb. Mit dieser Nähe wohl vertraut, habe ich mich ängstlich umgeschaut. Ob Du es auch wirklich bist, oder eine Schattenlist. Mein Herz schlug tief im Nachtgesang, bis ich mich zur Ruhe zwang, ganz leise Deinen Namen rief und glücklich wie im Himmel schlief. Die ganze Zeit schien festzustehen, dass wir uns einmal wiedersehen. Dein Bild ist dort tief eingebrannt, wo vorher kalte Leere stand. Im Eis der Zeit, von Furcht befreit, halte ich mich gern für Dich bereit. Denn Nacht und Nebelmond vergeht, bis nur Dein Licht noch vor mir steht.

Beobachtung Beobachtung Der Tisch glättet Die Oberfläche ab Spiegelbilder Sind das Ergebnis Abdrücke streifen Abdruckstreifen Doch keiner Ähnelt dem anderen

Die Alte im Park Die Alte im Park Die Stilmittel ihrer Falten Schärfen die Wunderwarze am Hexenkinn Und applaudieren dem Alter Wie die Mohnfelder ihrer Jugend Die lebensgegerbte Haut aufrollen Erhaben den Abspann belächelnd Voller Güte und Weisheit und ausgemachter Demut Magisch bemittelt nunmehr Im Herbstlicht vor dem Winter Wenn Grau gleich ihrem Haar die Natur bedeckt Kälte die Glieder beschleicht kühl Bis sich das Ende offenbaren wird Aber erst wenn Das letzte Augenleuchten seinen Abschied nahm Und ihre Ewigkeit Den Tod belauert

Pflastersteine Pflastersteine Ins Bett der Straße eingelassen Und kantigbruchschwer anzusehen, Wie narbenberändert und grauverwittert Ihre Leiber gegen die Zeit bestehen. Mit ausgeschlagenen Splitterecken Blank streifgelichtert im Morgenglanz, Tragen sie schimmergrau dem Bordstein dann Ihre traurig schöne Schwermut an. So wahr es nichts galt anzusehen: Der Steine Antlitz spricht … Steinspur einmal unbesehen, Pflastersteine nicht.

Sinnkrise Sinnkrise Ich sehe mich, begegne mir Was ich seh, gehört zu mir Kann kaum erkennen, wer ich bin Glaube mein Leben ohne Sinn Trage Fragen vor mir her Mein Blick erscheint mir seltsam leer Weiß nicht, wo ich gerade bin Ich glaube zu leben ohne Sinn Vielfach müht mich das Bestehen Morgen werde ich vergehen Übermorgen wieder leben Glaube Leben Sinn zu geben Errate mich im Widersinn Schaue auf die Dinge hin Bin nicht glücklich, aber froh: Ich glaube, im Leben ist das so

Feststellung Feststellung Die Jacke Alt Unter der Hutablage Aufgehängt Darunter die mahagonifarbene Anrichte Sinnigerweise sie Platz für Schuhe bereithält

Ich möchte Ich möchte … Ich möchte in mir ruhen Mein Herz lebendig wissen Und nie wieder Angst haben Ich möchte aufrecht gehen In die Tiefe des Raumes sehen Nach Ansätzen suchen Und nie wieder fluchen Ich möchte Bestehen/Vergehen/Bestehen Von mir aus die ganze Welt umarmen Niemals mit großen Gefühlen sparen Und stets die Hoffnung bewahren Ich möchte ...

Verweht Verweht Still trachtet mein Schattengewand Nach dem Quell der Erkenntnis Wo die Macht der Versuchung Das Erträumte nicht ruhen lässt Bis Freude ihr Streben erfüllt Doch ähnlich dem Abtritt Der sein Nabelkleid wie Gold verehrt Steht ein Fragezeichen vor der Fremde Wo verlachte Welt noch lächelnd Das Spiel des Lebens erwidert Da scheint das Geflüster lebendig In finsterer Nacht der Verkündung Mit Narben am wehrlosen Körper Das einstig Lob nur Frevel noch ist Und kein Entzücken dem Feuer begegnet Gelangt doch mit jeder Stunde Das dunkle Timbre des Nirgendwo Näher an die Grenzen der Zeit Und die leblose Leere der Schatten Mit ihren Versprechungen ohne Inhalt

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