Sabina S. Schneider
Gelöscht - Die komplette Reihe
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Inhaltsverzeichnis
Titel Sabina S. Schneider Gelöscht - Die komplette Reihe Dieses ebook wurde erstellt bei
GELÖSCHT I - WHITE
Kapitel 02 - Lüge & Wahrheit
Kapitel 03 - Das Glaslabyrinth
Kapitel 04 - Freier Fall
Kapitel 05 - Verlorene Wärme
Kapitel 06 - Verräter
Kapitel 07 - Der Zeuge
Kapitel 08 - Märchen
Epilog
GELÖSCHT II - GOLDEN
Prolog
Kapitel 01 – Paradiesisch schön
Kapitel 02 – Spieglein, Spieglein
Kapitel 03 – Grau wie die Angst
Kapitel 04 – Wahre Kraft
Kapitel 05 – Sucht & Vertrauen
Kapitel 06 – Trojaner
Kapitel 07 – Wahrheit
Epilog
GELÖSCHT III - CRIMSON
Prolog
Kapitel 01 – Reichtum der Slums
Kapitel 02 – Wildes Leben
Kapitel 03 – Unmenschlich
Kapitel 04 – Grenzgänger
Kapitel 05 – Klippenspringer
Epilog
GELÖSCHT IV – BLACK
Prolog
Kapitel 01 – Die Illusion von Liebe
Kapitel 02 – Weiß wie Schnee, rot wie Blut
Kapitel 03 – Universen verschmelzen
Kapitel 04 – Unterwerfung
Kapitel 05 – Überleben
Epilog
Impressum neobooks
Kapitel 01 - Wiedergeburt
Dunkelheit. Licht. Schmerzen. Das grelle Licht tut in meinen Augen weh und ich schließe meine Lider, rolle mich zusammen und will wieder zurück in die Dunkelheit, aus der ich entstanden bin. Meine Augen … meine Lider … ich? Ich bin, ich existiere. Doch ich bin leer. Da ist nichts, was mich ausmacht. Kein Ego, keine Erinnerungen, keine Gefühle. Nichts außer Schmerz. Was ist ‚Ich‘? Wer bin ich?
Ich öffne den Mund, huste und krächze: „W … Wasser …“ Das Wort verlässt nur leise meine Lippen und doch ist es riesig, bedeutet so viel mehr, als ich in einem Augenblick fassen kann.
Ich kann sprechen.
Ich weiß, was Wasser ist.
Irgendwo habe ich gelernt, was Wasser ist.
Wieso fühle ich mich dann so leer? Wieso erinnere ich mich an nichts und kann doch sprechen, habe Wissen darüber, dass Wasser existiert und weiß, was ich damit tun muss. Trinken. Ich empfinde Durst und weiß, dass Wasser mir helfen wird, ihn zu löschen. Vorsichtig öffne ich wieder meine Lider. Das Licht … Grell brennt es in meinen Augen und doch ist es notwendig. Es eröffnet mir eine Welt. Neu und doch irgendwie vertraut. Ich blinzele und gewöhne mich an das Helle.
Alles um mich herum gewinnt an Konturen. Ohne nachzudenken, stehe ich auf, gehe ein paar Schritte, bevor mir bewusst wird, was ich tue. Meine Beine sacken unter mir weg und ich lande hart auf dem Boden. Mir ist schwindelig und doch habe ich etwas Neues über mich gelernt. Ich kann gehen. Zittrig stehe ich wieder auf, erfreue mich an den Bewegungen meines Körpers. Meine Augen wandern meine dünnen Arme entlang und halten bei meinen Fingern. Lange starrte ich auf meine Hände.
Sie wirken so klein und zerbrechlich. Meine Beine sind ebenfalls schmal. Ich vergleiche, ohne einen Gegenpart zu haben. Das heißt, ich kenne Hände, die größer und Beine, die dicker sind. Und doch ist da kein Bild, keine Erinnerung. Meine Knie fangen meinen Blick ein und ich starre auf dünne, weiße Linien, die sich von dem Rest abheben. Mein Kopf sagt mir, dass es Narben sind. Narben, verheilte Verletzungen. Ich habe mich verletzt? Wo? Und vor allem wann? Meine Existenz hat doch gerade erst begonnen! Oder etwa nicht?
Ich fühle mich müde, lege mich auf den Boden und rolle mich wieder zusammen. Doch meine Augen wollen sich nicht schließen. Sie suchen alles ab. Aber sie finden nichts als Weiß. Weiße Wände, weißer Boden, weiße Decke. Es dauert, bis ich die Tür in all dem Sterilen entdecke. Sterilität und Sauberkeit. Ich denke über die Bedeutung dieser Worte nach. Irgendetwas stört mich. Doch warum, kann ich nicht sagen. Ist Sauberkeit etwas Schlechtes? Mein erster Gedanke ist: nein. Und doch ist da etwas, das nicht passt. Was ist das Gegenteil von sauber? Dreckig! Ich freue mich, dass mir das Wort und seine Bedeutung eingefallen sind. Doch auch Dreck ist nichts Positives. Wenn Sauberkeit nicht gut ist und Dreck auch nicht, wo liegt das Gute zwischen diesen beiden Begriffen?
Bevor ich eine Lösung finden kann, öffnet sich die weiße Tür, die ich vergessen habe. Vergessen … meine Gedanken zucken vor der Bedeutung dieses Wortes zurück und doch halte ich daran fest, verbeiße mich in das einzige, das mir eine Erklärung liefern könnte. Habe ich vergessen? Wenn ja, dann habe ich gewusst. Man kann nicht vergessen, wenn man nicht gewusst hat. Doch was habe ich gewusst?
„Brauchst du Hilfe beim Aufstehen? Kannst du laufen?“ Die Stimme ist weiblich. Sie klingt angenehm, freundlich.
Ich blicke hoch und sehe … einen Menschen? Bin ich ein Mensch? Bin ich weiblich oder männlich? Eine Hand legt sich um meine Schulter. Die Frau zieht mich sanft hoch. Ich strauchle, kann jedoch mit ihrer Hilfe stehen bleiben.
„Kannst du sprechen?“ Ich sehe sie an und nicke zögerlich. Ich glaube, dass ich sprechen kann. Ein Wort habe ich schon gesagt. Langsam öffne ich den Mund und schließe ihn, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Dann forme ich vorsichtig Laute und ich bekomme schließlich ein leises: „Ja …“, heraus.
Der Dank für meine Anstrengung ist ein warmes Lächeln. Die Frau ist schön. Sie ist vollkommen in Weiß gekleidet, ihre Haut hat einen dunkleren Ton. Ich muss an Kaffee denken mit einem Schuss Milch. Ich starre wieder auf meine Hände. Milch. Sie sind fast so weiß wie alles in diesem Raum. Wann hat diese Haut das letzte Mal Sonne gesehen? Sonne … ein Feuerball am Himmel, heiß und brennend, zerstörerisch und doch lebensspendend. Feuer … Licht … Wärme … Hitze …
„Das alles muss sehr verwirrend für dich sein. Der Anfang ist für alle schwer. Aber tröste dich damit, dass es deine freie Entscheidung war. Du wolltest einen Neuanfang. Wir entscheiden uns aus verschiedenen Gründen für die Wiedergeburt, für eine Chance auf ein neues, besseres Selbst. Doch die sind nicht mehr wichtig.“
Ich horche auf und bekomme ein ungutes Gefühl. „Wir?“, frage ich leise und verliere mich in der Wärme der Augen einer Frau, die mir ihren Namen nicht genannt hat und ich bin erleichtert darüber. Ich hätte ihr für ihren Namen nichts im Austausch geben können. Wenn ich einen Namen besessen habe, so habe ich ihn vergessen.
„Ich bin vor einiger Zeit denselben Weg gegangen, den du von jetzt an gehen wirst. Ich war eine Neugeborene und habe in mir den Wunsch zu helfen entdeckt. Deshalb bin ich hier. Ich will dir helfen.“
„Wie heiße ich?“, entschlüpfen mir die Worte. Eigentlich wollte ich sie nach ihrem Namen fragen.
„Du hast keinen Namen“, erwidert sie lächelnd, freundlich, warm. Und obwohl sie sagt, dass sie mir helfen will, spüre ich Vorsicht, Zweifel und Argwohn in mir. Bin ich ein schlechter Mensch gewesen? Habe ich schlechte Erfahrungen gemacht? Wieso bin ich so unsicher, wenn ich neugeboren bin? Müssen Neugeborene diese negativen Gefühle nicht erst lernen?
„Du hast noch keinen Namen. Wir nennen alle Neugeborenen nach ihrem Geburtsmonat und Geburtstag. Du heißt für den Moment Oktober Montag. Doch du kannst jederzeit einen Namen deiner Wahl annehmen. Es ist nur solange, bist du deinen Namen gefunden hast.“ Ich bin Oktober Montag? Heute ist Montag? Es gibt sieben Wochentage und der Montag ist nicht der beliebteste. Warum, kann ich nicht sagen, aber ich weiß, dass ich lieber an einem Freitag geboren wäre.
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