»Oh, ich sehe schon«, kicherte Veronica da. »Sie hat nasse Haare, du hast nasse Haare ... Doggy hat heute schon, was?«
»Okay, das reicht! Raus!«, knurrte ich sie an und öffnete die Augen. Avery war inzwischen nähergekommen und wirkte nicht weniger bedrohlich als eben, obwohl sie ihre Waffe mittlerweile in den Hosenbund gesteckt hatte.
»Keine Sorge, ich will bei deinen«, sie hob beide Finger an und markierte Anführungszeichen, »Geschäften nicht stören. Schönen Abend noch!«, fauchte sie und rauschte an mir vorbei. Dann blieb sie noch einmal stehen und drehte sich zu mir um. Unsere Blicke trafen sich, ehe sie mit süffisantem Grinsen sagte: »Ach, und ... Dog? Besorg es ihr ein bisschen besser als mir!«
Mein Mund klappte auf, während Veronica anfing, laut zu lachen. Meine Hände ballten sich zu Fäusten und ich ging langsam auf Avery zu. »Das würde ich nicht tun!«, lächelte sie und zog ihre Waffe.
»Du wirst sowieso nicht schießen«, knurrte ich und ging weiter auf sie zu.
»Lass es ruhig drauf ankommen, Doggy!« Sie entsicherte die Waffe. »Ich geb dir einen guten Rat, dreh dich um, geh zu deiner Schlampe und vögel sie, denn das einzige Loch, das du von mir heute noch bekommen würdest, ist das in deinem Knie, wenn du jetzt nicht stehenbleibst!«
Scheiße, mir wurde bewusst, dass die Kleine es offensichtlich todernst meinte und ich verlangsamte meinen Schritt. »Weißt du, Avery ... mir will einfach nicht einfallen, zu welchem Zeitpunkt ich gesagt habe, dass ich vor dir kein Leben hatte und auch nicht, dass ich noch nie eine andere Frau gefickt hätte!« Ihre Augen weiteten sich, ehe sie schnaufte und sie wieder verengte. »Solche Dinge sage ich nämlich schon seit 15 Jahren nicht mehr!«
In dem Moment spürte ich schon wieder eine Hand an meiner Hose, Veronica schmiegte ihren Körper dicht an meinen und hauchte: »Das macht mich so verdammt scharf, Dog!«
Jetzt platzte mir endgültig der Kragen. Ich zerrte ihre Hand von meinem Schritt weg und entfernte mich ein Stück von ihr. »Welchen Teil von Raus hast du eigentlich nicht verstanden?«, brüllte ich sie an. »Ich werde dich weder heute noch morgen ficken! Schwing deinen Arsch hier raus und sieh zu, dass du Land gewinnst!« Erneut wandte ich meinen Blick dorthin, wo Avery stehen sollte, aber sie war weg. Ich konnte gerade noch sehen, wie die Tür hinter ihr ins Schloss fiel.
Meine Hände sanken herab, ich ließ Veronica los. »Geh ...«, presste ich hervor.
»Aber Dog ... sie ist doch weg, und wir könnten ...«
Ich sah rot. Zornig packte ich Veronica am Arm und zerrte sie hinter mir her, riss die Tür auf und schubste sie hinaus. »HAU AB!«, brüllte ich. Jetzt endlich schien das dämliche Frauenzimmer zu kapieren, dass ich nicht scherzte, und verschwand. Aber es nutzte nichts, Avery war ebenfalls weg und ich stürmte zurück in die Halle.
Ich verfluchte Aidan dafür, dass er mir jenes Paket geschickt und dieses Weib auf den Hals gehetzt hatte, während ich blind vor Wut wie ein Irrer auf meinen Boxsack eindrosch.
Ich vertraue dir
Fluchtartig verließ ich die Halle und sprang in meinen Wagen. Im Licht der Eingangslaterne sah ich im Rückspiegel, dass diese Schlampe vor die Tür gesetzt wurde. An der nächsten Abzweigung fuhr ich in die Nebenstraße und hielt an.
Verdammte Scheiße, wie hatte das alles passieren können? So unprofessionell hatte ich mich in meinem ganzen Leben nicht verhalten . Pah, in deinem ganzen Leben hattest du auch noch nie so einen geilen Fick , verhöhnte mich eine Stimme im Kopf, und schon gar nicht so viele und heftige Orgasmen hintereinander.
Wütend schlug ich auf das Lenkrad ein. Verdammter Aidan, wie hatte er mir diesen Mann aufhalsen können. Ich sah den Wagen dieser Tussi vorbeifahren und wieder schaltete ich mein Hirn aus, startete den Motor und fuhr ihr hinterher. Ich wollte wissen, wen dieser Möchtegern Macho meinte, flachlegen zu müssen. Denn dass sie billig war, hatte ich auf den ersten Blick erkannt.
Nachdem wir in einem Viertel angekommen waren, welches für eine hohe Kriminalität stand, war mein Verdacht bestätigt. Ich parkte den Wagen gegenüber dem Hochhaus und wartete, bis sie darin verschwunden war. Dann ging ich hinüber zu den Klingeln und wartete, wo das nächste Licht anging. Ich hoffte, dass es auch wirklich ihre war, und merkte mir den Namen auf dem entsprechenden Schild. Morgen würde ich anfangen, ein wenig in Dogs Umfeld zu graben, mit wem er sich abgab und warum gerade ich den Mord an seiner Familie aufklären sollte.
Viel zu aufgewühlt stieg ich in den Wagen und machte mich auf den Heimweg. Am liebsten wäre ich sofort aufs Revier gefahren, um mit meinen Recherchen zu beginnen, was aber viel zu auffällig gewesen wäre.
Zuhause warf ich mir eine Tiefkühlpizza in den Ofen und setzte mich mit meinem Wasser in das dunkle Wohnzimmer. Sicherlich wäre ein Bier jetzt angebrachter, um meine flatternden Nerven zu beruhigen, allerdings trank ich seit Jahren keinen Tropfen Alkohol mehr. Genaugenommen, seit ich 16 Jahre alt war und den ganzen Sumpf hinter mir gelassen hatte. Seitdem wollte ich immer einen klaren Kopf behalten. Ich konnte mir keine Fehler erlauben. Damals und auch heute nicht. Stöhnend presste ich mir die kalte Wasserflasche an die Stirn. Dass dieser Bär von einem Mann aber auch meine scheiß niederen Instinkte hatte ansprechen müssen. Ich stand nicht auf solche Typen, schon gar nicht auf bärtige und doch … das Pling meiner Mikrowelle lenkte mich von dem Gedanken ab, wohingegen mich das Ziehen zwischen meinen Beinen, als ich aufstand, direkt wieder daran erinnern musste.
Nach nur zwei Stücken war mir der Appetit vergangen und der Rest wanderte in meinen karg gefüllten Kühlschrank. Hatte ich morgen gleich ein Mittagessen, das ich mitnehmen konnte.
Als ich im Bett lag, wollten die Gedanken nicht still sein. Weder konnte ich verdrängen, dass sich immer wieder die Bilder der zwei leblosen Körper seiner Familie vor mein Auge schoben, noch, wie mich Dog in der Dusche durchgevögelt hatte.
***
Mit viel zu wenig Schlaf und entsprechend starken Kopfschmerzen saß ich am Montagmorgen im Revier und kippte mir den ekelhaften Kaffee hinunter. Ich hatte keine Zeit mehr gehabt, mir einen außerhalb zu holen, und musste jetzt die Plörre trinken. Warum jeden Morgen anscheinend der gleiche Idiot glaubte, dieses Spülwasser kochen zu müssen, hatte ich in all den Jahren nicht verstanden.
Ich tippte den Namen und die Adresse von Veronica in den Computer ein und wartete, was er ausspucken würde. Veronica Chase, 38 Jahre alt, einige Male wegen Drogenbesitz für kurze Zeit eingebuchtet, was allerdings länger zurücklag, einst Prostituierte, seit einiger Zeit ging sie aber wohl einer geregelten Arbeit als Küchenhilfe in einem Fastfood-Laden nach. Ein Sohn … ich lehnte mich nach vorn … straffällig, Gewaltdelikte, Blabla und dann bei Dog gelandet war.
Soso, war Dog also noch unprofessioneller als ich. Fickte die Mutter eines ehemaligen Schützlings.
Ich suchte in der Datenbank nach den Kids, die bei Dog trainierten. Zum Glück hinterlegten die Sozialarbeiter und auch die von der Sitte alles immer fein säuberlich, sodass ich mich nicht mit schwerer Sucharbeit aufhalten musste.
Die einzelnen Namen und Bilder tauchten auf und ich zog meine Augen immer mehr zusammen. Was lief hier für eine Scheiße ab? Irgendwie schien ich, seit man mich auf Dog gestoßen hatte, diesen Satz immer öfter zu wiederholen.
Wusste er davon? Hatte ihm Aidan die Kids „zukommen“ lassen? Ich kannte eine Menge von ihnen, wobei ich gestern anscheinend nur einen Bruchteil kennengelernt hatte. Aber auch da waren mir neben Brian, einem Jungen, der mir starke Sorgen machte, einige bekannte Gesichter aufgefallen.
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