1 ...8 9 10 12 13 14 ...17 Nachdem sie sich an Moms Ranch erinnert hatten und daran, dass sie ihnen so gut gefallen hatte, waren sie wegen einer Unterbringung auf Mom zugekommen.
Als die Evans heute zu uns kamen, kamen sie nicht als komplette Familie. Mr. und Mrs. Evans wurden von ihren drei Söhnen begleitet. An ihre Namen erinnerte ich mich nicht, aber sie waren im Alter von sechs bis vierzehn Jahren, schätzte ich. Milly war nicht dabei. Ich schüttelte den Evans die Hand und überließ meiner Mom dann Mrs. Evans und den Jungs. Die schienen kein Interesse daran zu haben, den Stall zu sehen, aber Muffins in der Küche unserer Ranch stießen dafür auf umso mehr Begeisterung.
Mr. Evans sah mich dankbar an. „Sehr nett von deiner Mom, extra Muffins zu backen.“ Sein Lächeln wirkte verlegen. „Die Jungs interessieren sich nicht für Pferde, aber wir wollten sie nicht allein im neuen Haus lassen.“
So wild wie sie noch vor meiner Mom unser Haus stürmten, wusste ich ziemlich genau, was Mr. Evans meinte, ohne es auszusprechen. Ich lächelte ihn freundlich an.
„Meine Mom macht das gerne. Machen Sie sich bloß keine Gedanken deswegen.“ Mein Blick glitt zum Transporter. „Wir sollten Autumn Fire nun raus lassen.“
Er nickte und ich wartete darauf, dass er voraus ging. Als Mr. Evans schwieg, sprach ich das Offensichtliche noch einmal von mir aus an.
„Meine Mutter sagte mir, dass die Stute Ihrer Tochter gehört?“
„Ja, sie war ein Geschenk für Milly.“
„Sie liebt Pferde?“
„Das hat sie jedenfalls.“ Er seufzte. „Seitdem Autumn Fire bei uns ist, hat sie nicht viel Interesse an ihr gezeigt“, gab er zu und ich konnte sehen, dass es ihm schwer fiel, sich das einzugestehen.
„Vielleicht ändert sich das noch“, versuchte ich ihm Hoffnung zu machen und dabei optimistisch zu klingen. Als er nichts dazu sagte, lenkte ich schnell ab.
„Erzählen Sie mir von Autumn Fire.“
„Sie ist ein Quarter Horse mit tollen Anlagen. Wir waren über zwei Monate mit den Besitzern in engem Kontakt. Wir wollten Autumn Fire kennenlernen und ich nehme mal an, sie wollten wissen, ob sie bei uns gut aufgehoben wäre.“
„Hat Milly sich während der Zeit mit ihr angefreundet?“
Ich fragte das nicht, um es Mr. Evans noch schwerer zu machen. Ich sah, wie sehr er darunter litt, dass seine Tochter kein Interesse an dem Pferd zeigte. Aber ich musste wissen, ob Autumn Fire eine enge Verbindung zu Milly hatte, um einschätzen zu können, wie sie damit klar kam, das Milly sich nun scheinbar nicht um sie kümmern wollte.
„Sie war nur beim allerersten Mal dabei. Sie hatte viel zu tun mit der neuen Schule und allem.“
Verständnisvoll nickte ich und wartete bis Mr. Evans den Transporter geöffnet hatte.
„Soll ich …“
Ich unterbrach ihn. „Lassen Sie ruhig. Ich mache das.“
Bevor ich in den Transporter kam, blieb ich erstmal draußen stehen und redete leise mit der Stute. Sie sollte sich nicht vor mir fürchten oder beim Klang meiner Stimme erschrecken. Für sie war ich eine Fremde. Während ich mit ihr redete, beobachtete ich genau wie sie ihre Ohren hielt. Sie war still, beinah so als hörte sie mir aufmerksam zu. Sie schnaubte schließlich und es klang neugierig.
Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. „Na dann komm, meine Gute. Dann will ich dich mal hinausführen, damit ich dich richtig sehen kann. Was hältst du davon?“ Ich trat in den Transporter und war froh, dass Autumn Fire das ganz ruhig über sich ergehen ließ. Ich konnte sie ohne Schwierigkeiten hinausführen.
„Das hast du brav gemacht, meine Gute.“ Ich strich ihr über den Hals, was sie zu mögen schien. „Das magst du, nicht wahr?“
Sie schnaubte wieder und ihre braunen Augen sahen so sanft zu mir, dass ich unvermittelt einen Stich im Herzen spürte.
Natürlich sah Autumn Fire ganz anders aus als Grace. Sie war ein Fuchs, aber ihr Fell hatte die typische Färbung eines Red Roan . In der Sonne sah ich hervorragend die weißen Haare in ihrem Fell. Ihre Fesseln an den Hinterläufen waren weiß. Ja, sie sah anders aus. Und sicher war sie auch anders, das merkte ich schon jetzt. Gracie hatte viel mehr Temperament besessen. Sie hätte sich nie so leicht aus dem Transporter führen lassen, sondern ziemlich viel Theater darum gemacht, dass ihr das alles nicht gefiel.
Aber selbst wenn das vor mir nicht Grace war, fühlte ich eine Verbindung zu Autumn Fire, die mich schmerzlich an die erinnerte, die ich verloren hatte. Es tat furchtbar weh.
„Sie ist ein hübsches Mädchen, oder?“
Mr. Evans holte mich mit seinen Worten zurück in die Wirklichkeit.
„Ja“, ich räusperte mich. „Sie ist wirklich eine Schönheit.“
„Das dachte ich auch, als ich sie das erste Mal sah.“
„Ist es Ihnen recht, wenn ich Autumn Fire ein wenig herumführe? Die anderen Pferde sind draußen auf der Koppel. Ich möchte die Chance nutzen und ihr den Stall und ihre Box in Ruhe zeigen.“
„In Ordnung. Das überlasse ich ganz dir. Ich bin sicher, du kennst dich damit besser aus.“
Ich lachte, sagte aber nichts. Es wäre unhöflich gewesen, denn die Wahrheit lag ja auf der Hand. Ich war mit Pferden aufgewachsen. Ich wusste sehr genau, was ich machte und so führte ich Autumn Fire einmal über den Hof, bevor ich sie mit in den Stall nahm. Ich ließ ihr Zeit, die verschiedenen Gerüche aufzunehmen. Sie durfte etwas am Stroh knabbern und ihre Box inspizieren, bevor ich sie zurück nach draußen brachte. Ich führte sie zur Koppel, wo ich sie an einem der Pfosten festmachte. Ich hatte eine Bürste mitgebracht.
Mr. Evans kam zu mir und ich war überrascht, dass er nicht zu seiner Frau ins Haus gegangen war.
„Was machst du jetzt?“, fragte er neugierig.
„Ich massiere sie ein bisschen. Sie kann sich so leichter entspannen und wir lernen uns noch ein bisschen besser kennen. Außerdem können die anderen Pferde sie nun ebenso wittern, wie sie sie. Wenn die Neugier siegt, werden sie kommen und sie begrüßen.“
Aber erst, wenn sie dazu bereit waren und das war der Sinn der Sache.
Mr. Evans deutete auf die Koppel. „Das scheint nicht lange zu dauern.“
Ich lachte, als Penny und Rick herüber getrottet kamen.
„Die beiden sind die Neugierigsten der Bande.“ Außerdem hatten sie keine Angst und Gemüter wie aus Stein. Sie in Unruhe zu versetzen, war nahezu unmöglich.
Das bewies sich zehn Minuten später, als die Jungs von Mr. Evans laut rufend über den Hof zu uns gelaufen kamen. Rick zuckte einmal mit den Ohren, was eher ein Ausdruck von Erzürnung war, als von Angst und Penny reagierte überhaupt nicht darauf.
Autumn Fire schlug aufgeregt mit dem Schweif und warf den Kopf hoch. Aber sobald ich sanft ihren Namen sagte und sie am Hals streichelte, beruhigte sie sich wieder.
„Mama ist gleich fertig, sollen wir dir sagen.“
Mr. Evans drückte seinen jüngsten Sohn an sich und lächelte mich an. „Dann ist es jetzt wohl Zeit.“
Ich erwiderte das Lächeln. „Sie wissen ja, dass Sie Autumn Fire nur hier unterbringen und versorgen lassen. Sie können sie jederzeit besuchen und reiten.“
„Ich glaube das lasse ich lieber.“ Er lachte und der traurige Blick in seinen Augen wich. „Ich bin ein schrecklicher Reiter.“
Er kam zu Autumn Fire, streichelte ihren Hals, während sie ihn aufmerksam ansah und dann trat er zurück, nahm seinen Sohn an der Hand, während die älteren beiden voraus zum Auto liefen.
Ich sah zu, wie die Evans wegfuhren. Danach kam meine Mom zu mir.
„Hast du alles geklärt?“, fragte ich sie.
Sie nickte und streichelte Autumn Fire. „Wie lief es bei dir? Wie macht das Mädchen sich?“
„Sehr gut“, lobte ich sie ehrlich.
Meine Mom sah mich an und lächelte. „Du magst sie.“ Es lagen kein Vorwurf in ihren Worten und auch kein Triumpf. Sie freute sich einfach nur.
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