hank hansen
Das hässliche Gesicht einer Ehe
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel hank hansen Das hässliche Gesicht einer Ehe Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel1
2.Kapitel
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
EPILOG
Impressum neobooks
H ank H ansen
Das hässliche Gesicht
einer Ehe
- Schicksalsroman -
So theatralisch wie es auch klingen mag, aber mein Schicksal wurde mir bereits in die Wiege gelegt und eine Katastrophe nach der anderen sollte meinen zukünftigen Lebensweg bis hin zum 52. Lebensjahr begleiten. Mein Dasein hatte ich sowieso nur einem Zufall und dem Liebhaber meiner Mutter zu verdanken, der auf keinen Fall eine Abtreibung wollte. Warum er meine Mutter dann aber trotzdem noch vor meiner Geburt verließ, auf diese Frage habe ich nie eine Antwort erhalten und weiß es leider bis heute nicht.
Ich wurde im Spätsommer 1946 in Braunschweig als ein sogenanntes Besatzungskind unehelich geboren, und zwar zu einem Zeitpunkt, als halb Deutschland noch in Schutt und Asche lag.
Auch die Stadt Braunschweig war im Oktober 1944 durch einen verheerenden Bombenangriff der britischen Air Force völlig zerstört, und der gesamte mittelalterliche Stadtkern brannte vollständig aus. Es war gerade das erste Jahr nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs, und ich konnte natürlich nicht ahnen, dass mein Leben ähnlich zerstörerisch verlaufen sollte, wie das meiner Geburtsstadt. Es sollte ein zerrissenes Leben beginnen, das man gleich von Anfang an nicht wirklich als glücklich bezeichnen durfte. Viele schlimme Details aus dieser Kindheit wurden mir erst sehr viel später von anderen Menschen zugetragen.
Allein aus diesem Grund kann ich überhaupt heute darüber schreiben.
Ich wurde also in diese zerbombte Welt hineingeboren und hatte niemanden, der sich um mich kümmerte, am allerwenigsten meine biologische Mutter, wie ich viel später vom Jugendamt erfuhr. Sie verabredete sich lieber in zwielichtigen Kneipen mit Männern zum Tan- zen, vorzugsweise mit englischen Soldaten, die hier damals im Nachkriegsdeutschland von 1946 als Besatzer stationiert waren. Auch mein Erzeuger soll angeblich ein Engländer gewesen sein.
Meine Mutter ließ mich an den vielen für sie sicherlich vergnüglichen Abenden einfach ohne Aufsicht allein zu Hause im Bettchen liegen. Ich hatte sonst niemanden und außer einer Nachbarin, die ab und an mal nach mir sah, war keiner in meiner Nähe. Ich lag in meinem Gitterbettchen und schrie vor Hunger und Durst und meine Windeln wurden nicht gewechselt. Jeder kann sich vorstellen, wie sehr ich als hilfloses Baby litt. Wundgescheuert an vielen Stellen meines Körpers und an meiner Seele schrie ich förmlich nach Liebe und Aufmerksamkeit, doch niemand hörte mein Wehklagen. Die besagte Nachbarin informierte aufgrund dieser haltlosen Situation irgendwann das Jugendamt, was für mich Lebensrettung in letzter Minute bedeutete. Ohne diese fremde Hilfe, da bin ich mir heute sicher, hätte ich diesen unsagbaren Zustand kaum überlebt.
Erst an meinem 17. Geburtstag sollte ich von diesen tragischen Ereignissen aus meiner frühesten Kindheit erfahren. Ich wusste bis zu diesem Zeitpunkt nichts von meiner leiblichen Mutter und meinem Vater. Bis dahin befand ich mich, vermittelt durch das Jugendamt, in Obhut und Fürsorge bei einem älteren
Ehepaar, das sich wahnsinnig gerne Kinder
gewünscht hatte.
Die Beiden konnten altersentsprechend aber genauso gut bereits meine Großeltern sein.
Angeblich durch das eigene Verschulden konnte meine Adoptivmutter Auguste keine eigenen Kinder bekommen. Als ich Älter war, erzählte sie mir, dass sie dreimal nacheinander ihre Schwangerschaften abgetrieben hatte, obwohl sie eigentlich gerne eigene Kinder wollte. Ihre Gründe zu diesem Handeln blieben mir damals noch unverständlich.
1947, ich war jetzt ein Jahr alt, wurde ich bei meinen Adoptiveltern auf einem Bauernhof in Niedersachsen aufgenommen. Es war ein kleines beschauliches, 500 Einwohner zählendes Seelendorf nahe Helmstedt.
Hier lebten und arbeiteten auch meine Großeltern mütterlicherseits. Alle waren sehr liebevoll und fürsorglich zu mir. Ich konnte mich nicht beklagen, denn es war alles vorhanden, was ein Kinderherz sich nur wünschte, sogar in diesen schlechten Zeiten. Meine Eltern, von denen ich natürlich dachte es seien meine leiblichen Eltern, und meine Großeltern sorgten gut für mich.
Wir kannten keine Not, und es gab immer ge- nügend zu Essen, sogar Fleisch und Wurst aus eigener Schlachtung kam öfter auf den Tisch. Brot und Kuchen backte meine Oma selbst. Im ganzen Haus roch es dann wie in einer Backstube, und ich liebte diesen Duft. Oma und Opa schlossen mich sofort in ihr Herz. Ich spürte, dass sie glücklich waren, dass ich da war, und ich fühlte mich natürlich genauso glücklich bei ihnen. Großvater nahm mich stets in Schutz, wenn meine Mutter mit mir schimpfte. An Opa kann ich mich noch sehr gut erinnern.
Oft hörte ich von meinen Eltern, dass ich meiner Großmutter sehr ähnlich sah.
Du hast dieselben dunklen Augen wie deine Oma hieß es, was eigentlich unmöglich sein konnte, aber dadurch kam nie der Gedanke in mir auf, dass sie gar nicht meine leibhaftigen Eltern waren. Erst viele Jahre später sollte ich auf eine sehr unschöne Art hinter das Geheimnis kommen.
Des Öfteren sagte mein Vater zu mir
"Ich glaube, die Zigeuner haben dich vertauscht." Dieser Satz war zwar scherzhaft gemeint, ich empfand diese Redensart von ihm aber schon ein wenig seltsam.
Ich liebte diese Geborgenheit, die mich umgab und bemerkte nicht, was um mich herum wirklich geschah.
Während des Krieges verloren meine Eltern ihr gesamtes Hab und Gut und standen wie viele andere Familien vor dem Nichts. Notgedrungen zogen wir eines Tages vom idyllischen Bauernhof zurück in meine Geburtsstadt Braunschweig. In dieser zerstörten Stadt versuchten meine Eltern, sich eine neue Existenz aufzubauen. Mein Vater machte sich mit einem Geschäft für Telefonanlagenbau selbständig, und schnell besaßen wir ein eigenes kleines Auto. Hierbei handelte es sich nach heutigem Stand um nichts besonders, aber immerhin waren wir mobil und konnten einiges gemeinsames unternehmen. Mein Vater kaufte für sich noch ein Motorrad, so erreichte er morgens schneller seine Firma.
Trotz der vielen Arbeit meines Vaters fuhren wir jedes Wochenende aufs Land und besuchten meine Großetern, da meine Oma mittlerweile immer pflegebedürftiger und bettlägerig wurde und Opa die Arbeit allein auf dem Bauernhof kaum noch bewältigen konnte.
Während der langen Fahrt dorthin schlief ich jedes Mal auf der Rückbank im Auto ein.
Im Alter von 70 Jahren verstarb meine Oma dann leider an den Folgen ihrer schweren Krankheit.
Dass die Ehe meiner Eltern Auguste und Walter nicht so glücklich verlief wie es nach außen hin den Anschein hatte, ahnte ich nicht.
Erst viele Jahre später erzählte mir meine Mutter darüber. Sie war eine hübsche Frau und legte viel Wert auf ihr Äußeres Er- scheinungsbild. Als gelernte Schneiderin schneiderte sie die schönsten Kleider für sich und für mich. Sie sah aus, als sei sie von der Titelseite eines Modejournals entsprungen. Gerne zeigte sie in der Öffentlichkeit, wer sie war und was sie darstellte. Auch Vater legte Wert auf ein gepflegtes Äußeres, war aber um einiges bescheidener und mächtig stolz auf seine gutaussehende Frau.
Das Geschäft lief gut, wir konnten uns vieles leisten, wovon andere Familien in der Zeit nur träumten. Ich litt ein wenig unter dieser ständigen Angeberei, so empfand ich das jedenfalls als Kind. Alles drehte sich Tag für Tag immer nur um das Geschäft. Lieber hätte ich etwas mehr Zuneigung und Verständnis von den beiden erhalten, doch trotz allem war ich bis dahin ein unkompliziertes, glückliches und fröhliches Mädchen.
Читать дальше