„Du kannst nicht einfach jemanden zu so etwas zwingen. Es gehören Gefühle dazu, Zeit und Einverständnis. Beidseitiges Einverständnis.“ Er lässt mich nicht los, grinst schief und sagt: „Es war noch nie jemand nicht einverstanden.“
„Ich bin nicht einverstanden! Du tust mir Gewalt an und daraus kann nur Schmerz entstehen. Wenn du schon so lange versuchst, auf die gleiche Weise herauszukommen und immer noch hier bist, dann machst du etwas falsch.“
„Auch wenn es sich noch so gut anfühlt?“, fragt er mit einem schelmischen Grinsen. Von wegen es macht ihm keinen Spaß …
„Selbst dann. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass eine blutende Nase sich so toll anfühlt.“ Er lacht leise, lässt mich los und murmelt: „Du hast keine Ahnung.“ Dann bettet er seinen Kopf in meinen Schoss. Liegt mit der Wange auf meinem nackten Bein, hält die Augen geschlossen. Ich streichle ihm über den Kopf und sage leise: „Wir werden einen Ausgang finden und du wirst deine Liebe wiedersehen, das verspreche ich.“ Ich muss nur aufwachen und in meinen realen Körper. Dann wird das alles hier verblassen und sich im Nichts auflösen.
Ich bin überrascht, als ich mir eingestehen muss, dass ein Teil von mir das nicht möchte. Der Mann, der sich mir vor wenigen Momenten noch aufgedrängt hat, schläft wie ein Junge in meinem Schoß. Meine Hand in seinem Haar verknotet, liege ich auf meinem Rücken und döse ein.
Ein Sauggeräusch und ein Ziehen an meinem Hals wecken mich. Schwarzes Haar kitzelt die empfindliche Haut unter meinem Kinn.
„Adrian! Was machst du da?“, schreie ich außer mir. Er lässt von meinem Hals ab und grinst mich frech an.
„Ich markiere dich“, sagt er, während seine Augen stolz über meinen Hals fahren. Mist!
„Wieso?“, rufe ich entsetzt.
„Nur weil ich dich im Moment nicht nehmen werde, heißt das nicht, dass ich einen anderen auch nur einen Finger an dich legen lasse. Ich werde jeden in der Luft zerreißen, der es wagt, sich dir zu nähern.“ Ich stöhne laut auf und will die brennende Stelle am Hals bedecken. Adrian fängt meine Hand ein. Seine Gesicht kommt ganz nahe an meines und seine blauen Augen lodern, als er sagt: „Nikk ist da keine Ausnahme.“ Erschrocken weiten sich meine Augen und ich sage schnell: „Nikk hat Mandy. Sie sind …“
„Ich hatte Harriett … dann kamst du.“
„Nicht jeder ist so wie …“
„Sei nicht dumm, Kätzchen! Ich habe gesehen, wie er dich ansieht, genauso wie die anderen auch. Du brennst wie ein Feuer in der Dunkelheit und alles, was wir tun können, ist zu dir zu fliegen, um in dir zu verbrennen. Aber keine Angst, ich lasse niemanden an dich heran.“ Meint Adrian das ernst? Ich studiere lange sein Gesicht, die Kurve seiner Lippen, seiner Wangen und seines Kinns. Doch ob seine Worte ernst gemeint sind, kann ich nicht deuten.
Meine Gefühle sind in Aufruhr und … mein Magen knurrt. Adrian bricht lachend auf mir zusammen. Dann hievt er sich hoch, sein Blick bleibt kurz an meinen nackten Beinen hängen und eine Flamme in seinen Augen leuchtet auf. Ich greife nach dem Armreif an meinem linken Handgelenk und positioniere es in eine sichere Stellung.
„Ich würde mich gerne anziehen“, sage ich langsam.
„Ich würde es lieber sehen, wenn du dich ausziehst, aber ich werde dich nicht aufhalten“, erwidert er mit einem Lächeln. Ich verdrehe die Augen und sage: „Sei ausnahmsweise ein Gentleman und dreh dich um, während ich mich bekleide.“ Seine Augenbraue fährt nach oben, doch er dreht sich um. Ich stehe auf, suche nach meiner Hose und hebe nur Fetzen auf. Leise seufzend, gehe ich zum Schrank, greife nach einem dunklen Rock, steige hinein und ziehe ihn über meinen Hintern. Er sitzt etwas eng, aber für eine Weile wird es gehen.
„Er passt wie angegossen“, sagt Adrian mit belegter Stimme.
„Ich habe noch nicht gesagt, dass du dich umdrehen kannst!“, fiepe ich erschrocken, sehe seinen Rücken und begegne seinen Augen im Spiegel.
„Du Schuft!“, rufe ich und kann nicht verhindern, dass ich rot anlaufe. Er grinst einfach nur. Ich greife nach einem dunklen Schal und binde ihn mir um den Hals. Adrian hebt eine Augenbraue, sagt jedoch nichts. Ich schiebe mein Kinn vor und er bietet mir seinen Arm an. Gemeinsam gehen wir in den Speiseraum, der sich nicht weit vom Garten befindet. Wir betreten den Saal und alle Unterhaltungen ersterben. Stille beherrscht jeden Zentimeter des riesigen Raumes, als wir eintreten. Adrian stellt sich hinter mich und bevor ich etwas tun kann, zieht er den Schal herunter und berührt meinen Hals mit seinen Lippen.
Entrüstet rufe ich: „Adrian!“, und schlage nach ihm. Doch er weicht mir aus und zieht mich zu einem freien Tisch. Ein leiser Schrei zieht meine Aufmerksamkeit auf sich, dann sehe ich nur noch rotes Haar, als jemand aufspringt und aus dem Saal rennt. Harriett! Mein Herz krampft sich zusammen und mein erster Impuls ist es, ihr hinterherzulaufen. Doch Adrian legt seine Hand auf meine und schüttelt den Kopf.
„Ich sehe, du hast dein Wort nicht gehalten“, sagt eine Stimme hinter mir und ich muss mich nicht umdrehen, um zu wissen, wer es ist. Adrian lächelt und erwidert: „Ich habe nichts getan, was sie nicht wollte.“ Meine Hand fährt automatisch zu meinem Hals. Adrian sieht es, grinst schief und verbessert sich: „Fast nichts.“
Lederweste geht an mir vorbei, beugt sich zu Adrian herunter und flüstert ihm etwas ins Ohr. Adrians Augen verengen sich zu Schlitzen und seine blaue Iris brennt, als er mich fixiert. Abermals tastet meine rechte Hand nach dem Armreif an meinem linken Arm und Adrians Blick folgt ihr. Ich habe wieder einen Fehler begangen. Doch er sagt nichts. Ein Kellner tritt an unseren Tisch und Adrian bestellt, ohne mich zu fragen, was ich essen möchte.
Schweigend mustert mich Adrian und ich scheine unter seinem Blick zu schrumpfen.
„Dein Auftritt heute Morgen war … interessant“, höre ich eine Stimme hinter mir und ein Lächeln huscht über mein Gesicht. Nikk zieht einen Stuhl von einem anderen Tisch herbei und setzt sich zu uns.
„Heißt interessant langweilig?“, frage ich mit einer hochgezogenen Braue und kassiere ein Aufblitzen seiner Grübchen.
„Nein, es war alles andere als langweilig. Nicht wahr Adrian?“ Nikks Augen werden dunkel und sein Gesichtsausdruck ernst, als er zu Adrian blickt. Der runzelt die Stirn und erwidert kein Wort. Nikk beugt sich dann verschwörerisch zu mir und fährt fort: „Ich würde es als aufwühlend bezeichnen. Adrian hier ist wie von der Tarantel gestochen aufgesprungen und aus dem Saal gerannt. Dein Auftritt hätte keinen bleibenderen Eindruck hinterlassen können.“ Nikk streckt seine Arme aus und bevor ich etwas erwidern kann, lehnt er sich zu mir vor, sein Gesicht direkt vor meinem. Als ich überrascht zwinkere, fühle ich, wie er Stoff um meinen Hals legt. Mein Schal! Sanft streift seine Hand meine Wange und er sagt: „Ich glaube, du hast das hier verloren.“
Dann steht er auf, macht eine leichte Verbeugung und sagt: „Das nächste Mal solltest du eine nicht ganz so aufreizende Performanz hinlegen. Dann können es ein paar von uns langsamer angehen lassen. Mandy und ich würden uns freuen, wenn du uns heute Nachmittag Gesellschaft leisten würdest …“
„Sie wird die ganze Zeit in meinem Zimmer verbringen“, zischt Adrian. Nikk hebt eine Augenbraue, sieht ihn direkt an und sagt: „Du zerrst eine Dame in dein Zimmer, ohne dir die Zeit zu nehmen, sie vorher kennenzulernen?“
„Ich weiß genug über sie!“, erwidert Adrian und funkelt Nikk böse an.
„Dann kannst du mir sicher ihren Namen verraten. Ich hatte ihn bei ihrer Vorstellung nicht gehört.“
„Verschwinde! Oder ich vergesse, dass wir einmal Freunde waren“, presst Adrian zwischen seinen Zähnen hervor. Nikk erwidert nichts und lächelt nur. Dann blickt er zu mir und sagt: „Mein Angebot steht, Emil … ia. Du HAST die Wahl!“ Mir entgeht sein Zögern bei der Endung meines Namens nicht und meine Wangen röten sich. Doch ich nicke und schenke ihm ein dankbares Lächeln. Ich blicke ihm verträumt nach, spüre dann einen Druck auf meiner Hand.
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