Slykur ging weiter in die Richtung, die er eingeschlagen hatte. Plötzlich erfasste ihn was von hinten. Er wollte schon mit seinen Klauen zuschlagen, als er merkte, dass es einer der zwei Jungdrachen war, von denen er sich vorhin getrennt hatte. „Nanu? was machst du denn hier?“, fragte Slykur.
„Ich hatte zu viel Angst und außerdem kann ich noch nicht fliegen. Denn der zweite der mit mir mitgegangen ist, ist in die Luft geflogen. Und ich wollte nicht alleine zurückbleiben. Kann ich nicht eine Weile bei dir bleiben? Mein Bruder hat gesagt ich soll zu dir gehen. Du könntest mich beschützen.“ Slykur willigte ein, dass der Kleine ein Stück mitgehen durfte. Schließlich erreichten sie einen kleinen Fluss. Komm, Kleiner. Wir schwimmen hindurch. Falls uns der Lindwurm folgen sollte, kann er die Spuren nicht mehr lesen und er ist sicher noch zu weit weg um uns hier sehen zu können. Ich kenne ihn, der lässt nicht locker. Wenn wir ein Stück im Fluss marschieren, dann hinterlassen wir keine so offensichtlichen Spuren. Wir müssen nur vorsichtig sein, wenn wir den Fluss wieder verlassen und unsere Spuren dort gut verwischen“, schlug Slykur vor.
Der Lindwurm kam bald an die Stelle, an der der eine Jungdrache losgeflogen war. Hier hörten die Spuren plötzlich auf und damit war es dem Lindwurm nicht mehr möglich zu erkennen, in welche Richtung der Jungdrache geflohen war. Ärgerlich fluchte er. „Verdammt noch mal. Ich hätte nicht gedacht, dass der schon fliegen kann.“ Dem Lindwurm blieb nichts anderes Übrig als umzukehren und dann der Spur des anderen Drachen zu folgen. Bald schon traf er wieder auf Slykurs Spur. „So so, ihr seid also zusammen“, murmelte der Lindwurm lächelnd vor sich hin und erreichte bald den Fluss. Es war eindeutig zu sehen, dass die Drachen in den Fluss gegangen waren. Schnell kroch auch der Lindwurm ins Wasser. Irgendwo mussten sie wieder an Land gegangen sein, dachte er sich. Wahrscheinlich am gegenüberliegenden Ufer. Dort musste er ihre Spuren nur wiederfinden. Der Fluss war kein kleiner Bach, sondern breit und tief genug, dass auch ein Drache schwimmen musste, um ihn überqueren zu können. Zumindest wenn der Drache nicht fliegen konnte.
Slykur und der kleine Jungdrache hatten einen deutlichen Vorsprung vor dem Lindwurm und deshalb rechneten sie sich gute Chancen aus, den Lindwurm hier am Fluss endgültig überlisten und abhängen zu können. Sicher wird der Lindwurm sich mächtig ärgern sobald er das Ufer erreichte, glaubte Slykur.
„Du Slykur wieso sind wir nachdem wir den Fluss überquert haben in verschiedene Richtungen gegangen um dann wieder zurück zum Fluss zu gehen und dann wieder hin und her und warum sind wir schlussendlich ins Wasser um an der gleichen Seite den Fluss wieder zu verlassen an dem wir ihn erst betreten haben? Jetzt haben wir den Fluss doch gar nicht überquert und sind noch immer auf der gleichen Seite vie zuvor." „Um den Lindwurm zu verwirren. Ich kenne diesen Kerl mittlerweile ziemlich gut. Und der folgt sicher unseren Spuren, wie er es bei mir schon des öfteren gemacht hat. Und da wir jetzt unzählige Spuren hinterlassen haben, wünsch ich ihm viel Spaß. Er wird es schwer haben, herauszufinden, welche Spur die neueste ist. Dadurch gewinnen wir Zeit und können unseren Vorsprung vergrößern. Vielleicht können wir ihn auch ganz abhängen. Denn jetzt achten wir sehr gut darauf, dass wir keine Spuren mehr hinterlassen. Aber sicher sind wir trotzdem nicht. Er ist ziemlich geduldig und hartnäckig was die Jagd angeht.“
Der Boden wurde immer steiniger was Slykur sehr gut fand, denn auf so hartem Boden hinterließen selbst Drachen keine Spuren mehr. Allerdings wurde das Gelände auch immer schwieriger und schließlich kamen die beiden Drachen an eine enge Schlucht. Vor ihnen ging es fast Senkrecht in die Tiefe. Doch diese Schlucht war nur wenige Meter breit und die andere Seite lag ein paar Meter tiefer als diese.
Grummelnd versuchte der Lindwurm irgendwie den Spuren zu folgen, was gar nicht leicht war. „Dieser verdammte Slykur. Du scheinst cleverer zu sein, als ich dachte“, fluchte er nach einer Weile, als er ziemlich viel Zeit am Flussufer verbracht hatte bis er endlich glaubte, die richtige Spur gefunden zu haben. Nun musste er sich aber ziemlich beeilen, damit die beiden Drachen keinen zu großen Vorsprung bekommen konnten.
„Hier trennen sich für kurze Zeit unsere Wege, Kleiner. Es wird nun Zeit das auch du das Fliegen lernst. Diese Schlucht ist unsere beste Chance, dem Lindwurm endgültig zu entkommen. „I... ich soll über die Schlucht da fliegen? Bist du verrückt?" antwortete der kleine Drache. „Verrückt nicht. Aber Lindwürmer können nicht fliegen und zum Springen ist es zu weit. Du erinnerst mich sehr an meinen kleinen Bruder... und ich will das du überlebst. Auf keinen Fall kann ich zulassen, dass der Lindwurm dich erwischt. Mit einem Stoß schuppste Slykur den kleinen Drachen über den Abhang. Und siehe da: flügelschlagend konnte der Kleine sich gerade noch an die andere Seite bringen. „So ich laufe noch mal zum Lager und dann komme ich nach. Keine Angst. Auf deiner Seite der Schlucht bist du sicher. Und gehe dort drüben in Deckung, damit dich der Lindwurm von hier aus nicht sehen kann. Dann wird er auch gar nicht erst versuchen, die Schlucht zu überqueren. Ich sehe zwar nirgends eine Möglichkeit dazu, aber man weiß ja nie." Mit diesen Worten verabschiedete sich Slykur von dem Jungdrachen und lief so schnell wie er konnte in eine andere Richtung weiter.
Als der Lindwurm wenig später die Schlucht erreichte, wusste er, dass er da sicher nicht drüber kommen konnte. Und die Spuren des kleinen Drachen waren verschwunden. Nur Slykurs Spur war noch zu erkennen. Da er nicht wusste, was er sonst machen konnte, folgte der Lindwurm nun eben nur noch Slykurs Spur. Der würde es noch bereuen, dem Lindwurm in die Quere gekommen zu sein. „Niemand nimmt mir ungestraft meine Beute weg“, grummelte er. Zwar war er nicht mehr hungrig, doch er konnte es trotzdem nicht ertragen, sich diese Jungdrachen einfach so von Slykur wegnehmen zu lassen.
Slykur lief noch immer was seine Lungen so hergaben. Noch nie in seinem Leben war er so lange und so weit gelaufen, doch durch den ständigen Drang verfolgt zu werden, blieb seine Ausdauer konstant hoch. Hin und wieder wechselte er auch spontan die Richtung um den Lindwurm eventuell zu täuschen. „Gerade Wege sind ab jetzt zu gefährlich“, murmelte er. Nach einigem Laufen kam der Drache wieder bei dem Fluss an. Doch hier war er ein ganzes Stück weiter flussaufwärts, und sicher weit genug von der Stelle entfernt, an der er vorhin noch mit dem Jungdrachen absichtlich so viele falsche Spuren hinterlassen hatte. Er stieg ins Wasser und lief ein Stück flussaufwärts. Da der Fluss hier keine nennenswerte Strömung hatte, war es nicht schwer, sich auch Flussaufwärts zu bewegen. Flussabwärts wäre zwar weniger anstrengend gewesen, doch es war ja möglich, dass er dort irgendwo durch Zufall auf den Lindwurm treffen konnte. Vielleicht suchte der ja noch immer nach den richtigen Spuren, dachte sich Slykur. Da war es auf alle Fälle besser, sich möglichst fern zu halten.
Langsam verlor der Lindwurm die Geduld. Er ärgerte sich, dass er diesen Slykur einfach nicht erwischen konnte. Er fragte sich, ob sich dieser Aufwand überhaupt lohnte, oder ob er sich besser mit den drei Jungdrachen zufrieden geben sollte. Denn diese drei Jungdrachen waren ziemlich schwer und der Lindwurm hätte sich am liebsten einfach irgendwo in die Sonne gelegt, um sie in Ruhe verdauen zu können. Doch seine Gier und seine Rachegelüste waren größer und so blieb er hartnäckig weiter auf Slykurs Spur. „Der muss doch irgendwann mal müde werden“, dachte er sich. Der Lindwurm hatte das Gefühl, dass Slykurs Vorsprung immer größer wurde und er dachte inzwischen schon ernsthaft daran, aufzugeben und sich endlich ein wenig zu entspannen, wie er es am liebsten nach einer Mahlzeit tat.
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