„Ich habe dich sehr vermisst, meine Süße“, sagte er leise.
Daniel war zu Ostsee gekommen, um seinen Plan vorzubereiten. Er hatte niemandem davon erzählt und hielt es immer noch für einen guten Einfall. Wenn dies das letzte Mal gewesen sein sollte, um miteinander zu schlafen, dachte er, dann war das ein gutes Ende. Er würde sich immer daran erinnern und versuchte, sich alles genau einzuprägen.
„Wollen wir an den Strand gehen? Ein bisschen Sonne tanken? Ich muss heute noch wieder zurückfahren. René konnte nur für diesen alles übernehmen. Er hat morgen Hochzeitstag.“
Katja räkelte sich und antwortete: „Schade, aber ich bin ja nächstes Wochenende wieder da. Dann machen wir am Sonntag da weiter, wo wir jetzt aufgehört haben.“
Katja sprang aus dem Bett, hinauszugehen war jetzt eine gute Idee. So gingen sie Hand in Hand zum Strand. Sie setzten sich auf eine Decke in den Sand und am Nachmittag tauchte auch Bea wieder auf. Sie hatte die beiden vom Balkon aus entdeckt und war auch heruntergekommen. Beim anschließenden Kaffee unterhielten sie sich über Beas Einkauf.
Nun erwähnte Daniel beiläufig, dass er seine alte Bekannte, Isabelle aus der Winzerlehre, wiedergetroffen hatte. Er erzählte von damals, wie toll er sie gefunden hatte. Das stimmte sogar, nur wusste er, dass sie in Südafrika verheiratet war.
Damit war es unwahrscheinlich, dass sie Katja oder sonst jemandem hier über den Weg laufen würde. Das gehörte zu seinem Plan. Bea sah ihn an und hatte ein merkwürdiges Gefühl. Sie dachte: Was will er denn jetzt damit sagen? Da war etwas im Busch … Sie sah auch Katjas fragenden Blick, aber Daniel gab sich locker und entspannt.
Er berichtete, dass er und Isabelle sich für Dienstag zum Kaffee verabredet hatten, um alte Erinnerungen auszutauschen. Daniel brach es fast das Herz und er hätte beinahe seinen Plan fallengelassen, als er in Katjas Augen schaute. In ihnen hatte sich sofort ihre Angst gezeigt und er sah eine dunkle Wolke aufziehen. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr.
Er hatte etwas ins Rollen gebracht, von dem er überzeugt war, dass es richtig war. Als Daniel mit Katja zu seinem Auto lief, nahm er sie noch einmal in den Arm. Sie küssten sich innig. Dann stieg er ein und fuhr nach Hause. Dort setzte er sich unter die Kastanie und weinte.
Bea bemerkte Katjas Verwirrung, die sie nicht verbergen konnte, nachdem Daniel weggewesen war, und sprach sie darauf an.
„Du schaust nicht gut aus. Was macht dir Sorgen? Isabelle?“
Katja nickte. Da war das, was sie immer befürchtet hatte: Eine andere Frau trat in Daniels Leben und sie hatte sofort Angst, statt ihm zu vertrauen. Fragen über Fragen tauchten auf. War sie hübsch? War sie eine von den Guten? Hatte sie ein Kind?
Katja war verzweifelt. In dem Moment dachte sie: Vielleicht war es besser, sie würden sich endgültig trennen. Dann müsste sie sich nie wieder Sorgen machen und Daniel könnte eine neue Liebe finden. Katja sagte sich innerlich von Daniel los und sie fand, das sei eine ausgezeichnete Idee.
„Vielleicht ist sie ja nett und hübsch und er verliebt sich in diese Isabelle.“
Bea war entsetzt und schaute ihre Freundin, die den letzten Satz leicht dahingesagt hatte, entgeistert an.
„Was? Warum sollte er? Ich denke, ihr liebt euch? Wie kannst du so etwas sagen?“
„Ich weiß, es hört sich jetzt vollkommen bescheuert an, aber was wäre denn, wenn das wirklich passiert? Daniel wäre endlich wieder glücklich. Er könnte die schlimme Zeit hinter sich lassen und ganz neu beginnen. Irgendwie macht es doch so, wie es jetzt ist, keinen Sinn. Und gerade, weil ich ihn liebe, muss ich ihn loslassen.“
Bea schüttelte verzweifelt den Kopf. Liebe und Wahnsinn schienen in Katjas Verstand direkt nebeneinander zu wohnen.
„Das verstehe ich nicht“, sagte Bea. „Oder ja, ich verstehe es schon. Aber das kannst du doch nicht wirklich wollen? Dann hast du gar keine Chance mehr, dass es wieder gut wird! Oh Mann! Ich versuche gerade, das in meinen Kopf zu kriegen. Du bist verrückt!“
Katja legte ihr ganz ruhig eine Hand auf den Arm und lächelte. Und dieses Lächeln verwirrte Bea noch mehr, denn Katja schien es ernst zu meinen. Es war unglaublich. Wie konnte man die Liebe seines Lebens einfach so gehen lassen?
In den nächsten Tagen vermieden die beiden Freundinnen das Thema Daniel. Bea war misstrauisch, aber Katja kam ihr gelöster und entspannter vor. Die beiden ahnten ja nicht, was Daniel geplant hatte. So gingen sie weiter schwimmen, ließen sich verwöhnen und tanzten abends ausgelassen.
Sie nahmen nun auch ab und zu Einladungen an und amüsierten sich prächtig. Bea ließ sich in der letzten Nacht sogar zu einem kleinen Abenteuer hinreißen. Sie verschwand mit einem hübschen Italiener, der mindesten zehn Jahre jünger war, in sein Hotel. Katja grinste dazu und wünschte ihr viel Spaß. Sie selbst ging alleine zurück. Am nächsten Morgen war Bea zum Frühstück wieder da.
Sie wurde ganz rot, als sie sagte: „Oh Mann, das war so gut. Ich wusste gar nicht mehr, wie sich das anfühlt. Ein bisschen kann ich dich jetzt verstehen, du mit deinen jungen Männern. Ich habe überall Muskelkater.“
„Du hattest es wohl nötig, meine Liebe. Hauptsache, es hat dir Spaß gemacht, alles andere ist unwichtig.“
Bea küsste Katja, die immer noch ihr sonderbares Lächeln zur Schau trug, auf die Wange. Dann packten sie ihre Sachen und machten sich auf den Heimweg.
Am Sonntag wartete Katja vergebens auf Daniel.
Einen Tag später begann die Schule wieder und Katja war am Vormittag beschäftigt. Sie wählte erst am Nachmittag Daniels Nummer. Niemand meldete sich. Sie legte das Handy weg und setzte sich auf die Couch. Was war los mit ihm? Katja überlegte kurz, ob sie zu ihm fahren sollte, ließ es aber bleiben und rief stattdessen Bea an.
„Hallo Bea, hier ist Katja. Ich habe ein ganz blödes Gefühl. Daniel war am Sonntag nicht hier. Ans Telefon geht er auch nicht.“
„Vielleicht ist er im Funkloch oder er ist krank? Mach dir keine Sorgen, es gibt bestimmt eine ganz einfache Erklärung.“
Bea wollte selbst gerne an das glauben, was sie ihrer Freundin da gerade gesagt hatte, aber im Moment hatte sie wieder ein unklares Gefühl im Bauch. Was, wenn Daniel diese Isabelle schon früher getroffen hatte? Eigentlich war das Treffen erst für morgen geplant. Sie behielt ihre Vermutungen jedoch für sich und wollte Katja auf keinen Fall beunruhigen.
Darum sagte sie in neutralem Ton: „Versuche es doch einfach später noch einmal. Wer weiß, warum er gerade nicht telefonieren kann.“
„Hm … ja … gut … Vielleicht hast du recht. Aber ich mache mir nun mal seit dem letzten Wochenende so meine Gedanken. Außerdem hatte er gesagt, dass er gestern Abend kommen wollte. Also gut, ich probiere es später nochmal. Danke für deine Geduld.“
Sie redeten noch über die Schule und Beas Arbeit und dann ging Katja ins Arbeitszimmer und machte die Vorbereitungen für die kommenden Schultage. Spät abends war sie fertig damit und setzte sich vor den Fernseher. Sie nahm ihr Handy und wählte Daniels Nummer. Es klingelte. Nach einer Weile sprang seine Mailbox an und jetzt war Katja sauer, verwirrt und verängstigt.
Deshalb hinterließ sie ihm eine Nachricht: „Was ist passiert? Bitte melde dich!“
Katja hatte nun doch überlegt einfach hinzufahren, aber diesen Gedanken schob sie abermals beiseite. Wie würde denn das aussehen? Sie wollte Daniel nicht hinterher spionieren. Verzweifelt ging sie ins Bett.
Katja schlief unruhig und wachte am nächsten Morgen unausgeschlafen auf. Der Schultag lenkte sie ein wenig ab, aber als sie dann daheim alleine war, wuchs ihre Unruhe. Bis dahin hatten sie und Daniel jeden Tag wenigstens einmal miteinander telefoniert.
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