Zur selben Zeit sollte Tillebecke, welcher vor der Taufe ein Bürgermeister gewesen ist und am Ende der Hofmeister des Königs wurde, auch ins Gefängnis. Derselbe Tillebecke hatte dem Bischof von Münster geholfen, dass die Reiter und Landsknechte in die Stadt kommen konnten. Deshalb wollten die Propheten ihn auch totschießen.
So haben die Propheten und Predicanten zu dieser Zeit in der Stadt Münster geherrscht. Und es war nicht das einzige Mal, dass sie jemanden getötet haben und dass sie so gestraft haben.
In der Stadt war ein fremder Landsknecht. Der hatte gesagt, dass er Schlachtschaep mit seinem Gewehr, das er geladen hatte, töten wollte. Dieser Knecht hatte mit Schlachtschaep einen Streit und hat ihn angeschrien. Das wurde den Propheten und Predicanten verraten. Die Propheten und Predicanten ließen den Knecht fangen und ins Gefängnis bringen. Am anderen Tag haben sie auf dem Domhof öffentlich Gericht gehalten und ließen den Landsknecht holen. Sie haben ihn angeklagt, dass er gesagt hatte, den Predicanten Schlachtschaep zu töten, und dass er des Todes würdig sei und sterben sollte. So haben sie den Knecht an einen Baum gebunden und totgeschossen.
Dies war kein Einzelfall. Hier der Brief eines von den Münsterschen gefangenen Mannes an den Bischof Franz, Juni anno 1534:
Hochwürdiger hochvermögender Fürst und Herr, gnädiger lieber Herr. Es ist Ihnen sicher noch in frischer Erinnerung, dass ich der Gefangenschaft halber nach Münster gebracht wurde, ebenso, dass ich jämmerlich verwundet wurde am Rücken, Kinn, Hals und Bein und am Arm, aber doch bei Bewusstsein. Selbst wäre ich ein Missetäter gewesen, man sollte mich nicht so behandelt haben, wie mich armen Kerl. Als ich mit all meinen Wunden innerhalb der Stadt ankam, waren mehr als zwanzig, die mich durchstechen wollten. Des anderen Tages wollten sie mich im Bett erstechen, des dritten Tages aufhängen. 8 Tage danach auf dem Domplatz haben die Heillosen viel gerichtet. So gegen den ehrwürdigen Herman Ramert mit dem ich vor Zeiten zusammen war, der hier nicht wenig verachtet wurde, denn seine Ansichten und Vornehmheit sind anders gewesen. Er wollte aber seine Frau und Kinder nicht verlassen und so wurde er angeklagt. Ich denke, dass er dem Tode geweiht ist.
Ich war wohl einen Monat unpässlich. Dann zwangen sie mich, dass ich mit ihnen vor den Toren sein muss. Nun ist aber mit unwilligen Hunden kein Hase zu fangen. Hier kommt jeder hinein, sie geben ihm ein Haus und eine Frau. Rechtschaffene kommen nicht hierher. Sie haben mich aufgefordert, von Adeligen zu nehmen. Sie bemerkten, dass ich nicht wollte, aber sie durften mich nicht so einfach umbringen, denn ihre Gesinnung erlaubt ihnen nicht, einfach so Gefangene zu töten. Denn das Leben ist ihnen heilig. Aber ihre Statuten und Ordinarien werden weit ausgelegt.
Gibt es Gott, so komme ich in Kürze hier raus. Mir ist jämmerlich zumute; ach könnte ich hinauskommen.
G.i.f.g. armer Diener
Nachdem sind die Propheten, Predicanten und der ganze Stadtrat zusammengekommen, um ein gutes Gemeinwesen zu schaffen. So haben sie als erstes entschieden, dass diejenigen, die Kupfergeld hatten, dieses zum Rathaus bringen sollten, man würde ihnen anderes Geld dafür geben. So ist es geschehen. Und so sind sie fortan weiter einig geworden und haben beschlossen, dass alles Gut gemein sein soll, dass jeder sein Geld, Gold und Silber bringen soll, was letztlich auch ein jeder getan hat. Als die Propheten und Predicanten darüber mit dem Rat einig waren, haben sie das in den Predigten verkündet, dass alles Gut der Gemeinschaft gehören soll und das jeder so viel haben soll, wie der andere, egal ob sie vorher arm oder reich gewesen sind. Sie haben in der Predigt gesagt: „Liebe Brüder und Schwestern; jetzt wo wir beschlossen haben, dass wir alle gleich sind, Brüder und Schwestern, ist es Gottes Wille, dass wir unser Geld, Silber und Gold zu den anderen bringen. Der eine soll so viel haben, wie der andere. So soll ein jeder sein Geld auf die Schreibstube im Rathaus bringen. Dort soll der Rat sitzen und das Geld empfangen.“ So hat der Predicant Stutenbernt fortan gesagt: „Ihr, Christen, sollt kein Geld, Silber oder Gold haben. Es ist ein Gebot, dass alle Christen Brüder und Schwestern sind, und dass dem einen genauso viel gehört, wie dem anderen. Nichts sollt ihr besitzen, sei es Kost, Kleider, Haus und Hof. Was ihr benötigt, dass sollt ihr bekommen. Gott will, dass jeder wie der andere ist. Er hört uns alle. Meins ist auch deins und deins ist auch meins.“
So haben sie die Leute überredet dass viele ihr Geld, Silber und Gold und alles was sie hatten, gebracht haben.
Aber es ist weiter ungleich zugegangen in der Stadt Münster, in der der eine so viel wie der andere haben sollte. Da haben einige Leute in der Stadt ihr Geld, Silber und Gold abgegeben und haben nichts für sich behalten. Und ein anderer Teil der Leute hat einen Teil abgegeben, aber auch etwas behalten. Und noch ein Teil hat überhaupt nichts abgegeben. Diejenigen, die ihren gesamten Besitz abgegeben haben und nichts für sich behielten, sind gute Christen gewesen und haben Gottes Wort geliebt. Die, die etwas abgegeben haben, aber auch etwas für sich behalten, sind noch nicht reinen Herzens gewesen, denn sie haben noch gezweifelt. Diese sollten noch zu Gnaden kommen und gute Christen werden. Sie sollten weiter zu Gott beten. Die anderen aber, die ihr Geld, Silber und Gold behalten hatten, sind am nächsten Freitag zur Taufe gezwungen worden, sie sind noch gottlos.
So haben sie das Volk auf dem Markt zusammengerufen und haben dort eine Predigt gehalten. Da hat Johan van Leyden gesagt, dass es Gottes Wille sei, dass jeder sein Geld, Silber und Gold abgeben solle. „Dieses Geld, Silber und Gold ist zu unserem Besten, wir werden es behüten.“ Sie haben so grauenvoll gepredigt, und haben große Strafen angedroht, wenn jemand sein Geld behalten würde. Wenn sie jemanden erwischen konnten, der sein Geld, Silber und Gold behalten hatte, den schlossen sie aus der Gemeinschaft aus und straften ihn so, dass niemand daran denken wollte, einen Teil zu behalten.
Das Aufbringen des Geldes hat zwei Monate lang gedauert, während sie so grauselig gepredigt und gestraft haben, dass niemand etwas behalten dürfe. So haben sie noch in den Predigten sagen lassen, dass wer noch etwas behalten hätte, könnte sich jetzt noch offenbaren und abgeben, dann würde er noch in Gnaden kommen. Nach dieser Zeit gäbe es aber keine Gnade mehr, die Gnadentür wird zu gehen. Wer noch etwas hatte, ließ sich überreden, alles abzugeben.
Als der Besitz in Allgemeingut übergegangen war, da haben sie in jeder Kirchengemeinde drei Diakone eingesetzt, die das Gemeingut, Früchte, Korn und Fleisch und allerlei andere Nahrungsmittel, die in der Stadt waren, verwalten sollten. Dieselben Diakone gingen in alle Häuser und besahen, was ein jeder an Kost, Korn und Fleisch in seinem Haus hatte, und schrieben alles auf. Sie gingen auch durch die Stadt. Jeder Diakon ging in seiner Kirchengemeinde herum, und sollte sehen, welche armen Leute in der Stadt waren und sollte dafür sorgen, dass diese keine Not zu leiden hatten. Dieses taten sie anfangs zwei oder drei Mal, dann aber wurde es vergessen, damit sie noch genug Proviant hatten in der Stadt. Mit einem guten Schein trieben sie es so in der Stadt Münster. Da sie alles in den Häusern aufgeschrieben hatten, konnte niemand mehr frei über seinen Besitz verfügen. Nur was sie übersehen hatten, konnte selber verzehrt werden.
Sie haben auch an jedem Tor ein Haus gehabt; es war ein Haus der Gemeinschaft. Darin gingen alle, die an dem Tor Wache hielten oder an den Gräben arbeitete, essen. Für jedes Tor gab es einen Hauptmann und einen Predicanten und auch Rottenmeister. Der Hauptmann hatte auch einen Leutnant, der das Volk in Zwang hielt.
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