Mt 12,1–14Anweisungen für den Sabbat ( Mk 2,23–3,6; Lk 6,1–11) 12,1Hungrig, wurde vermutlich von Matthäus in die markinische Quelle eingefügt. Ähren ausraufen, Ernten, worunter auch das Pflücken von Ähren fallen könnte, ist eine der 39 Hauptarbeiten, die nach rabbinischem Recht am Sabbat verboten sind (vgl. Ex 34,21; mPes 4,8; mSchab 7,2; bSchab 73b). 12,2Nicht erlaubt, die Jünger übertreten nicht das Schriftgebot, das „Arbeit“ verbietet (Ex 20,10; Dtn 5,14), da der Sabbat eine Zeit der Freude sein sollte (Jes 58,13). Am Sabbat soll dem göttlichen Ruhen (Gen 2,2–3; Ex 20,11) und der Befreiung aus Sklaverei (Dtn 5,15) gedacht werden. Gesundheit überwiegt Sabbat-Verbote (mJom 8,6; bMen 96a; tSchab 15,16). 12,3–4Was David tat, 1Sam 21,1–6; Jesus argumentiert mit einem biblischen Präzedenzfall, indem er den Hunger als üblichen Grund für das Essen von Brot angibt. Die Umstände sind jedoch andersartig: Während sich die Männer Davids in einer gefährlichen Lage befinden, trifft das auf Jesu Jünger nicht zu – diese brechen den Sabbat. Matthäus lässt die fehlerhaften Bibelzitate der Parallele im MkEv aus. Vgl. auch Lev 24,5–9. 12,5Num 28,9-10. 12,6Größeres als der Tempel, Jesu Anwesenheit verleiht den Jüngern die Autorität, Sabbatbräuche neu zu bestimmen. 12,7Barmherzigkeit […] und nicht Opfer, vgl. Anm. zu 9,13. 12,8Menschensohn, vgl. Anm. zu 8,20. Der Tora nach war der Sabbat Gottes Geschenk an das Volk (Ex 16,29). Bei Matthäus ist Jesus der maßgebliche Ausleger der Sabbatgesetze. 12,10–12Vgl. Anm. zu 9,26. Rabbinisches Recht erlaubte es, Tieren in Notlagen am Sabbat zu helfen (tSchab 15,1; bSchab 128b); andere jüdische Traditionen widersprachen (CD 11,13). 12,13Sie wurde wieder gesund, die passive Ausdrucksweise suggeriert einerseits eine göttliche Heilung und will andererseits andeuten, dass Jesus nicht „gearbeitet“ hat.
15Da aber Jesus das erkannte, entwich er von dort. Und eine große Menge folgte ihm, und er heilte sie alle 16und gebot ihnen, dass sie ihn nicht offenbar machten, 17auf dass erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht (Jesaja 42,1–4): 18»Siehe, das ist mein Knecht, den ich erwählt habe, mein Geliebter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat; ich will meinen Geist auf ihn legen, und er soll den Völkern das Recht verkündigen. 19Er wird nicht streiten noch schreien, und man wird seine Stimme nicht hören auf den Gassen; 20das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen, bis er das Recht zum Sieg führt; 21und die Völker werden auf seinen Namen hoffen.«
Mt 12,15–21Heilung der Menschenmenge ( Mk 3,7–12; Lk 6,17–19). 12,16Dass sie ihn nicht offenbar machten, Messiasgeheimnis (vgl. Anm. zu 8,4). 12,18–21Vgl. Jes 42,1–4, es handelt sich aber um kein direktes Zitat eines noch erhaltenen hebräischen oder griechischen Texts. Mein Knecht, hier als Bezeichnung für den Messias (vgl. syrBar 70,9); „Knecht“ bezog sich üblicherweise auf Israel (Jes 42,18–19; 44,1.21; 49,3.5–7; PsSal 12,6; 17,21). 12,21Völker, Mt 8,10; 15,28; 18,6; 21,43; 24,13–14; 28,20. Matthäus ist hier näher an der LXX-Version von Jes 42,4, wo auch die Völker bzw. Nichtjuden mit gr. ethnē eingeschlossen werden. In der hebräischen Version fehlt eine solche Bezugnahme auf die Völker.
22Da wurde ein Besessener zu Jesus gebracht, der war blind und stumm; und er heilte ihn, sodass der Stumme redete und sah. 23Und alles Volk entsetzte sich und sprach: Ist dieser etwa Davids Sohn? 24Aber als die Pharisäer das hörten, sprachen sie: Dieser treibt die Dämonen nicht anders aus als durch Beelzebul, den Obersten der Dämonen.
25Jesus kannte aber ihre Gedanken und sprach zu ihnen: Jedes Reich, das mit sich selbst uneins ist, wird verwüstet; und jede Stadt oder jedes Haus, das mit sich selbst uneins ist, wird nicht bestehen. 26Wenn nun der Satan den Satan austreibt, so muss er mit sich selbst uneins sein; wie kann dann sein Reich bestehen? 27Wenn ich aber die Dämonen durch Beelzebul austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Darum werden sie eure Richter sein. 28Wenn ich aber die Dämonen durch den Geist Gottes austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen. 29Oder wie kann jemand in das Haus des Starken eindringen und ihm seinen Hausrat rauben, wenn er nicht zuvor den Starken fesselt? Und dann wird er sein Haus ausrauben. 30Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.
31Darum sage ich euch: Alle Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben; aber die Lästerung gegen den Geist wird nicht vergeben. 32Und wer etwas redet gegen den Menschensohn, dem wird es vergeben; aber wer etwas redet gegen den Heiligen Geist, dem wird‘s nicht vergeben, weder in dieser noch in der künftigen Welt.
33Nehmt an, ein Baum ist gut, so wird auch seine Frucht gut sein; oder nehmt an, ein Baum ist faul, so wird auch seine Frucht faul sein. Denn an der Frucht erkennt man den Baum. 34Ihr Otterngezücht, wie könnt ihr Gutes reden, die ihr böse seid? Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über. 35Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus seinem guten Schatz; und ein böser Mensch bringt Böses hervor aus seinem bösen Schatz. 36Ich sage euch aber, dass die Menschen Rechenschaft geben müssen am Tage des Gerichts von jedem nichtsnutzigen Wort, das sie reden. 37Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden.
Mt 12,22–37Jesu Macht ( Mk 3,20–30; Lk 11,14–23; 12,10; 6,43–45) 12,22–24Vgl. Anm. zu 9,34. Davids Sohn, vgl. Anm. zu 1,1. Beelzebul, vgl. Anm. zu 10,25. 12,26Wenn […] Satan den Satan, ein Dämon würde andere Dämonen nicht austreiben (vgl. TestSal 5,5; 15,8). 12,27Vgl. Mt 7,22–23; Mk 9,38; Apg 19,13–19. Eure Söhne, vgl. Jos.Ant. 8,46–49. 12,28Reich Gottes, vgl. Anm. zu 3,2. 12,30Der ist gegen mich, eine dualistische Sicht auf die Menschheit, die sich unter anderem auch in den Schriften vom Toten Meer findet. 12,31Vgl. Anm. zu 9,3. Lästerung gegen den Geist, bestimmte, gegen Gott gerichtete Sünden, werden nicht vergeben (vgl. Ex 20,7; Num 15,30–31; Jub 15,34; 1QS 7,15–17.22–23; CD 10,3); SifDev 328 spricht davon, dass Gott „die Entweihung seines Namens [sofort] bestraft“, da sie gotteslästerlich ist. 12,32Vgl. Anm. zu 8,20 und 10,23. Künftige Welt, hebr. ‘olam ha-ba’, das messianische Zeitalter (vgl. mSan 10,1; bSan 90a; bSchab 127a; bMen 44a; bPes 50a; bQid 39b etc.). 12,34Otterngezücht, vgl. Anm. zu 3,7; Mt 23,33. 12,36Tage des Gerichts, vgl. Anm. zu 7,22. 12,37Gerechtfertigt, in eine gute Beziehung zu Gott gebracht zu werden.
38Da antworteten ihm einige von den Schriftgelehrten und Pharisäern und sprachen: Meister, wir wollen ein Zeichen von dir sehen. 39Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht fordert ein Zeichen, und es wird ihm kein Zeichen gegeben werden außer dem Zeichen des Propheten Jona. 40Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein.
41Die Leute von Ninive werden auftreten beim Gericht mit diesem Geschlecht und werden es verdammen; denn sie taten Buße nach der Predigt des Jona. Und siehe, hier ist mehr als Jona. 42Die Königin vom Süden wird auftreten beim Gericht mit diesem Geschlecht und wird es verdammen; denn sie kam vom Ende der Erde, Salomos Weisheit zu hören. Und siehe, hier ist mehr als Salomo.
Mt 12,38–42Die Zeichenforderung ( Mt 16,1–4; Mk 8,11–13; Lk 11,29–32; Joh 6,30) 12,38Ein Zeichen von dir, die Pharisäer erbitten von Jesus einen Beweis, dass er der Messias ist. 12,39Vgl. Jona 2,1. Böse und ehebrecherisch, sündhaft (Dtn 1,35; 32,5; Hos 1,2; 2,4; 4,15.18; 9,1; Jub 23,14; 1QSb 3,7; in mSan 10,3 erklären die Rabbinen, dass die vorherigen Generationen – unter Einschluss der Generation der Sintflut – frevelhaft waren). Bei Matthäus bezeichnet der Ausdruck diejenigen, denen der Glaube an Jesus fehlt ( Mt 16,4; vgl. Mk 8,38). 12,40Jona, vgl. Jona 2,1. Im Herzen der Erde, wird oft mit der Legende von der sog. Höllenfahrt Christi (Apg 2,27.31; 1Petr 3,19; 4,6) in Verbindung gebracht, durch die er jene Gläubigen erlöste, die vor seiner Kreuzigung gestorben waren. Auf frühchristlichen Sarkophagen diente Jona häufig als Symbol der Auferstehung. 12,41Jona 3,5; rabbinische Quellen gehen davon aus, dass Gott Israel verurteilt hat, weil es nicht vermochte umzukehren, die Einwohner Ninives aber verschont hat, weil sie Buße taten; vgl. jSan 11,5/30b. 12,42Die Königin vom Süden, die Königin von Saba (1Kön 10,1–13; 2Chr 9,1–12).
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