„Ich dachte, der Ball ist erst in einigen Tagen,“ bemerkte Elaine.
Er nickte: „Das ist richtig, aber das bedeutet nicht, dass die Privilegierten es nicht jetzt schon krachen lassen.“ Und da war es wieder, das verruchte Grinsen, das sie zugleich wütend machte und doch irgendwie magisch anzog.
Malvina zog die Augenbrauen hoch: „Und da seid Ihr noch nicht unterwegs?“
Der Graf führte schmunzelnd die Arme auseinander: „Ich werde doch nicht ohne Begleitung ausgehen, wenn ich nur etwas auf die bezaubernde Comtessa warten muss.“
Elaine seufzte: „Aber ich bin doch keine Comtessa, ich dachte, das haben wir schon vor über zehn Jahren geklärt.“
Er grinste wieder: „Es ist süß, wie Ihr Euch jedes Mal darüber aufregt. Nein, ich denke, in Eurem Fall ist ein Titel eher ein überflüssiges Beiwerk als eine Notwendigkeit. Wobei ich mir schon die Frage stelle, wie der Prinz auf Eure Anwesenheit reagieren würde, wenn er erst davon erfährt.“
Malvina sah ihn an, als ob er gerade eine unglaubliche Dummheit gesagt hatte: „Glaubt Ihr nicht, dass er schon längst darüber Bescheid weiß?“
Er lächelte: „Die Frage ist, habt Ihr etwas dagegen unternommen oder nicht? Wenn nicht, dann weiß er es sicherlich.“
Malvina verschränkte die Arme vor der Brust: „Ich habe ganz bestimmt nicht versucht, gegen seine Hoheit zu handeln, Graf.“
Er grinste: „Tja, dann weiß er es wohl.“
Elaine sah die beiden besorgt an: „Und was hat das dann zu bedeuten?“
Er sah zu ihr und lächelte: „Keine Sorge. Er hat zwar nicht genehmigt, dass Ihr offiziell herkommt, aber er hatte anscheinend nichts dagegen, dass Ihr insgeheim hierher gebracht werdet. Das bedeutet wiederum, dass es keine schlechte Idee war und alles klappen wird. Aber es bedeutet auch, dass Irony und Corry sicherlich auch schon Bescheid wissen. Und sie werden sich sicherlich schon Gedanken darüber machen, warum du hier bist. Vielleicht solltest du dich beeilen.“
Sie nickte: „Ich hatte ohnehin nicht vor, zu trödeln. Aber – wo ist Boo?“
Der Graf schüttelte lächelnd den Kopf: „Oh nein, wichtiger ist im Moment, dass Ihr Euch so nicht am Hof blicken lassen könnt. Kommt mit, wir suchen Euch etwas passendes zum Anziehen aus.“
Elaine seufzte und Malvina kicherte: „Ich helfe wohl besser etwas mit, was meint Ihr, Graf?“
Er verbeugte sich leicht. „Das wäre mir eine Ehre. Dann lasst uns keine Zeit verlieren.“
Der Graf führte sie zur Garderobe und ließ Elaine vor einer Auswahl an Kleidern stehen, mit einem erwartungsvollen Schmunzeln. Elaine sah zu Malvina, aber auch das Mädchen wollte ihr anscheinend keinen Tipp geben. Sie seufzte und griff dann einfach nach dem erstbesten Kleid, das ihr in die Finger kam. Es stellte sich als ein weißes, glitzerndes Abendkleid heraus, mit Federn geschmückt.
„Die Schwanenprinzessin“, murmelte Malvina.
„Was meinst du?“, Elaine sah fragend zu ihr.
Malvina lächelte: „Maskenbälle, Ellie. Das ist eindeutig eine Schwanenprinzessin.“
„Oh, verstehe.“
Der Graf holte eine Maske hinter seinem Rücken hervor, ein kleines Kunstwerk aus weißen Federn und Glanz. Waren es tatsächlich Diamanten? Elaine starrte diese Maske an: „Ich glaube... das kann ich nicht tragen. Selbst wenn es nur geliehen ist.“
Er zog eine Augenbraue hoch: „Es ist nicht geliehen, Ellie. Ich schenke sie Euch. Und warum könnt Ihr es nicht tragen?“
Sie seufzte: „Weil das einfach zu viel ist. Ich habe vermutlich in meinem ganzen Leben nicht einmal einen Bruchteil dessen verdient, was allein dieses Kleid kostet.“
Er grinste: „Dann solltet Ihr erst recht dieses Kostüm tragen. Wann habt Ihr sonst diese Chance, wenn nicht hier und jetzt?“
Sie sah ihn an: „Ist das Eure Philosophie?“
Er lächelte: „Ein Teil davon, ja. Das Leben kann schon morgen vorbei sein. Warum sollte man es nicht genießen?“
Sie schüttelte den Kopf: „Also schön. Wie Ihr wollt.“ Sie musste sich selbst eingestehen, dass auch wenn ihr diese Kostbarkeit ein gewisses Unbehagen bereitete, so wollte sie sich diese Chance wirklich nicht entgehen lassen. Eine weitere könnte sie in der Tat nicht bekommen.
Malvina sah zum Grafen: „Ich nehme nicht an, dass Ihr eine Frau in Euren Diensten habt, die sich damit auskennt, eine Dame ausgehfertig zu machen?“
Der Graf schüttelte den Kopf: „Es war bisher nicht nötig.“
Malvina seufzte: „Dann werde ich das wohl machen. Und Ihr lasst uns mal solange allein.“
Er zog die Augenbrauen hoch: „Was gäbe es, was ich noch nicht gesehen habe?“
Doch Malvina war durch diesen Spruch nicht zu überzeugen: „Es ist mir völlig egal, was Ihr in Eurer Freizeit macht, Graf, aber ich will nicht, dass in meiner Gegenwart etwas passiert, was sich nicht in der Öffentlichkeit abspielen sollte. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?“ Ihre Augen weiteten sich für einen Augenblick und blitzten gelb auf.
Er grinste: „Na von mir aus. Ihr müsst doch nicht gleich sauer werden.“ Er ließ sie allein.
Elaine kicherte: „Armer Kerl.“
Malvina grinste: „Er soll sich nicht so anstellen, das geht ihn nichts an. Tja, dann lass uns mal anfangen.“
Elaine sah sie fragend an: „Warum machst du das? Ich meine, das meiste kann ich doch selbst tun.“
Malvina deutete grinsend auf ein Korsett, das ganz altmodisch auf dem Rücken geschnürt werden musste: „Das etwa auch?“
Elaine seufzte: „Warum haben Reißverschlüsse noch nicht Einzug in die Welt des Adels gefunden?“
Malvina kicherte, während sie Elaine beim Umziehen half: „Es ist doch ganz einfach: Die aller neueste Mode tragen in der Regel nur die Gemeinen. Je kostspieliger, desto höher der Rang. Der Adel dagegen, nun, er ist doch bereits eine Art Anachronismus, warum sollte die Kleidung da abweichen?“
Das klang einleuchtend. Elaine war auf alle Fälle froh, dass Malvina sich um ihre Haare kümmern konnte, sie selbst hätte wohl kaum eine so kunstvolle Frisur hinbekommen.
Als sie die Garderobe wieder verließ, nun als Schwanenprinzessin, nickte der Graf anerkennend. „Eine sehr gute Wahl, das muss man Euch lassen. Und Ihr habt hervorragende Arbeit geleistet“, meinte er dann zu Malvina und verbeugte sich leicht.
Das Mädchen zog nur die zierliche Augenbraue hoch und lächelte schwach: „Meine Schwester hätte es sicherlich noch etwas besser machen können, aber sie ist ja nicht da. Aber so schlecht ist Eure Wahl auch nicht.“
Der Graf verbeugte sich erneut. Er hatte die Zeit genutzt, um selbst in ein Kostüm zu schlüpfen und bot einen ungewohnten Anblick dar. Sollte das ein Drachenkostüm sein, was er da trug? Es sah ganz so aus. Die Maske mit den flammenroten Fledermausschwingen, die Kleidung selbst wie ein geschuppter, vergoldeter Panzer und der Umhang, der ebenfalls zweien Drachenschwingen nachempfunden war. „Mancher würde mich als ein reiches Ungeheuer bezeichnen, also sehe ich jetzt auch mal so aus“, grinste er.
Elaine verzog den Mund: „Wieso nur gefallt Ihr Euch vor allem in der Rolle des Schurken?“
Er zuckte die Schultern: „Warum nicht?“ Sie seufzte und ließ es dabei bewenden.
Der Graf sah zu Malvina: „Was ist mit Euch, wollt Ihr etwa nicht mitkommen? Oh, ich vergaß“, er lächelte süßlich.
Das Mädchen verschränkte die Arme vor der Brust: „Wieso kommt Ihr auf den Gedanken, dass ich dort hingehen wollte? Was habe ich dort verloren? Soll ich etwa unliebsame Erinnerungen aufwärmen oder die Perversion meiner Familie beobachten? Ich werde nach Hause zurückkehren, so einfach ist es. Bis morgen, Ellie.“
Elaine nickte: „Bis morgen dann.“
Der Graf räusperte sich: „Verzeiht mir diese bösen Bemerkung. Wir könnten Euch nach Hause bringen, bevor wir aufbrechen.“
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