Bernhard Rothmann schrieb an Heinrich Schlachtschaep und andere Predicanten: „Geliebter Bruder in Christo. Die Wunder des Herrn sind so groß und so mannigfaltig, dass ich, wenn ich auch hundert Zungen hätte, solche doch nicht aufzählen könnte; daher bin ich auch nicht fähig, sie mit der Feder zu beschreiben. Der Herr hat uns herrlich beigestanden. Er hat uns befreit aus der Hand unserer Feinde, und diese aus der Stadt gejaget. Schaarweise sind sie, von panischem Schrecken ergriffen, hinausgestürzt. Dieses ist es, was uns Gott durch seine Propheten hat vorherverkündigen lassen, dass nämlich in dieser unserer Stadt alle Heiligen sollten versammelt werden. Diese haben mir befohlen, dir zu schreiben, dass du allen Brüdern befehlen mögtest, zu uns zu eilen, und alles was sie in der Eile von Geld, Gold und Silber zusammenbringen können, mitzunehmen, das Übrige aber den Schwestern zurückzulassen, dass diese darüber Verfügungen treffen, und alsdann gleichfalls zu uns kommen. Gebet ja fleißig acht, dass ihr alles nach dem Geiste tuet, und nichts nach dem Fleisch. Mündlich ein Mehres. Lebet wohl in dem Herrn.
Mein gnädiger Herr war gerade nach Münster unterwegs, da kamen ihm die abziehenden Knechte und Reiter entgegen. Da fragte mein gnädiger Herr, warum sie wieder aus der Stadt gezogen waren. Sie haben geantwortet, dass sie einen Vertrag gemacht haben und wollten in Freundschaft von seiner Gnaden scheiden. Das hat meinem Herrn nun gerade nicht behagt und er ist zornig geworden und hat gesagt: „Da haben aber alle Teufel gewirkt“, dass die Knechte und Reiter nicht in der Stadt geblieben sind. Wäre er dabei gewesen, hätte sich die Sache mit den Wiedertäufern ganz anders entwickelt.
Als nun die Landsknechte und Reiter aus der Stadt gezogen waren, und die Wiedertäufer diese wieder besetzt hatten, haben sie sich verschanzt. Und da wollten sie auch genau wissen, wer sich nicht taufen lassen wollte und wer gegen sie war. Als die Knechte und Reiter in der Stadt Münster waren und die Stadt beherrscht hatten, da haben die Gegner der Wiedertäufer, die sich nicht taufen lassen wollten, Strohkränze an ihre Türen gehängt, damit die Knechte und Reiter diesen Leuten nicht schaden. Und die Wiedertäufer haben keine Strohkränze an ihre Türen gehängt, und so war offenkundig, wer zu wem gehört.
Als die Wiedertäufer die Stadt wieder für sich allein gehabt hatten und alle Knechte und Reiter weg waren, da haben sie in der Stadt gepredigt, wie Gott die Buren ins Herz geschlagen hat und was für ein Feuer sie in der Luft gesehen haben. Und sie haben viele Frauen und Männer getauft. Sie haben auch nach Holland und Friesland Briefe geschickt, was für ein großes Mirakel in Münster geschah, wie Gott die Buren ins Herz geschlagen hat, so dass sie sich aus der Stadt zurückziehen mussten, und was für ein Feuer sie in der Luft gesehen haben. Da sind die Friesen und Holländer aus allen Landen nach Münster gezogen.
So waren die Wiedertäufer in der Stadt Münster gefürchtet und sind in den Dom gezogen und haben ihn geplündert, und haben alle Pfaffen hinausgejagt. Sie haben dem Küster die Schlüssel abgenommen und haben den Dom komplett verschlossen und haben die ganze Einrichtung entzwei geschlagen, und haben so zwei oder drei Tage im Dom gelegen und haben darin gesungen und gesprungen und alle Heiligtümer zerschlagen und verbrannt und so Tag und Nacht im Dom gelegen und getrunken. Da ist in der Stadt ein großes Gerücht aufgekommen, dass sie im Dom liegen und alles entzwei schlagen. Darauf sind die Domherren und die anderen Pfaffen nicht wieder in den Dom gekommen, ehe die Stadt Münster gewonnen war.
Als nun der erste Montag in der Fastenzeit gekommen war, da haben die Wiedertäufer den alten Stadtrat abgesetzt und haben einen eigenen Rat gewählt ( 23. Februar 1534 ). Sie haben als Bürgermeister Knipperdollingk und Kipenbroick eingesetzt, und alle diejenigen, die sie noch in den Rat entsandten, waren alle miteinander Wiedertäufer, denn sie wollten unter sich sein.
Nachdem sie ihren Rat eingesetzt hatten, sind sie mit der Macht ausgezogen und haben ein Dorf mit seiner Kirche niedergebrannt, unweit von Münster, namens St. Mauritius. Darüber war mancher Mensch in Münster sehr betrübt; sie sagten untereinander, dass so etwas nimmermehr geschehen dürfte. Das sagten die Bürger, die mit den Wiedertäufern nichts zu tun haben wollten, sie haben auch nicht geholfen, das Dorf zu schlagen, sondern waren in der Stadt geblieben.
Nachdem die Wiedertäufer das Dorf niedergebrannt hatten, sind sie wieder in die Stadt gezogen und ein jeder ist nach Haus gegangen. All dieses hat der Pfaffe Stutenbernt und Knipperdollingk mit seinen Gesellen angeordnet.
Nun kam der Freitag, nach dem Montag an dem sie den Rat gewählt haben. Da sind sie des Morgens um sieben Uhr in die Stadt gelaufen, die Straßen hoch und runter und haben gerufen: „Heraus ihr Gottlosen, Gott ist erwacht und will euch strafen.“ So liefen sie durch die Stadt mit ihren Waffen, mit Spießen und Hellebarden und schlugen die Türen ein und haben jeden aus der Stadt gejagt, der sich nicht taufen lassen wollte. Diese mussten alles stehen und liegen lassen, was sie hatten, Haus und Hof, Frau und Kind und mussten so jämmerlich aus der Stadt ziehen. Es sind Männer und Frauen, die gesamte Geistlichkeit, Mägde und Kinder an dem nächsten Freitag der Fastenzeit, vormittags aus der Stadt gezogen. Es ist ein schlechtes Wetter gewesen, mit Regen, Schnee und starkem Wind. Man dürfte an einem solchen Freitag keinen Hund aus der Stadt gejagt haben, so schlecht war das Wetter. Andere Bürger und Geistliche haben bereits vor diesem Tage die Stadt verlassen. Wären diese geblieben, so hätten sie ebenfalls an diesem Freitag die Stadt verlassen müssen.
Nachdem das Volk so zahlreich aus der Stadt gezogen ist, da gab es ein großes Geschrei von den Frauen und Kindern in der Stadt Münster. Diejenigen Männer, Frauen und Kinder, die trotzdem in der Stadt geblieben sind, wurden mit Gewalt zur Taufe gezwungen, wie ihr noch hören werdet. So mussten diese Bürger und Frauen, die an jenem Freitag in der Stadt geblieben waren, auf den Markt gehen und sich taufen lassen. Da standen auf dem Markt drei oder mehr Predicanten, und tauften die Leute. Sie sagten zu den Leuten die sie tauften, dass sie das Böse lassen sollen und Gutes tun, und jeder hatte einen Eimer Wasser vor sich stehen. So gingen die Leute vor den Predicanten in die Knie und der Predicant taufte die Leute mit drei Händen voller Wasser, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen. Genauso haben sie die Leute getauft. Diese Tauferei dauerte drei Tage lang. Diejenigen, die getauft waren, gingen anschließend in des Bürgermeisters Haus, Kipenbroick oder Knipperdollingk‘s und ließen sich ihren Namen ändern.
Einen Teil der Leute haben die Predicanten auch in ihren Wohnungen getauft – alte und kranke Männer und Frauen, die nicht auf den Markt gehen konnten und die auch nicht auf den Markt gehen wollten.
Danach nahm man sie wieder in Gnaden.
Zu den anderen, die vor dem Freitag getauft wurden, da kann ich nicht viel drüber schreiben.
Als sie an dem Freitag die Menschen zu der Taufe gedrungen haben, haben sich diese taufen lassen, weil sie nicht aus der Stadt vertrieben werden wollten; aber auch nach der Taufe lebten sie in der gleichen Armut wie vorher und glaubten nicht, dass sich daran bald etwas ändert. Die anderen Bürger, Frauen und Geistliche, die die Stadt verlassen hatten oder mit Gewalt vertrieben wurden, die glaubten ebenfalls nicht, dass sich die Sache so bald ändert und dass sie in drei oder vier Tagen wieder in die Stadt zurückkommen dürften. O Herr Gott, wie haben sie das Volk verraten und um all seinen Wohlstand, um Hab und Gut und einen Teil ums Leben gebracht. Hätten die, die sich an diesem Freitag taufen ließen, gewusst, was die Predicanten im Schilde führen, es wäre niemand in der Stadt geblieben, sondern alle wären ausgezogen.
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