43Wenn der unreine Geist von einem Menschen ausgefahren ist, so durchstreift er dürre Stätten, sucht Ruhe und findet sie nicht. 44Dann spricht er: Ich will wieder zurückkehren in mein Haus, aus dem ich fortgegangen bin. Und wenn er kommt, so findet er‘s leer, gekehrt und geschmückt. 45Dann geht er hin und nimmt mit sich sieben andre Geister, die böser sind als er selbst; und wenn sie hineinkommen, wohnen sie darin; und es wird mit diesem Menschen am Ende ärger, als es vorher war. So wird‘s auch diesem bösen Geschlecht ergehen.
Mt 12,43–45Die Rückkehr des unreinen Geistes ( Lk 11,24–26) Die Darstellung liefert eine Erklärung für fehlgeschlagene Exorzismen oder Rückfälle. 12,45Böses Geschlecht, vgl. Anm. zu 12,39.
46Als er noch zu dem Volk redete, siehe, da standen seine Mutter und seine Brüder draußen, die wollten mit ihm reden. 47Da sprach einer zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen mit dir reden.
48Er antwortete aber und sprach zu dem, der es ihm ansagte: Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder? 49Und er streckte die Hand aus über seine Jünger und sprach: Siehe da, das ist meine Mutter und das sind meine Brüder! 50Denn wer den Willen tut meines Vaters im Himmel, der ist mir Bruder und Schwester und Mutter.
Mt 12,46–50Jesu wahre Familie ( Mk 3,31–35; Lk 8,19–21) Vgl. Mt 13,55; Jud 1. Zur wahren Familie gehören nur diejenigen, die Glauben in sich tragen. 12,46Seine Mutter und seine Brüder, vgl. Anm. zu 1,25. 12,50Willen […] meines Vaters, vgl. Anm. zu 6,10. Jüdische Quellen berufen sich auf einen ähnlichen Glaubensgrundsatz, der sich ebenso auf Gottvertrauen gründet (Dtn 33,9; 1QS 1–9). In jQid 1,7/61a–b wird festgestellt, dass die Israeliten Kinder Gottes sind, solange sie Gott gehorchen; wenn sie das nicht mehr tun, sind sie nicht mehr seine Kinder.
Matthäus 13
1An demselben Tage ging Jesus aus dem Hause und setzte sich an das Meer. 2Und es versammelte sich eine große Menge bei ihm, sodass er in ein Boot stieg und sich setzte, und alles Volk stand am Ufer.
3Und er redete vieles zu ihnen in Gleichnissen und sprach:
Siehe, es ging ein Sämann aus zu säen. 4Und indem er säte, fiel etliches an den Weg; da kamen die Vögel und fraßen‘s auf. 5Anderes fiel auf felsigen Boden, wo es nicht viel Erde hatte, und ging bald auf, weil es keine tiefe Erde hatte. 6Als aber die Sonne aufging, verwelkte es, und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es. 7Anderes fiel unter die Dornen; und die Dornen wuchsen empor und erstickten‘s. 8Anderes fiel auf das gute Land und brachte Frucht, etliches hundertfach, etliches sechzigfach, etliches dreißigfach. 9Wer Ohren hat, der höre!
Mt 13,1–3Einleitung in die Gleichnisse ( Mk 4,1) 13,3Gleichnisse, gr. parabolē, was „Vergleich“ bedeutet (vgl. hebr. maschal und „Midrasch und Gleichnisse“). Gleichnisse treten in mannigfaltigen Formen in der gesamten jüdischen Literatur auf (2Sam 12,1–7; Jes 5,1–7; Sir 1,24; 3,29; 20,20; 39,2; 47,17; äthHen 1,2–3; 37–71; TestHiob 18,7–8; mSot 9,15; tSot 5,9; bBer 61b).
Mt 13,3–9Das Gleichnis vom Sämann ( Mk 4,2–9; Lk 8,4–8) Vgl. EvThom 9. 13,3Sämann, hier wahrscheinlich Jesus selbst ( Mt 13,37). „Säen“ steht für die Verwirklichung des Werkes Gottes (Jer 31,27–28; Ez 36,9; Hos 2,23–25; 4Esr 9,31; syrBar 32,1). 13,4Etliches [von dem Samen], der später als „Wort von dem Reich“ ( Mt 13,19) identifiziert wird. 13,4–7Weg […] felsiger Boden […] Dornen, verändern ihre Natur nicht.
10Und die Jünger traten hinzu und sprachen zu ihm: Warum redest du zu ihnen in Gleichnissen? 11Er antwortete und sprach zu ihnen: Euch ist‘s gegeben, zu wissen die Geheimnisse des Himmelreichs, diesen aber ist‘s nicht gegeben. 12Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat. 13Darum rede ich zu ihnen in Gleichnissen. Denn mit sehenden Augen sehen sie nicht und mit hörenden Ohren hören sie nicht; und sie verstehen es nicht. 14Und an ihnen wird die Weissagung Jesajas erfüllt, die da sagt (Jesaja 6,9–10): »Mit den Ohren werdet ihr hören und werdet nicht verstehen; und mit sehenden Augen werdet ihr sehen und werdet nicht erkennen. 15Denn das Herz dieses Volkes ist verfettet, und mit ihren Ohren hören sie schwer, und ihre Augen haben sie geschlossen, auf dass sie nicht mit den Augen sehen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren, dass ich sie heile[*].« 16Aber selig sind eure Augen, dass sie sehen, und eure Ohren, dass sie hören. 17Wahrlich, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben begehrt, zu sehen, was ihr seht, und haben‘s nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben‘s nicht gehört.
18So hört nun ihr dies Gleichnis von dem Sämann: 19Wenn jemand das Wort von dem Reich hört und nicht versteht, so kommt der Böse und reißt hinweg, was in sein Herz gesät ist; das ist der, der an den Weg gesät ist. 20Der aber auf felsigen Boden gesät ist, das ist, der das Wort hört und es alsbald aufnimmt mit Freuden; 21aber er hat keine Wurzel in sich, sondern er ist wetterwendisch; wenn sich Bedrängnis oder Verfolgung erhebt um des Wortes willen, so kommt er alsbald zu Fall. 22Der aber unter die Dornen gesät ist, das ist, der das Wort hört, und die Sorge der Welt und der trügerische Reichtum ersticken das Wort, und er bringt keine Frucht. 23Der aber auf das gute Land gesät ist, das ist, der das Wort hört und versteht und dann auch Frucht bringt; und der eine trägt hundertfach, der andere sechzigfach, der dritte dreißigfach.
Mt 13,10–23Jesus erklärt seine Lehre ( Mk 4,10–12; Lk 8,9–10. 18; 19,26; vgl. Joh 12,40) 13,11Geheimnisse, verweisen auf einen noch nicht enthüllten göttlichen Plan, was charakteristisch für die jüdisch apokalyptische Literatur des Zweiten Tempels ist (Dan 2,18.19.27; 1QpHab 7,8; 1QS 3,23; 1QM 3,9). 13,13Und sie verstehen es nicht, die Botschaft eröffnet sich nur einigen auserwählten Personen (z.B. den Jüngern, vgl. Mt 13,16–17), die an Jesus glauben. 13,14–15Jes 6,9–10; Lk 8,10; Joh 12,37–41; Apg 28,26–27; eine Mahnung an jeden gerichtet, der Jesu Lehre nicht versteht. Obwohl sich Jes 6 auf die unmittelbare Hörerschaft des Propheten bezieht, wird der Text hier als Prophezeiung verstanden, die sich mehr als 700 Jahre später erfüllt. 13,16–17Vgl. Lk 10,23–24. 13,18–23 Mk 4,13–20; Lk 8,11–15. An jüdische Gleichnisse schloss sich oft direkt deren Auslegung an (z.B. Jes 5; 4Esr 4,13-18.20–21). 13,19Der Böse, vgl. Anm. zu 8,16; Mt 6,13; 13,38; Joh 17,15; Jub 11,11–12; ApkAbr 13.
24Er legte ihnen ein anderes Gleichnis vor und sprach: Das Himmelreich gleicht einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte. 25Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen und ging davon. 26Als nun die Halme wuchsen und Frucht brachten, da fand sich auch das Unkraut. 27Da traten die Knechte des Hausherrn hinzu und sprachen zu ihm: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher hat er denn das Unkraut? 28Er sprach zu ihnen: Das hat ein Feind getan. Da sprachen die Knechte: Willst du also, dass wir hingehen und es ausjäten? 29Er sprach: Nein, auf dass ihr nicht zugleich den Weizen mit ausrauft, wenn ihr das Unkraut ausjätet. 30Lasst beides miteinander wachsen bis zur Ernte; und um die Erntezeit will ich zu den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, damit man es verbrenne; aber den Weizen sammelt in meine Scheune.
Mt 13,24–30Gleichnis vom Weizen und dem Unkraut ( Mk 4,13–20; Lk 8,11–15), vgl. EvThom 57. 13,25Feind, der Teufel (V. 39). 13,30Lass beides miteinander wachsen, Ungläubige innerhalb der Gemeinde werden im Eschaton ausgerissen werden. Ernte, Metapher für das endgültige Gericht (Jer 51,33; Hos 6,11; Joel 4,13).
31Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor und sprach: Das Himmelreich gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte; 32das ist das kleinste unter allen Samenkörnern; wenn es aber gewachsen ist, so ist es größer als alle Kräuter und wird ein Baum, dass die Vögel unter dem Himmel kommen und wohnen in seinen Zweigen.
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