»Irgendwann reden wir darüber, aber noch nicht jetzt«, sage ich.
Camilla drückt mir ihre Nase in den Rücken, ich drehe mich zu ihr um und streichle sie. »Jetzt, wo der Traktor wieder läuft, was tun wir als nächstes?«
»Du zeigst mir, wie man ihn fährt.«
»Du willst den Traktor fahren?«, frage ich erstaunt.
»Ich lebe auf dem Land, ich will vieles können, was man hier so tut. Allem voran einen so leckeren Apfelkuchen backen, wie ihn deine Großmutter gebacken hat.«
»Ja, der war wirklich lecker«, bestätige ich. »Sie hat ihn jeden Samstag gemacht, solange die Bäume Äpfel getragen haben.«
»Ich habe ihr Rezeptbuch, aber egal wie sehr ich mich auch anstrenge, ich habe das Gefühl, er schmeckt nicht so, wie er sollte.«
»Sie hat die Äpfel mit Honig bestrichen, bevor sie den Teigdeckel oben aufgelegt hat.«
Tessa schnappt entrüstet nach Luft. »Das steht so nicht im Rezept.«
»Dort steht auch nicht, dass sie unter den Honig vorher einen Löffel dunklen Rum gerührt hat.«
»Was?«
Ich grinse sie zufrieden an. »Ich habe ihr jahrelang zugesehen. Ihre kleinen Geheimnisse stehen nirgends im Rezeptbuch.«
»Oh, du bist also ein kleiner Bäcker?«
»Nein, ich kann nicht kochen, aber wenn du willst, können wir ihre Rezepte gemeinsam durchgehen.«
»Oh, das werden wir auf jeden Fall!«
Tessa strahlt mich glücklich an, dann wird ihr Blick traurig. »Ich hatte sie sehr gern. Wahrscheinlich wäre ich sonst auch gar nicht auf den Gedanken gekommen, die Ranch zu kaufen.«
»Bestimmt hätte sie gewollt, dass du sie bekommst«, sage ich mit kratziger Stimme.
»Nein, sie hätte gewollt, dass du sie bekommst.« Tessa kommt näher und sieht mich ernst an.
»Ich kann dir nicht sagen, wie leid es mir tut, dass sie gestorben ist, ohne zu wissen, dass du noch am Leben bist.«
Ich nicke und weiche ihrem Blick aus, um den Schmerz vor ihr zu verbergen. »Lass uns wieder zurückreiten, bevor du noch auf den Gedanken kommst, ich wäre kein richtiger Kerl, wenn wir so über Rezepte reden. Es wird bald stockdunkel sein«, sage ich und versuche mich an einem Lächeln, um sie von ihrer Trauer abzulenken, aber ihr Blick bleibt traurig. Mir tut es auch leid. Ja, es zerreißt mich sogar. Ich würde alles tun, um Rose sagen zu können, dass ich noch lebe. Aber das werde ich nicht mehr tun können
Iced Tea Lemon
2 Liter kochendes Wasser
4 Teebeutel schwarzer Tee
4 Limonen
1 1/2 Tasse Zucker
Die Teebeutel mit dem heißen Wasser übergießen, 45 Minuten ziehen lassen, dann die Beutel herausnehmen. Zucker dazugeben und den Tee abkühlen lassen. Die Limonen auspressen und den Saft zum Tee geben. Eistee im Kühlschrank kaltstellen.
Ich lache, als George sich schniefend die Wangen trockenwischt und mir einen entrüsteten Blick entgegen wirft. Statt ihn zu bedauern, nehme ich die nächste Zwiebel und halte sie ihm unter die Nase. »Du bist noch nicht fertig.«
Er verzieht das Gesicht und wirft Liam einen hilfesuchenden Blick zu, doch der zuckt nur resigniert mit den Schultern und fischt sich die nächste Tomate aus der Dose, um sie in mundgerechte Stücke zu schneiden. Dabei verzieht er unglücklich das Gesicht, weil ihm die Tomatensoße von den Fingern läuft.
»Ihr wolltet mir dabei helfen, dieses Video für meinen Blog zu drehen, jetzt beschwert euch nicht, niemand hat gesagt, dass kochen einfach ist«, sage ich und grinse zufrieden. Ich wende mich wieder dem Hefeteig für die Chicago Style Deep Dish Pizza zu und rolle ihn auf dem Holzbrett aus, damit ich ihn in die rustikale gusseiserne Pfanne legen kann.
»Für diese Pizza würde ich alles tun«, meint Liam und sieht zu mir auf. »Sogar Teil eines Blogvideos sein und eine alberne Schürze mit Rüschen tragen.«
»Das tust du schon, mein Freund«, wirft George ein und schiebt mir die in Scheiben geschnittenen Zwiebeln zu. Er steht auf und eilt hastig zur Spüle, um sich die Hände zu waschen. »Du hast schon als Kind den Pizza-Freitag sehr geliebt.«
»Weswegen ich es sehr gut finde, dass es ihn noch gibt.« Er mustert mich, während ich den Teig in die Pfanne lege und den Rand hochdrücke wie für eine Pie. »Nur das mit den Videos ist neu.«
»Nicht für George«, erwähne ich. »Die Leser meines Blogs lieben ihn. Manchmal glaube ich, sie kommen nur wegen ihm und seiner sarkastischen Kommentare immer wieder zurück.«
»Erzähl keinen Quatsch, sie kommen, weil du eine gute Köchin bist. Gibt heutzutage nicht mehr viele, die noch auf diese Weise kochen. Die Leute haben es verlernt oder sie kochen diesen modernen Kram, wo kaum was auf dem Teller ist und man behauptet, das Auge würde mitessen. Unfug, seit wann macht einem der Anblick von Essen satt?«, schimpft George, trocknet sich die Hände ab und setzt sich wieder an den Tisch. Er wirft einen Blick auf die Kamera, die auf den Tisch gerichtet ist. »Du erzählst mir doch wieder, wenn sie etwas über mich schreiben?«
»Ich werde dir jeden einzelnen Kommentar vorlesen«, bestätige ich ihm mit einem Grinsen. George schimpft zwar gern über meine Videos, aber insgeheim liebt er die Aufmerksamkeit, die er bekommt. Ich wende mich der Kamera zu. »Ihr habt es gehört, George freut sich auf viele lobende Kommentare«, sage ich zur Kamera.
Liam lacht leise auf. »Das ist ein interessanter Beruf, den du da hast.«
»Ja, ist es. Noch vor einem Jahr hätte ich nicht gedacht, dass das hier mal mein Leben sein würde, jetzt habe ich einen erfolgreichen Channel, habe mehrere Bücher geschrieben und sogar ein paar Kochutensilien werden demnächst meinen Namen tragen.« Ich muss zugeben, dass ich stolz auf das bin, was ich tue. Und ich tue es gern. Als ich mit Mark verheirate war, habe ich mein Geld damit verdient, eine Kolumne für eine Zeitung zu schreiben, nebenbei habe ich an meinem ersten Buch gearbeitet. Aber eigentlich lag mein Leben in Marks Händen. Und er hat es ausgenutzt, dass ich von ihm abhängig war. Diese Abhängigkeit habe ich verloren, als die ersten Tantiemen für mein Buch ausgeschüttet wurden. Gerade rechtzeitig, um diese Ranch zu kaufen. Ich verteile die einzelnen Zutaten auf dem Teig, schichte Käse, Wurst und Gewürze auf und schiebe die Pfanne dann in den vorgeheizten Ofen.
»Und jetzt?«, will Liam wissen.
»Jetzt warten wir. In der Zwischenzeit trinken wir ein Glas Rotwein«, richte ich mich an die Kamera. »Ich empfehle euch einen Sangiovese Rubicone.« Ich halte die Flasche in die Kamera, die mir vor einer Weile von der Firma zugeschickt wurde, und die seither darauf wartet, dass ich sie trinke. Heute scheint mir der richtige Tag zu sein. Mit Liam und George neben mir. Es wäre noch schöner, wenn auch Rose hier sein könnte.
Liam nimmt mir die Flasche ab und öffnet sie, dann schenkt er unsere Gläser ein und ich gehe auf die andere Seite des Tischs und schalte die Kamera ab, damit wir ein paar Minuten für uns haben.
»Rotwein«, sagt Liam, nachdem wir angestoßen haben und er den ersten Schluck getrunken hat. Er betrachtet nachdenklich die dunkle Flüssigkeit und schwenkt sie im Glas umher. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich etwas vermissen könnte, was ich nie gern getrunken habe. Bis eben ist mir nicht einmal bewusst gewesen, dass ich es vermisst habe.«
»Das wird dir vielleicht mit noch vielen Dingen so gehen, an die du bis jetzt nicht einmal gedacht hast«, überlege ich und George brummt zustimmend.
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