Der allein hat die Macht, Glaubensartikel zu machen, der die Macht hat, zu versprechen und zu geben. Die Kirche Christi ordnet den Glauben, die Sitten und alle Handlungen nach der Richtschnur des Wort Gottes. Allen Verordnungen der Menschen also, die mit dem Evangelio Christi streiten, ist man nicht zu gehorchen schuldig. Der Beifall der Menschen, die hergebrachte Gewohnheit, das Ansehen der Lehrer und die Andacht des Herzens (wie man sich auszudrücken pflegt) bestimmen nicht den Wert einer Handlung, sondern allein die Heilige Schrift.
Die Gläubigen werden unter dem allgemeinen Namen, der heiligen katholische Kirche begriffen; nicht darum, weil sie einerlei Kirchengebräuche, sondern, weil sie einen Gott, ein und dasselbe Wort des Evangeliums, denselben Geist, und dasselbe Haupt, welches Christus ist, haben.
Von den Kirchengebräuchen
Die christliche Kirche hat die Macht, Kirchengebräuche zu verordnen, doch so, dass dieselben nicht mit den Glaubensartikeln und Lebenslehren streiten. Ferner müssen sie so sein, dass es nicht unmöglich falle, sie zu verrichten; auch darf die Kirche in der Vorschrift derselben nicht die Grenzen ihrer Gewalt überschreiten. Endlich müssen sie von der Art sein, dass sie das Gewissen nicht beunruhigen, noch fesseln.
Kirchengebräuche sind solche, welche mit Einwilligung der Kirche angeordnet sind, damit die heiligen Sakramente gehörig bedient, und alle übrigen Übungen der Gottseligkeit ordentlich angestellt werden.
Gleich wie diejenigen Zeremonien, welche der Aberglaube, dem Glauben und dem Wort Gottes zuwider, eingeführet hat, nicht so sehr unnütz, als vielmehr gottlos sind; so sind diejenigen nur allein für nützlich zu halten, welche mit dem Glauben und dem Wort Gottes übereinkommen, und zur Erbauung der Kirche gereichen.
Von den Dienern der Kirche
Einer ist der wahre Diener der Kirche, nämlich Christus, der dieselbe inwendig durch seinen Geist in dem Wort des Glaubens zur Seligkeit unterrichtet. Dieser große Lehrer hat auf Erden einige zu Bischöfen, einige zu Predigern und Diakonen gemacht, welche durch das äußere Wort die Kirche unterrichten, und regieren, damit alles ordentlich zugehe.
Alle Christen sind Priester, weil sie alle ihre Leiber Gott zum heiligen Opfer darbringen müssen; unterdessen sind sie jedoch nicht alle Kirchendiener. Diejenigen sind erst wahre, geistliche Kirchendiener, welche, durch den Heiligen Geist erleuchtet, das Evangelium predigen, die Sakramente verrichten und den Armen dienen.
Drei Dinge liefert das Evangelium der Kirche: 1. Die Lehre vom Glauben, 2. einen Unterricht, wie unsere Handlungen eingerichtet werden müssen, und 3. Zeichen der verheißenen Güter.
Von den Sakramenten
Diese Zeichen sind weder die Gerechtigkeit selbst, noch Früchte derselben. Sie sind Bilder, die uns an die Verheißung der göttlichen Gnade erinnern und uns versichern, dass wir mit Gott versöhnet seien. Dergleichen Zeichen haben wir unter dem Neuen Testament zwei, nämlich die Taufe und das Abendmahl. Die Taufe ist ein gewisses Zeichen, wodurch angedeutet wird, dass wir durch den Tod zum Leben übergehen. Denn, gleich wie dem israelitischen Volk der Durchgang durch den arabischen Meerbusen zum Zeichen der göttlichen Gnade diente; so ist es für uns ein ungezweifeltes Unterpfand der göttlichen Gnade, getauft zu werden mit Wasser in dem Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Denn hierdurch wird zu erkennen gegeben, dass uns die Sünden von allen drei Personen des göttlichen Wesens erlassen werden. Diese Verheißung, wenn sie zum Heil der Seelen angenommen werden soll, (und dieses geschieht durch den Glauben) verdienet, dass sie ganz deutlich ausgesprochen werde, damit ein jeder Zuhörer sie vernehmen könne.
Von dem heiligen Abendmahl
Das heilige Abendmahl ist ein Zeichen der uns durch Christum erteilten Gnade Gottes. Der wahre und alleinige Nutzen dieses Sakraments ist der, dass wir dadurch des Glaubens und der Seligkeit vergewissert werden. Denn so, wie Gideon dadurch, dass er das Fell nahm (Buch der Richter, Kap. 6), Gewissheit bekam, er werde in seinen Unternehmungen glücklich sein; ebenso werden auch wir, wenn wir den Leib Christi essen und sein Blut trinken, von der uns durch Christum erworbenen Gnade jedes Mal aufs Neue überzeugt. Vermöge des Zeugnisses der Heiligen Schrift, und der Einsetzung Christi, müssen alle das Heilige Abendmahl unter beiderlei Gestalt, wie man sich auszudrücken pflegt, genießen.
Von der Messe
Die so genannte Messe ist kein wirkliches Opfer, sondern ein Zeichen eines wahrhaftigen Opfers. Denn, gleich wie Gideon dadurch, dass er das Fell nahm, nichts darbrachte; also bringen auch wir nichts dar, wenn wir Tischgenossen des Herrn sind. Die Christen haben jetzt kein Opfer für die Sünde mehr nötig. Denn Christus hat durch ein einziges Opfer diejenigen auf beständig vollkommen gemacht, die geheiligt werden.
Gleichwie Christus nicht mehr stirbt; so wird er auch nicht mehr in der Messe dargebracht. Diejenigen Messen, welche für andere, und zwar um ihrer Sünden willen gelesen werden, sind äußerst gottlos, ja eine wirkliche Gotteslästerung, und nützen im Geringsten nichts. Wie ein jeder für sich selbst getauft wird; so hat auch ein jeder seinen Anteil an dem Tisch des Herrn. Die Messe, oder das Abendmahl des Herrn, hat weiter keinen Nutzen als sich dabei des Todes Christi zu erinnern, und uns auf das Neue gewiss zu überzeugen, dass Gott uns werde gnädig sein, und zugleich den Vorsatz in uns zu erneuern, den Geboten Gottes nach allen unseren Kräften Genüge zu leisten.
Wenn die Worte der Messen vernehmlich ausgesprochen werden, so erfährt ein jeder die Absicht und den Nutzen dieses Sakraments. Man spreche demnach diese Worte mit heller und deutlicher Stimme aus.
Die Messen für die Seelen der Verstorbenen, um sie nämlich dadurch aus dem Fegefeuer zu erlösen, sind bloße Erfindungen, wobei man keine andere Absicht hat, als den einfältigen Leien das Geld abzulocken. Die Erscheinung der abgeschiedenen Seelen, sind entweder bloße Träume oder Betrügereien des Teufels.
Bei den Toten sich nach der Wahrheit einer Sache erkundigen, ist Unrecht, ja ein Gräuel in den Augen Gottes.
Von dem Fegefeuer
Das Fegefeuer, von welchem man glaubt, dass es die Verstorbenen von dem Überrest der Sünde reinige, ist eine bloße gottlose Erdichtung. Die Meinung von diesem Fegefeuer streitet offenbar mit der ganzen Heiligen Schrift. Denn wenn dasselbe den Menschen von allem Unflat der Sünde reinigen kann, so sind die Verheißungen Gottes eitel und falsch. Denn Gott verspricht nur die Vergebung der Sünden durch Christum, und diese erlangen keine anderen, als die Gläubigen. Die Gläubigen aber, die dieser Verheißung teilhaftig werden, sind solche, welche aus Reue über ihre Sünden, täglich ihr Fleisch samt den Lüsten und Begierden kreuzigen; und dieses ist die wahre Reinigung unsers alten Menschen.
Von der Buße
Die Buße ist eine Tötung des alten Menschen, und eine Erneuerung des Geistes. Diese Tötung geschieht durch das Gesetz, wenn sich die Sünde zeigt. Die Lebendigmachung geschieht durch das Evangelium, wenn uns die Vergebung der Sünden erteilt wird. Denn das Gesetz hält uns die Sünde vor, erschreckt und tötet uns. Das Evangelium aber verkündigt uns die Vergebung der Sünde, richtet uns auf und tröstet uns. Die Buße macht, dass wir unsere Sünden bekennen, und nach der Vergebung derselben verlangen. Ohne Buße ist die Beichte vergebens.
Von der Beichte
Die Buße besteht nicht darin, dass man fünf Vaterunser betet, nicht im Fasten noch in irgendeiner leiblichen Übung; sondern in einem ernstlichen Hass wider die Sünde durch den Heiligen Geist. Die beichten recht, die ihre Sünden bekennen, dieselben hassen, an ihren eigenen Kräften verzweifeln, und daher zu Christo ihre Zuflucht nehmen, und auf ihn vertrauen. Diejenigen trauen aber recht auf Christum, die sich ernstlich bemühen, seinem Bilde ähnlich zu werden.
Читать дальше