Madeleine Abides
Gabis Geheimnis
Erotischer Roman
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Inhaltsverzeichnis
Titel Madeleine Abides Gabis Geheimnis Erotischer Roman Dieses eBook wurde erstellt bei
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Impressum
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Gabi Schenke war ohne Zweifel eine hübsche Person. Sie stand kurz vor ihrem siebenundzwanzigsten Geburtstag und war noch ungebunden. Das war ihr nicht recht. Und es war nicht ganz die Wahrheit.
Sie war Buchhändlerin, eigentlich gelernte Bibliothekarin, und wie die Dinge lagen, konnte man sie bei flüchtiger Betrachtung leicht für eine eher unscheinbare Vertreterin ihres Berufsstandes halten. Was aber nur beweist, dass es nicht klug war, Gabi Schenkes Äußeres nur flüchtig zu betrachten.
Auf den ersten Blick wirkte sie zwar keineswegs unansehnlich, allenfalls ein bisschen gehemmt. Vor allem jedoch unauffällig, nichtssagend, nicht umwerfend attraktiv. Und auch das war nicht die ganze Wahrheit.
Denn Gabi Schenke hatte ein Geheimnis.
An jenem Tag vor langer Zeit, an dem sie vor dem alten Spiegel auf dem elterlichen Hof das Knospen ihrer Brüste bemerkt hatte, war sie in Panik geraten. Es war also so weit. Der Tag war gekommen!
Oh, wie oft hatte ihre sittenstrenge Mutter sie zuvor gemahnt, keusch zu bleiben! Eine ehrbare Frau müsse sich ihre Reinheit bewahren. Unter keinen Umständen dürfe sie sich Männern anbieten, ihnen zu Willen sein, sich zum Gegenstand ihres Lasters machen! Die Panik, die damals in der halbwüchsigen Jungfer aufgestiegen war, hatte sie danach nie mehr losgelassen. Sie mochte abgeflaut sein zwischendurch, doch sie war immer noch da.
Männern zu gefallen war eine stete Bedrohung für die unaufhaltsam erblühende Gabi Schenke.
So hatte sie sich von jenem schicksalhaften Tag an unablässig bemüht, ihre sich entwickelnden weiblichen Reize mit allen Mitteln zu verbergen. Um jeden Preis.
Das war von Beginn an nicht leicht gewesen. Mit der Zeit aber hatte sie wahre Meisterschaft darin entwickeln müssen, weil es immer mehr zu verbergen gab. Aus dem kindlichen Blondschopf wurde die wallende strohblonde Haarpracht der jungen Frau. Die knospenden Brüste füllten sich zur fraulichen Büste. Über der mehr und mehr feminin ausladenden Hüfte wirkte ihre aparte Taille noch fragiler als vorher, und einmal im Monat bekamen ihre hauchzart gekräuselten Lippen diesen verräterischen Glanz, der sie in ihrem edlen Rosé wie feinstes Perlmutt schimmern ließ.
Freilich – was andere Mädchen ihres Alters vor Freude in helle Aufregung versetzt hätte, machte Gabi Angst. Angst vor ewiger Verdammnis.
Tag für Tag jedoch musste sie vor dem Spiegel feststellen, dass die Natur nicht davon abließ, sie immer weiter, ja, sie überreich mit allem auszustatten, was eine gut gewachsene junge Frau ausmachte. So hatte sie – ohne es zu wollen – schon bald die Gestalt der verführerischen Beute angenommen, die nur auf die Gelegenheit wartet, sich selbst als Köder für die hungrige Meute der reißenden Wölfe auszulegen, um am Ende selbst den schönsten und stärksten und potentesten Wolf zur Strecke zu bringen.
Doch das durfte nicht sein.
Schon gar nicht, solange sie nicht sicher sein konnte, dass es dem schönen, starken, potenten Wolf nur darauf ankam, so bald wie möglich mit ihr die richtige Anzahl schöner, starker, sittenstrenger Wölfchen zu zeugen.
Denn jeder andere Anlass, ihrer brennenden Leidenschaft freien Lauf zu lassen, war unzüchtig. So hatte man sie gelehrt.
Sie durfte sich dem Laster nicht hingeben. Niemals!
Nicht einmal, wenn sie allein war.
Zu dumm, dass kaum noch eine Nacht verging, in der nicht all ihr Fühlen und all ihre Gedanken just um dieses eine Laster kreisten!
*
Und deshalb wurden ihre Arme von Handschellen hinter ihrem Körper gehalten, als sie sich jetzt in ihrem kuscheligen Bett umdrehte und verschlafen einen Blick auf den Wecker zu werfen wagte. Was ohne ihre filigrane Brille zumeist in ein nervenaufreibendes Ratespiel mündete.
Wie oft hatte sie sich eigentlich schon vorgenommen, den alten Wecker mit seinen schmalen Zeigern durch ein zeitgemäßes Exemplar mit leicht ablesbarer Digitalanzeige zu ersetzen? Doch so oft sie die Anschaffung auch erwogen hatte, sie war jedes Mal daran gescheitert, dass sie Digitaluhren so schrecklich nüchtern fand. Ihr liebgewonnenes altes Stück dagegen war so viel sinnlicher, mit seinem freundlich schimmernden Kupfergehäuse und dem nimmermüden ‚tick-tack, tick-tack’, das sie so angenehm an das beruhigend gleichmäßige Schlagen eines Herzens erinnerte.
Auch jetzt.
Noch während sie mit zusammengekniffenen Augen rätselte, wie spät es denn nun sein mochte, fiel ihr ein, dass die Uhrzeit ohnehin gar nicht wichtig war. Viel wichtiger war der Tag.
Denn es war Sonntag. Und kein gewöhnlicher. Es war der Tag, an dem sie ins Kloster gehen wollte.
*
Mit gefesselten Händen zu schlafen war unbequem. Sehr sogar. Es hatte vieler Experimente bedurft, bis sie Varianten gefunden hatte, mit denen sie es überhaupt die ganze Nacht hindurch aushalten konnte. Doch es musste sein. Und ihre Nächte in Fesseln zu verbringen, war immer noch besser, als auf ewig in der Hölle schmoren zu müssen, weil sie es nicht getan hatte.
Denn es war immer schlimmer geworden. Viel schlimmer.
Noch drei oder vier Jahre zuvor hatte sie sich leidlich im Griff gehabt. In sittlicher Hinsicht hatte sie – obgleich sie ihm niemals angehört hatte – streng nach den Regeln des Konvents von Fichermont gelebt. Zumindest hatte das für ihr Privatleben gegolten. Soweit ein solches Privatleben überhaupt existierte.
Im engeren Sinn existierte es nicht.
Im weiteren Sinn existierte es auch nicht.
Aber im allerweitesten Sinn des Wortes Privatleben gab es natürlich eine Zeit außerhalb ihrer Arbeitszeit. Und das war eben ihr Privatleben.
Zeitlich gesehen war das nicht mehr und nicht weniger als bei anderen Frauen. Inhaltlich freilich war es weniger. Nein, weniger als weniger.
Kein Verlobter.
Kein Freund.
Überhaupt kein Mann, der gezählt hätte.
Also war es leer.
Gabi Schenke hatte allein im vorangegangenen Jahr dreiundachtzigmal behauptet, dass das nicht wichtig war. Sie wusste es so genau, weil sie darüber Buch führte. Das war nötig, denn der Umgang mit Zahlen war nie ihre Stärke gewesen. Sie musste aber die genauen Zahlen kennen, weil sie sich selbst je einen Rosenkranz als Buße für jede dieser Lügen auferlegt hatte. Denn es waren dreiste Lügen.
Dass es keinen einzigen Mann gab, an den sie in den stillen Stunden ihrer nächtlichen Einsamkeit wenigstens liebevoll denken konnte, war natürlich wichtig. Sehr, sehr wichtig. Und wirklich schlimm.
*
Leise seufzte sie, als sie die leichte Bettdecke mit den Beinen zur Seite schob. Es war nicht zu verhindern, dass ihr spitzenbesetztes Nachthemd nach oben rutschte, während sie sich sachte zur Bettkante schob und ihre schönen Schenkel anmutig aneinandergelegt aus dem Bett schwang. Sie nahm noch etwas Schwung mit dem Oberkörper, dann ließ sie das kuschelige Bett schweren Herzens hinter sich.
Verdrossen maulte sie in sich hinein, während ihre nackten Fußsohlen behutsam Richtung Küche tapsten. Die Kühle der Bodenfliesen dort verursachte ihr wie jeden Tag eine leichte Gänsehaut auf Armen und Beinen, ließ sie aber auch schlagartig munter werden. So war sie gerade ausreichend wach und aufmerksam, als ihre schmalen Füße geschickt den Schemel quer durch die Küche schoben. Dorthin, wo sie ihn brauchte.
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