13Als das Jesus hörte, entwich er von dort in einem Boot in eine einsame Gegend allein. Und als das Volk das hörte, folgte es ihm zu Fuß aus den Städten. 14Und Jesus stieg aus und sah die große Menge; und sie jammerten ihn und er heilte ihre Kranken.
15Am Abend aber traten seine Jünger zu ihm und sprachen: Die Stätte ist einsam, und die Nacht bricht herein; lass das Volk gehen, damit sie in die Dörfer gehen und sich zu essen kaufen. 16Aber Jesus sprach zu ihnen: Es ist nicht nötig, dass sie fortgehen; gebt ihr ihnen zu essen. 17Sie sprachen zu ihm: Wir haben hier nichts als fünf Brote und zwei Fische. 18Und er sprach: Bringt sie mir her!
19Und er ließ das Volk sich lagern auf das Gras und nahm die fünf Brote und die zwei Fische, sah auf zum Himmel, dankte und brach‘s und gab die Brote den Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk. 20Und sie aßen alle und wurden satt und sammelten auf, was an Brocken übrig blieb, zwölf Körbe voll. 21Die aber gegessen hatten, waren etwa fünftausend Männer, ohne Frauen und Kinder.
Mt 14,13–21Speisung der (mehr als) Fünftausend ( Mk 6,30–44; Lk 9,12–17; Joh 6,1–15) Das einzige Wunder, das in allen vier kanonischen Evangelien geschildert wird; vgl. Mt 14,15–21. 14,19Dankte und brach‘s und gab die Brote, vgl. Mt 26,20–29; die Beschreibung erinnert an die Speisung Israels in der Wüste (Ex 16) und verweist bereits nach vorne auf das letzte Abendmahl; syrBar 29,8 bringt Ex 16 mit dem messianischen Zeitalter in Verbindung. 14,20Sie aßen alle und wurden satt, vgl. Ex 16,15–18; Num 11,31–32 und Joh 6,31–33; Offb 2,17 sowie das Speisungswunder des Elisa (2Kön 4,42–44).
22Und alsbald drängte Jesus die Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm ans andere Ufer zu fahren, bis er das Volk gehen ließe. 23Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er auf einen Berg, um für sich zu sein und zu beten. Und am Abend war er dort allein. 24Das Boot aber war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen.
25Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem Meer. 26Und da ihn die Jünger sahen auf dem Meer gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht. 27Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin‘s; fürchtet euch nicht!
28Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser. 29Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu. 30Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, rette mich! 31Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?
32Und sie stiegen in das Boot und der Wind legte sich. 33Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!
34Und sie fuhren hinüber und kamen ans Land, nach Genezareth. 35Und als die Leute an diesem Ort ihn erkannten, schickten sie aus in das ganze Land ringsum und brachten alle Kranken zu ihm, 36und sie baten ihn, dass sie nur den Saum seines Gewandes berühren dürften. Und alle, die ihn berührten, wurden gesund.
Mt 14,22–36Jesus geht auf dem Wasser ( Mk 6,45–52; Joh 6,16–21) 14,25Jesus [kam] zu ihnen und ging auf dem Meer, wie Gott hat auch Jesus Macht über die Meere (Gen 1,9–10.21; Ex 14,21–22; Jes 43,16; 51,9–10; Hab 3,15; Ps 77,20; Hiob 9,8; 26,11–12), vgl. Anm. zu 9,34. 14,26Gespenst, gr. phantasma, übers. „Erscheinung“. 14,27Vgl. Ex 3,14; Dtn 31,6. Eine rabbinische Erzählung erwähnt eine Schriftrezitation während eines Sturms (bBB 73a). 14,28–30Soll vielleicht nach vorne auf den Mangel an Glauben des Petrus verweisen. 14,31Kleingläubiger, ein häufiger Vorwurf gegen die Jünger ( Mt 6,30; 8,26; 16,8; 17,20). Gezweifelt, vgl. Mt 28,17. 14,33Sohn Gottes, verweist hier auf Jesu göttliches Wesen (vgl. Mt 2,15; 3,17; 4,3. 6; 8,29); es könnte sich bei dem Ausdruck um einen messianischer Verweis gehandelt haben (4Q246; 4Esr 7,28–29; 13,32); kein jüdischer Text identifiziert den Messias als Sohn Gottes. 14,34Vgl. Mk 6,53. Genezareth, an der nordwestlichen Küste des Galiläischen Meeres (Jos.Bell. 3,516–21). 14,36Saum, vgl. Anm. zu 9,20.
Matthäus 15
1Da kamen zu Jesus Pharisäer und Schriftgelehrte aus Jerusalem und sprachen: 2Warum übertreten deine Jünger die Überlieferung der Ältesten? Denn sie waschen ihre Hände nicht, wenn sie Brot essen.
3Er antwortete und sprach zu ihnen: Warum übertretet denn ihr Gottes Gebot um eurer Überlieferung willen? 4Denn Gott hat gesagt (Exodus 20,12; 21,17): »Du sollst Vater und Mutter ehren«, und: »Wer Vater oder Mutter schmäht, der soll des Todes sterben.« 5Ihr aber lehrt: Wer zu Vater oder Mutter sagt: Eine Opfergabe soll sein, was dir von mir zusteht, 6der braucht seinen Vater nicht zu ehren. Damit habt ihr Gottes Wort aufgehoben um eurer Überlieferung willen. 7Ihr Heuchler, richtig hat Jesaja von euch geweissagt und gesprochen (Jesaja 29,13): 8»Dies Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist fern von mir; 9vergeblich dienen sie mir, weil sie lehren solche Lehren, die nichts als Menschengebote sind.«
10Und er rief das Volk zu sich und sprach zu ihnen: Hört zu und begreift: 11Nicht was zum Mund hineingeht, macht den Menschen unrein; sondern was aus dem Mund herauskommt, das macht den Menschen unrein. 12Da traten die Jünger hinzu und sprachen zu ihm: Weißt du auch, dass die Pharisäer an dem Wort Anstoß nahmen, als sie es hörten? 13Aber er antwortete und sprach: Alle Pflanzen, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, die werden ausgerissen. 14Lasst sie, sie sind blinde Blindenführer! Wenn aber ein Blinder den andern führt, so fallen sie beide in die Grube.
15Da antwortete Petrus und sprach zu ihm: Deute uns dies Gleichnis! 16Er sprach zu ihnen: Seid denn auch ihr noch immer unverständig? 17Versteht ihr nicht, dass alles, was zum Mund hineingeht, das geht in den Bauch und wird danach in die Grube ausgeleert? 18Was aber aus dem Mund herauskommt, das kommt aus dem Herzen, und das macht den Menschen unrein. 19Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerung. 20Das sind die Dinge, die den Menschen unrein machen. Aber mit ungewaschenen Händen essen macht den Menschen nicht unrein.
Mt 15,1–20Überlieferung der Ältesten ( Mk 7,1–23) 15,2Sie waschen ihre Hände nicht, bezogen auf Priester vgl. Ex 30,17–21. Die rabbinische Rechtssetzung dehnt einige Reinheitsvorschriften des Tempels auf Privathaushalte aus (vgl. mJad 1,1–2,4; bBer 53b; bGit 15b; bPes115a-b; bSuk 26b; 27a). 15,4Du sollst Vater und Mutter ehren, Ex 20,12; Dtn 5,16. Wer Vater oder Mutter schmäht, Ex 21,17; Lev 20,9. 15,5Eine Opfergabe, das Qorban-Opfer eignet Besitz dem Tempel zu (vgl. mNed 3,2; 5,6). 15,8–9Jes 29,13 (folgt der Wortstellung der LXX; vgl. Mk 7,6). 15,11Vgl. EvThom 14. Unrein [machen], geistliche Reinheit ist wichtiger als körperliche (Mt 5,19–20; vgl. auch Ps 24,3–4; 51; 2Chr 30,18–20). 15,13Vgl. Jes 60,21; Jer 12,12. 15,14Blinde Blindenführer, Lk 6,39; vgl. auch EvThom 34; Matthäus warnt eher vor pharisäischen als vor Lehrern der Gemeinde, vgl. aber Mt 23,2–3. Fallen […] in die Grube, erleiden Unglück (Jes 24,18; Jer 48,44; Ps 7,16; Spr 26,27). 15,15–16Vgl. Anm. zu 13,13. Noch immer unverständig, zu diesem Zeitpunkt sollten die Jünger keiner Erklärungen mehr bedürfen ( Mt 13,16). 15,18Vgl. Anm. zu 15,11. 15,20Mit ungewaschenen Händen essen macht den Menschen nicht unrein, Matthäus übernimmt die markinische Behauptung nicht, Jesus habe alle Speisen für rein erklärt ( Mk 7,19). Bei Matthäus bleiben die Speisegesetze in Kraft, nur einige „Überlieferungen der Ältesten“ werden nicht befolgt.
21Und Jesus ging weg von dort und entwich in die Gegend von Tyrus und Sidon. 22Und siehe, eine kanaanäische Frau kam aus diesem Gebiet und schrie: Ach, Herr, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Meine Tochter wird von einem bösen Geist übel geplagt. 23Er aber antwortete ihr kein Wort. Da traten seine Jünger zu ihm, baten ihn und sprachen: Lass sie doch gehen[*], denn sie schreit uns nach. 24Er antwortete aber und sprach: Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.
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