„Wie oft habt ihr euch gesehen?“
„Drei! Viermal! Meist flüchtig, aber das ist doch egal“.
„Och Kleines!“
Ich suhle mal wieder in Selbstmitleid, wie schon die letzten Tage, ... ach was ... Wochen, als ich an meiner Tür ein Geräusch wahrnehme. Da ich abgeschlossen und den Schlüssel stecken lassen habe, kann hier normal keiner rein. Wo ist mein Baseballschläger? Wenn man ihn einmal braucht. Schritt für Schritt geh ich Richtung Tür.
Was ich jedoch dann sehe, kann ich nicht glauben.
Drei Wochen sind dem letzten Zusammentreffen mit Fleur vergangen. Um mich abzulenken, habe ich mich für eine Geschäftsreise nach Fernost entschieden. Doch kaum war ich angekommen, erhalte ich den ersten Anruf von Gina auf meinem Handy.
„Was willst du?“
„Ist Fleur bei dir?“
„Nein! Ich bin in Asien. Warum?“
„Nur so. Bis dann“, sagt sie noch und legt auf.
Komisch! Zuerst denke ich mir nichts dabei, doch als ich dann eine Woche später ich bin gerade aus Asien zurück, erneut einen Anruf von Gina erhalte, bekomme ich ein ganz schlechtes Gefühl.
„Gina, was ist los?“
„Ich weiß ich nerve dich, aber es geht um Fleur. Ich kann sie nicht erreichen. Sie nimmt keine Anrufe an und öffnet auch ihre Tür nicht. Langsam mache ich mir echt Sorgen“.
„Ist das ein Trick, um mich dazu zu bringen, mit ihr zu reden?“
„Nein Niklas. Ich erreiche sie seit dem Tag, als ich sie bei dir abgeholt habe, nicht mehr. Ich glaube, es ist an er Zeit, dass du erfährst, dass Fleur in dich verknallt ist und ich habe echt Angst, das sie ...“
Sag es bitte nicht! In meinem Bauch macht sich ein schlechtes Gefühl breit. Fuck! Fleur ist in mich verliebt? Oh mein Gott! Wenn sie sich meinetwegen ...! Daran darf ich gar nicht denken. Rasch checke ich meine Termine und stelle fest, dass ich die nächsten Stunden nur im Büro sein werde.
„Gina, beruhige dich. Gib mir ihre Adresse. Ich fahr zu ihr“.
Als ich wenig später vor dem Wohnhaus von Fleur ankomme, sehe ich sofort, wo sich ihre Wohnung befindet. Es ist die einzige Reihe, wo bei Sonnenschein die Jalousien geschlossen sind. Wie komme ich jetzt nur in das Haus? Im Notfall - Fuck! Das ist ein Notfall! Also presse ich meine Hand auf das Klingelfeld. Wenig später ertönen auch schon die Summer und ich gehe hinein. Mit dem Fahrstuhl fahre ich zu der Etage und klingle.
„Wollen Sie zu Fleur?“
„Ja! Wissen Sie, ob sie da ist?“
„Ich habe sie schon seit Wochen nicht gesehen“, sagt mir die ältere Dame und verschwindet im Fahrstuhl. Verdammter Mist! Ich höre noch an der Tür, kann jedoch keine Geräusche vernehmen. Die einzige Möglichkeit ist jetzt noch der Schlüsseldienst. Wenig später stehe ich vor der geöffneten Tür zu Fleurs Wohnung. Ein stickiger Geruch kommt mir entgegen. Hier wurde wirklich schon lange nicht mehr gelüftet.
„Danke“, sage ich zu dem Mann, der mir die Tür geöffnet hat und betrete die Wohnung. Mit schnellen Schritten bin ich am Fenster, öffne die Jalousien und die Fenster. Hier muss dringend frische Luft rein. Panik macht sich jedoch in mir breit. Was finde ich in den anderen Räumen? Doch dann sehe ich sie und schreite auf sie zu.
Fleur ist blass - was ja auch kein Wunder ist, wenn man im Dunkeln und bei geschlossenen Fenstern in der Bude sitzt.
„Hey!“
„Was willst du?“
„Gina hat sich Sorgen gemacht“.
„Ja, das kann ja sein, aber das ist nicht die Antwort auf meine Frage. Also ... Was willst du?“
Dich! - schreit es in meinem Inneren, doch statt es zu sagen, schreite ich einfach auf sie zu, in der Hoffnung, sie wirft mich nicht gleich in hohem Bogen aus der Wohnung. Irgendwie wünsche ich mir auch, sie würde sich mir in die Arme werfen und wir würden endlich wieder vögeln. Doch so weit sind wir noch lange nicht.
„Hör zu, ich wollte mich entschuldigen. Es war nicht in Ordnung, meine Wut an euch beziehungsweise an dir auszulassen. Es tut mir auch leid, dass ich mich nicht über deinen Gesundheitszustand erkundigt habe“.
„Ok Entschuldigung angenommen. Würdest du jetzt bitte wieder gehen!“
Ich rede und rede, wünsche mir das Fleur mich umarmt und küsst, aber nichts dergleichen passiert.
„Gina hat mir im Übrigen auch von deinen Gefühlen mir gegenüber erzählt, und da habe ich es mit der Angst zu tun bekommen“, sage ich noch und warte auf ihre Reaktion, doch statt sich mir in die Arme zu werfen, kippt sie mir ohnmächtig vor die Füße.
Ich kann nicht glauben, was ich da sehe. Niklas! Ich muss unter Wahnvorstellungen leiden. Oder doch Sauerstoffentzug!
„Was willst du hier?“, frage ich ihn, als er auf mich zukommt.
„Geht es dir gut?“
„Was interessiert dich das? Außerdem ist das, glaube ich, nicht die Antwort auf meine Frage. Also ... Was willst du hier?“
„Gina hat mich angerufen. Sie hat gesagt, dass du seit Wochen keine Anrufe annimmst. Deine Fenster immer geschlossen sind und du auch die Tür nicht öffnest. Sie hat sich Sorgen gemacht. Also habe ich mich selber davon überzeugt und schließlich den Schlüsseldienst kommen lassen“.
„Du hast dich davon überzeugt. Dann kannst du jetzt auch wieder gehen!“
„Fleur bitte ... Gina hat mir von deinen Gefühlen erzählt“.
„Sie hat was? Spinnt die? Das war ... Ach ist ja jetzt auch egal“.
„Fleur, hör mir zu. Ich gebe zu, dass ich nicht sehr nett zu dir war in der letzten Zeit. Ich habe mich benommen wie ein Arschloch. Als Gina mir sagte, was du empfindest und sie dich nicht mehr erreicht, habe ich es wirklich mit der Angst zu tun bekommen. Wenn du dir meinetwegen was angetan hättest und ich dich hier ...! Das hätte ich nicht mit meinem Gewissen ausmachen können. Der Abend im Passion war für mich was Besonderes. Ich hätte gern eine Wiederholung gehabt, aber als du mir sagtest, dass ich ein One Night Stand war ...! Ich war enttäuscht, weil ich dachte, das mit uns könnte sich zu mehr entwickeln. Und dann sehe ich dich im Klub ...“
Niklas ist hier. Und er redet und redet. Keine Ahnung, was er von mir will. Irgendwie macht alles keinen Sinn, was da aus seinem Mund kommt. Mir ist ganz komisch und dann höre ich nur noch meinen Namen.
„Fleur? Fleur? Fleur!“
Mein Wecker piept. Wieso piept mein Wecker? Langsam öffne ich die Augen und sehe meinen Vater neben meinem Bett sitzen. Was ist hier los? Am Fußende steht Gina und am Fenster tigert Niklas auf und ab. Erst als ich ein stöhnendes Geräusch mache, habe ich die volle Aufmerksamkeit.
„Was ist hier los?“
„Oh mein Gott Fleur. Bin ich froh, dass es dir gut geht. Du bist im Krankenhaus“, sagt mein Vater und streichelt mein Gesicht. Krankenhaus? Was mache ich denn im Krankenhaus? Mir geht es doch gut.
„Meine Fresse tue so was nie wieder. Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Hätte ich nicht Niklas angerufen ... - Du kannst jetzt auch aufhören, Furchen in den Boden zu laufen. Es geht ihr gut“.
Mein Blick geht zu Niklas und dann steht er auch schon neben mir und greift nach meiner Hand. Er haucht sanfte Küsse darauf und legt sie an seine Wange. Was ist denn jetzt los?
„Scheiße Fleur. Hatte ich eine Angst!“
„Was macht ihr denn für ein Theater?“
„Theater? Fleur, du bist Herr Mironne ...“
„Niklas“, wird mein Vater von ihm korrigiert.
„Entschuldigung. Niklas direkt in die Arme gefallen. Bewusstlos. Er konnte dich nicht mehr dazu bringen, dass du aufwachst. Daher hat man dich mit dem RTW direkt hier her gebracht. Du bist dehydriert. Hast du denn nichts getrunken, die letzten Tage?“
„Doch natürlich aber ... Ist ja auch egal“.
„Jetzt ist ja alles wieder gut“, antwortet mir mein Vater als das Handy von Niklas ertönt. Er nimmt es aus der Tasche und geht ran.
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