Ute Dombrowski
Tabu Liebe in Gefahr
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Inhaltsverzeichnis
Titel Ute Dombrowski Tabu Liebe in Gefahr Dieses ebook wurde erstellt bei
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Impressum neobooks
Tabu
Liebe in Gefahr
Ute Dombrowski
1. Auflage 2017
Copyright © 2017 Ute Dombrowski
Umschlag: Ute Dombrowski
Titelfoto: Lisa Kabel
Lektorat/Korrektorat: Julia Dillenberger-Ochs
Satz: Ute Dombrowski
Verlag: Ute Dombrowski Niedertiefenbach
Druck: epubli
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors und Selbstverlegers unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Irgendwann ist das Leben vorbei und bis dahin sollte man glücklich sein. Katja Sommerschein wusste das, aber sie wusste nicht, wie sie jemals wieder glücklich werden konnte.
Sie hatte vor einiger Zeit ihr Kind verloren und wie betäubt das Krankenhaus verlassen. Nicks Schmerz zu sehen und ihm nichts sagen zu können, um ihn zu trösten und dabei noch ihr eigenes Leid zu ertragen, konnte sie nicht aushalten. So musste sich Nicks Mutter um zwei gebrochene Menschen kümmern.
Man hatte ihnen gesagt, dass es gut wäre, dem totgeborenen Jungen einen Namen zu geben, und so hatten sie ihn Jannis genannt. Man hatte ihnen gesagt, dass es gut wäre, sich zu verabschieden, und so hatten sie die kleine Urne im Friedwald beerdigt. Sie hatten alles getan, was man ihnen gesagt hatte, aber nichts war gut.
Irgendwann konnten Katja und Nick nicht mehr zusammen weinen, sie hörten auf zu reden und trennten sich, obwohl sie sich liebten. Nick zog zurück zu seiner Mutter und später nach Berlin, wo ihm seine Firma einen neuen Ausbildungsplatz vermittelt hatte. Der Abstand half ihm, wieder auf die Beine zu kommen.
Katja war allein zurückgeblieben und beschäftigte sich rund um die Uhr mit dem WARUM. Sie konnte nicht verstehen, warum ausgerechnet sie so viel Leid erleben musste und als sie sich einredete, dass das die Strafe für die vielen falschen Entscheidungen war, fasste Bea sie an den Schultern und schüttelte sie.
„Du bist nicht schuld! Es war ein tragisches Unglück. Katja, bitte lass dich nicht verrückt machen und versuche wieder zu leben.“
„Wie soll das denn gehen? Ich bin Lehrerin und muss jeden Tag Kinder sehen, glückliche, lebendige Kinder. Jannis darf niemals glücklich sein, er wird nie zur Schule gehen! Und nur, weil ich krank war. Das ist alles so unfair!“
Katja weinte nun wieder jeden Tag, sie wunderte sich manchmal, wie viele Tränen in einem Menschen waren. Bea tröstete sie, so gut sie konnte. Aber sie konnte nichts dagegen tun, dass Katja sich allein und schuldig fühlte. Sie waren noch einige Male bei Peter Freitag, dem Psychologen aus dem Krankenhaus, gewesen und der hatte Katja geraten, wieder arbeiten zu gehen. Sie sollte Strategien entwickeln, um die positiven Erinnerungen in den Vordergrund zu rücken.
Die Liebe zu ihrem Beruf trieb sie dann tatsächlich in die Schule zurück, wo sie von den Kollegen warmherzig empfangen wurde. Niemand fragte, keinem musste sie etwas erklären und so ging sie wieder an die Arbeit. Wenn sie die Schüler über ihre Hefte gebeugt sitzen sah, ging ihr Blick über ihre Köpfe hinweg und sie konnte nur daran denken, dass Jannis niemals mit anderen Kindern lernen durfte. Sie musste sich oft zusammenreißen, um nicht aus dem Klassenzimmer zu rennen.
Heute war Samstag und sie war wie so oft seit vier Uhr wach. Wie jede Nacht hatte sie sich herumgewälzt und irgendwann die Augen geöffnet, um in die Dunkelheit zu starren. Es war eine Dunkelheit, die auch in ihrem Herzen Einzug gehalten hatte. Manchmal stellte sie sich vor, es wäre alles nur ein böser Traum gewesen, aber wenn sie zur Besinnung kam, war Jannis immer noch tot und Nick nicht mehr bei ihr.
„Soll das ewig so weitergehen?“, flüsterte sie in die Stille.
Mit einem Ruck setzte sie sich auf.
„Nein! Ich muss etwas tun.“
Sie schaltete das Licht ein, schwang entschlossen die Beine aus dem Bett und schlüpfte in ihre Sachen, die sie sich am Abend bereitgelegt hatte. Arbeiten, Essen und Schlafen hatten in der letzten Zeit ihr Leben bestimmt und nun begann sie den immer wiederkehrenden Ablauf zu durchbrechen. Sie fuhr zum Bäcker, holte sich frische Brötchen und eine Zeitung, deckte liebevoll den Tisch, kochte sich ein Ei und genoss den Morgen, der freundlichen Sonnenschein brachte. Sie saß in der Küche am Tisch, einen Fuß auf dem Stuhl, trank einen Schluck Kaffee und rief Bea an.
„Ja?“, meldete diese sich gähnend.
„Habe ich dich geweckt? Das tut mir leid. Bea, ich muss wieder aus meinem Loch herauskommen, sonst gehe ich kaputt. Denkst du, das ist richtig?“
„Aber ja!“, rief Bea erfreut und war nun wach.
„Ich will ein bisschen durch den Wald laufen, kommst du mit?“
Bea versprach, in einer halben Stunde bei Katja zu sein. Sie war froh, dass ihre Freundin anscheinend den Weg aus dem Kummer gefunden hatte. Katja war aufgestanden, hatte alles abgeräumt, abgewaschen und kramte nun im Wohnzimmerschrank, bis sie einen Bilderrahmen wie eine Trophäe in die Luft hielt. Sie eilte ins Schlafzimmer, entnahm der Erinnerungskiste in ihrem Nachtschrank das kleine Ultraschallbild von Jannis und rahmte es vorsichtig ein. Danach stellte sie es auf das Fensterbrett und strich zärtlich mit dem Finger darüber. Ein winziges Lächeln suchte und fand seinen Weg aus Katjas Traurigkeit.
„Du bist immer bei mir, mein kleiner Engel. Hier kannst du alles sehen und wenn ich abends im Bett liege, erzähle ich dir, was ich erlebt habe.“
Im Wald an der Seite ihrer Freundin ließ sie sich den Kopf vom scharfen Ostwind freipusten. Ja, dachte sie, ich werde wieder leben. Bea hatte nach ihrer Hand gegriffen und genickt.
Ab und zu trafen sich Katja und Bea zum Kaffee oder liefen durch die Stadt. In der Schule hatte sich alles eingespielt und sie hatte wieder Spaß am Unterrichten. Es war, als hätten auch die Schüler aufgeatmet, dass ihre Frau Sommerschein zur liebgewonnenen Leichtigkeit zurückgefunden hatte.
Zu Ostern war Katja bei ihrer Kollegin Lena eingeladen, aber sie fürchtete sich ehrlich vor diesem Nachmittag. Lena hatte zwei kleine Kinder: Nadja, drei Jahre, und Manuel, der schon acht war. Als Katja den Zeigefinger auf den Klingelknopf legte, dachte sie einen Augenblick daran, heimlich zu verschwinden. Aber dann wurde die Tür aufgerissen und Manuel stand vor ihr. Der kleine blonde Junge ließ sie einfach stehen.
„Mama, da ist so eine Frau!“
Lena kam lachend zur Tür und ließ Katja eintreten. Ihre ganze Familie war da und Katja befürchtete neugierige Blicke und Fragen. Das Gegenteil war der Fall. Die Menschen waren freundlich, keiner fragte und niemand erwartete, dass Katja etwas erzählte. Die Offenheit war ehrlich und so fühlte sie sich sofort gut und heimisch. Manuel hatte sie nur kurz angeschaut, aber die kleine Nadja kroch direkt auf ihren Schoß.
„Warum hast du kein Kind mitgebracht?“, fragte sie und Katja musste schlucken.
Sie hielt sich tapfer und antwortete: „Ich habe keine Kinder, aber wenn ich mal welche habe, dann bringe ich sie mit, versprochen.“
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