Ferner, meine lieben Junker, ich habe meine Wacht gegenüber dem Clevischen Blockhaus vor Münster vor dem Kreuzthor. Da könnte wohl einer rufen bei Abend oder bei lichtem Tag, und rufen Hans von Brieilen - und rufen nicht Meister Heinrich, denn, merken sie es in der Stadt, so käme ich doch um den Hals - so wollte ich sobald hinauskommen, als ich könnte. Meine lieben Junker, tut doch das Beste. Ich will euer armer Diener sein, so lang ich lebe.
Meister Heinrich, Schreiner zu Münster. Gedenket meiner.
SUMMARISCHE ERZÄHLUNG UND BERICHT DER WIEDERTAUFE UND WAS SICH IN DER STADT MÜNSTER IN WESTPHALEN IM JAHRE 1535 ZUGETRAGEN HAT
It is unmoeglich tho schriven ofte tho seggen, und niemantz kann es geloven, als datselve geschehn is.
Gresbeck
Genau wie Uneinigkeit und Zwietracht zwischen den Bürgern und Gemeinen nichts Gutes schafft, sondern Bosheit verursacht, so geschah es auch zu Münster in Westphalen. So war auch der Anfang von der Wiedertaufe in Westphalen in der Stadt Münster, dass die Bürger gegeneinander gewesen sind, und dass die Bürger regiert haben, die die Wiedertaufe von einem Pfaffen, Bernhard Rothmann, oft auch Stutenbernt genannt, angenommen hatten, wie Knipperdollingk samt seinem Anhang. Die anderen Bürger und die Geistlichkeit sind dagegen gewesen. Sie mussten alles zurücklassen was sie hatten und davonziehen, denn die anderen Bürger haben sie an einem Freitag ( 27. Februar 1534 ) davongejagt. Der Bischof von Münster, Osenbrugk ( Osnabrück ) und Minden, Graf Franz von Waldeck, hat die Stadt mit Reitern und Landsknechten belagert, um sie zurückzuerobern und die Wiedertäufer zu strafen, Holländer und Friesen, die sich in Münster für Propheten ausgegeben hatten. Johan van Leyden ist ein Schneider gewesen, gab sich für einen Propheten aus und wurde zum Schluss zum König der Wiedertäufer gekürt. Johan Matthis, ein Holländer gab sich ebenfalls für einen Propheten aus; und ein Teil anderer Holländer und Friesen, nannten sich Predicanten ( Hilfsprediger ). Wie dieselben innerhalb Münsters regiert haben und wie sie das gemeine Volk belastet haben, und was sie mit der Taufe im Sinne hatten, und wie sie das gemeine Volk verrieten und um Hab und Gut und Leben gebracht haben, und dass sie die Kirchen und Klöster zerstörten, das alles folgt hier.
Am Anfang, als die Taufe in Münster begann, hat sich ein Teil der Bürger und Frauen gefürchtet, und versucht aus der Stadt zu kommen. Sie nahmen mit, was sie tragen konnten. Zum Schluss haben sie niemanden mehr mitnehmen lassen, was er tragen konnte. Die Wiedertäufer standen jeden Tag an den Toren und kontrollierten, was die Leute aus der Stadt mitnahmen. Hatten sie mehr bei sich, als erlaubt, dann nahmen sie es den Leuten weg und schnitten den Frauen Haken in die Krägen und die Knöpfe von den Ärmeln der Kleider.
Sie haben einen Toten außerhalb des Tores auf dem Feld begraben. Diesem Toten ward es nicht zugemutet, dass er auf dem Kirchhof zwischen den ganzen Gottlosen liegen solle, denn dieser Tote war ein Wiedertäufer. Als dies geschah, den Toten auf dem Feld zu begraben, sind die Bürger und die Frauen vermehrt aus der Stadt geflohen, denn es verstärkte sich das Gerede, dass die Wiedertäufer die Stadt für sich allein haben wollten.
Wenn es am Abend begann dunkler zu werden, haben die Wiedertäufer die Straßen heimgesucht und gerufen, „betet und tuet Buße, Gott wird euch strafen“, und, „bessert euch,“ und sie riefen, „Vater, Vater, rette uns, rette die Gottlosen, Gott will sie strafen.“ Nun, Gott hat sie gestraft und hat sie ausgerottet. Ein Teil der Leute in der Stadt sagten, dass die Wiedertäufer die Rufer dazu gekauft haben, dass sie abends und des Nachts auf den Straßen rufen, damit sie das Volk verschrecken und verwirren. So pflegten sie auch nachts in den Häusern und Höfen zu predigen, weil sie nicht bei Tage predigen wollten. Da hatten sie die Stadt noch nicht vollständig erobert. Doch sie hatten bereits die Schlüssel zu allen Stadttoren und versperrten jede Nacht alle Straßen und Gassen mit ihren Ketten. Das taten sie so lange, bis sie alle ihre Widersacher davongejagt hatten. Nachdem sie die Bürger und die Geistlichen alle verjagt hatten, jung und alt, da schlossen sie des Nachts keine Straßen mehr. Da waren sie unter sich und die Herren in der Stadt Münster. Wer nicht bleiben wollte, der mochte die Stadt verlassen, oft wurde er totgeschlagen. Sie wollten wohl ihre Widersacher nicht vor diesem Freitag fortgejagt haben, weil sie das nicht durchführen wollten, ehe sie einen neuen Stadtrat gewählt haben. Der Rat in Münster sollte gewählt werden, am ersten Montag in der Fastenzeit ( 23. Februar 1534 ). Bis dahin wollten sie warten.
Als nun dieser Montag in der Fastenzeit gekommen war, haben sie den alten Rat abgesetzt und einen neuen gewählt. Dieser war mit Wiedertäufern besetzt. Da wurden gewählt: Knipperdollingk und Kipenbroick zu Bürgermeistern, und andere Wiedertäufer zu Ratsherren, so wie man einen Rat in den Städten zu wählen pflegt.
Hier will ich anmerken, dass die Bürger von Münster bereits vor einiger Zeit begannen aus der Stadt zu ziehen. Dies geschah bereits ehe die Taufe nach Münster kam – ein Jahr oder drei vorher. Sie haben einen Teil der Räte von Münster gefangen, einige Domherren und Edelleute, die in Münster wohnten und Bürger von Münster waren. Dieselben haben sie bei Nacht geholt und in ein Städtchen, genannt Telget ( Telgte ) gebracht; das liegt eine Meile Weges von Münster ( 26. Dezember 1532 ). Wie diese Sache ausgegangen ist, darüber kann ich nicht schreiben.
Nun hat der Pfaffe Stutenbernt in einem Dorf namens St. Mauritius, was in einer Kanonikerei nahe Münster liegt, gepredigt. Als dieser Pfaffe zu predigen begann, sind die von Münster zu ihm gezogen, und alle hörten die Predigten. Am Ende ist der Pfaffe noch in die Stadt gekommen, um zu predigen, damit auch der Letzte noch seine Predigt hören soll. So ist diese ganze Sache ganz schnell und tief verbreitet worden, dass sie nicht wieder rückgängig gemacht werden konnte. Über die Predigten dieses Pfaffen ist es zu großer Zwietracht zwischen dem Rat, den Bürgern und der Geistlichkeit in der Stadt Münster gekommen. So ist dieser Pfaffe an der Zwietracht in Münster Schuld.
Im Jahre 1532 (das genaue Datum ist nicht bekannt) schrieb Philipp Melanchton an Rothmann: „Nichts hat sich jemals wider meine Erwartung zugetragen, als dass ich vernehme, dass Sie die Taufe der Kinder verwerfen und verbieten. Kein Gelehrter hat solches bisher getan. Über viele andere Meinungen ist zwar gestritten worden, alle aber sind der Meinung gewesen. Die Taufe der Kinder sei entweder erlaubt, oder sie sei notwendig. Ich bitte Sie deswegen gar sehr, und um Christi willen, dass Sie die Ruhe der Kirche beherzigen, und die Kindertaufe nicht abschaffen, denn es ist kein Grund vorhanden, warum es nötig wäre, sie abzustellen. Da es dem also ist, ist es wohl ratsam, dass ohne Ursache ein so großes Ärgernis und so große Unruhen erreget werden? Sie sehen, was ich davon denke. Zwar vermute ich schon, wie hoch mein Urteil bei Ihnen werde angeschrieben stehen. Dem ungeachtet habe ich es Ihnen doch schreiben wollen, und das fürnämlich deswegen, weil ich andern eben das geschrieben habe. Wollte Gott! Geliebter Freund, wir könnten mit vereinigter Mühe diejenigen Schriftstellen erläutern und erklären, welche der Kirche notwendig sind. Wir haben, wie Sie sehen, Feinde genug. Diese hätten nichts lieber, als dass wir uns durch gegenseitige Zwietracht aufrieben, und als Brüder uns umbrächten. Christus wolle Ihren Sinn, mein Werthester, zum Preise des Evangeliums, lenken. Einige scheinen sich hauptsächlich darauf zu legen, dass sie das, was die Heilige Schrift in sich enthält, nach dem Sinn der Welt drehen; welches nicht allein gefährlich ist, sondern auch wider Gottseligkeit streitet. Obschon ich keiner von denen bin, die viel auf abgeschmackte Meinungen halten; so sehe ich doch, dass die schlauesten Köpfe, welche den geistlichen Sinn in einen weltlichen verwandeln wollen, bisweilen sich betrogen finden.
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