Enttäuscht holst du das einzige Bruchstück des Zauberstabs aus deinem Rucksack, das du gefunden hast. Ihr habt versagt. Ein Teil reicht nicht aus, um Konduula zu retten! Weiter bei 162 .
Ihr verlasst die Straße und marschiert querfeldein auf die Staubwolke zu. Im Näherkommen erkennt ihr, dass sie von einer Gruppe eigentümlicher Geschöpfe herrührt, die dicht gedrängt über den ausgetrockneten Steppenboden galoppieren. Sie haben die Körper plumper, braun-weiß gescheckter Rinder, die Oberkörper jedoch sind die muskelbepackter Männer. Auch die Gesichter wirken menschlich, allerdings wachsen ihnen geschwungene Hörner aus der Stirn. »Rintauren«, haucht Kjara dicht neben deinem Ohr. »Die Herren der Steppe.«
In diesem Augenblick entdeckt euch der Anführer des Trupps, ein mächtiger Bullenmann. Er schwenkt herum! Die anderen folgen ihm, und schon galoppiert die ganze Herde auf euch zu. Möchtest du Kjara rasch fragen, was es mit diesem Volk auf sich hat (weiter bei 126 ), oder erwartest du Ankunft der Mischwesen mit verschränkten Armen und unbewegter Miene ( 81 )?
Diese Idee ist so dumm, dass sie fast von deinem Vetter stammen könnte. Natürlich haben sich die Räuber sofort nach eurer Flucht aufgeteilt und umrunden das Haus in beiden Richtungen. Als ihr um die nächste Ecke biegt, lauft ihr direkt in die gezückten Messer von Brancus’Kyms Männern hinein.
Wer soll jetzt Konduula retten? ist dein letzter Gedanke, bevor aufblitzender Stahl deinem Leben ein schnelles, schmerzhaftes Ende bereitet. Deine Mission ist gescheitert.
Die Rintauren gestatten Bolko und dir, auf ihren breiten Rücken Platz zu nehmen, während Kjara sich ihrerseits auf deine Schulter setzt. So geht es holpernd und schaukelnd in Richtung Osten. Bald schon sind deine Ohren taub vom Donnern der Hufe und dem dumpfen Blöken der Rintauren. Endlich taucht eine Ansammlung schmuckloser Gebäude am Horizont auf – Orlik, die Stadt der Bullenmänner. Ohne abzubremsen trabt ihr durch staubige Straßen, vorbei an rustikalen Lehmbauten mit breiten, offenen Zugängen. Zwarlak, der Herr des Steppenvolks, residiert in einem plumpen Bauwerk am entfernten Ende des Ortes. Auch hier gibt es weder Tür noch Tor, auf dem Rücken eurer Träger galoppiert ihr kurzerhand direkt in Zwarlaks Gemächer hinein.
Der Steppenfürst lässt sich soeben von einigen Untergebenen das Gehörn polieren. Bei eurem Eindringen blickt er ärgerlich auf. Kaum hört er jedoch vom Grund eures Besuches, scheucht er seine Diener davon. »General Barlok hat weise daran getan, euch zu mir zu bringen«, lobt er den Anführer der Gruppe, die euch aufgegriffen hat. »Denn ich weiß tatsächlich etwas über eines der Zauberstabstücke, die ihr sucht.« Er bittet euch, auf einigen unförmigen Lehmhaufen Platz zu nehmen, bevor er fortfährt: »Wie ihr vielleicht wisst, haust südöstlich unseres Territoriums das sonderliche Volk der Eis-Elben. Wir pflegen keinen Kontakt zu diesen eigenbrötlerischen Wesen, nur alle zehn Jahre verlängern wir einen Nicht-Angriffspakt, der seit Äonen zwischen unseren Völkern besteht. Vor einiger Zeit kam nun ein Reisender aus dem Südosten zu uns. Er war schwer verwundet, nur mit Mühe konnte er sich auf dem Rücken seines Pferds halten. Barloks Männer griffen ihn auf und brachten ihn her. Doch unsere Heiler konnten ihm nicht helfen, er erlag wenig später seinen Verletzungen. Bevor er starb, berichtete er, er komme vom Plateau von Ann’Tonn, wo er Gast der Eis-Elben gewesen sei. Eines Nachts habe ihn die Neugier übermannt, und er habe sich in das verbotene Labyrinth im Innern des Plateaus geschlichen. Die Eis-Elben bemerkten es, verfolgten den Mann und verwundeten ihn. Bevor er mit knapper Not entkam, sah er tief in diesem Irrgarten etwas, das seiner Beschreibung nach nur eins gewesen sein kann: ein Bruchstück vom Zauberstab König Zardrus! Die Eis-Elben haben es in ein riesiges Götzenbild eingearbeitet, das sie verehren und anbeten.«
Endlich ein Hinweis , denkst du und bedankst dich bei Zwarlak für die wertvolle Information. Du willst dich eben zum Gehen wenden, als dir etwas einfällt, das der Herrscher gerade erwähnt hat: Offenbar gibt es unter den Rintauren Heilkundige, die Krankheiten kurieren können. Falls du momentan an einer Beeinträchtigung leidest, weil du von einem verfluchten Trank gekostet hast, könntest du Zwarlak bitten, ob dich seine Heiler von diesem Problem erlösen können (weiter bei 87 ). Ist dies nicht der Fall, weiter bei 139 .
Kjara landet hastig auf deiner Schulter, und eine Sekunde später steht ihr alle drei steif wie die Stecken. Mit angehaltenem Atem beobachtet ihr, wie der Basilisk seinen Schnabel öffnet und ausgiebig gähnt. Dann blinzelt er träge und mustert mit faustgroßen, gelblich-trüben Augen seine Umgebung … ohne in eure Richtung zu blicken! Offenbar reagieren diese Tiere nur auf Geräusche und Bewegungen. Der Basilisk gähnt erneut, dann setzt er sich in Bewegung. Ungerührt tapst er an euch vorbei und verschwindet um eine Flanke des riesigen Schlammhügels. Endlich wagst du, wieder zu atmen.
»Verflixt, das war knapp«, haucht Kjara neben deinem Ohr. »Wenn uns das Monster direkt angesehen hätte, würden wir jetzt wie all die anderen Bemitleidenswerten hüfttief im Matsch stecken – als leblose Steinfiguren!«
»Lasst uns verduften, bevor dieses verkappte Hähnchen wiederkommt«, empfiehlt Bolko, dem wie üblich völlig entgangen ist, wie brenzlig die Situation war. Möchtest du den großen Hügel verlassen, bevor der Basilisk zurückkehrt (weiter bei 56 )? Oder nimmst du zuvor den Riss in der Flanke der Erhebung genauer in Augenschein (weiter bei 187 )?
Nachdem ihr etwa eine Stunde marschiert seid, zeichnet sich vor euch im fahlen Mondlicht der Umriss eines verwitterten Wegweisers ab. Auf einem nach Westen weisenden Pfeil sind die Buchstaben ALVONA zu entziffern. Ein schmaler gepflasterter Weg führt in die angegebene Richtung. »Alvona, die Stadt der Alven«, erinnerst du dich an Marlaras Worte.
»Ich finde, für heute sind wir weit genug gelaufen«, findet Bolko. »Lass uns eine Mütze Schlaf nehmen, bevor wir weiterziehen.« Ausnahmsweise kannst du deinem Vetter nicht widersprechen – auch du magst heute keinen Schritt mehr tun. So legt ihr euch am Rand der Straße nieder und seid bald fest eingeschlafen.
Als du am folgenden Morgen, nichts Böses ahnend, die Augen aufschlägst, starrst du mitten in die pickligen, unrasierten Visagen von fünf Männern, die im Kreis um euch herumstehen. Jeder von ihnen trägt ein Messer oder einen Knüppel bei sich, ihr Anführer scheint ein breitschultriger Koloss mit fettigem Haar und einer schwarzen Klappe über dem linken Auge zu sein. »Ohooo, wen haben wir denn hier?«, fragt der Einäugige lauernd.
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