Zum Glück ging es diesmal schnell und Adriano schlief gleich ein.
Früher hatte sie sich geweigert, allerdings machte sie Adriano damit nur wütender und schließlich merkte sie, dass es besser war, sich zu fügen, es war dann schneller vorbei und danach ließ er sie in Ruhe.
Abwesend blickte Jaíra auf die ruhige Wasserfläche, in der sich die Bäume und Wolken spiegelten. Ihre Brüste schmerzten von den groben Berührungen Adrianos. Sie hatte das Kanu an den Ästen der überfluteten Bäume festgemacht und den Köder in das trübe Wasser geworfen. Sie war nicht bei der Sache, so mancher Fisch entging ihr und sie zog nur einen leer gefressenen Haken aus dem Wasser.
Irgendwie gelang es ihr trotzdem, ein paar unvorsichtige Fische ins Kanu zu holen, und sie konnte nach Hause. Als am Ufer die ersten Hütten des Dorfes auftauchten, steuerte sie kurz entschlossen darauf zu. Während sie das kleine Baby ihrer Schwester im Arm hielt und es sie anlachte, war sie glücklich.
Juçara sah sie fragend an. »Du hast doch etwas auf dem Herzen, Ärger mit Adriano?«
Jaíra nickte stumm. Nach einer kurzen Pause fing sie an zu reden.
»Er hat sich verändert. Er geht seine eigenen Wege, er hat seine Freunde, mit denen er weggeht und abends kommt er oft spät betrunken nach Hause. Er beachtet mich nicht mehr so wie früher, nur noch im Bett. Immer wenn er will, muss ich mit ihm schlafen.«
»Du kannst jederzeit zu unseren Eltern zurück oder du kannst hier bei uns wohnen, wenn du ihn verlassen willst.« Juçara blickte ihr fest ins Gesicht.
Energisch schüttelte Jaíra den Kopf.
»Das geht nicht.« Sie stockte kurz: »Ich bin schwanger.«
Über die Nachricht Vater zu werden reagierte Adriano gelassen bis gleichgültig und Jaíra hatte den Eindruck, dass es ihm im Grunde egal war. Anstatt sich mehr um sie zu kümmern, blieb Adriano öfter weg. Sex wollte er immer noch, wenn er spät abends nach Hause kam. Fast gleichgültig ließ sie ihn mit ihr tun, was er wollte. Sie schloss die Augen, stöhnte ab und zu etwas und hoffte, dass es schnell vorbei sein würde. Sobald Adriano fertig war, rollte er von ihr herunter und schlief gleich ein.
Immer öfter kam in Jaíra Ekel auf, wenn er auf ihr lag und sie nicht nur seine Alkoholausdünstungen einatmen musste, ab und zu meinte sie, dass der Hauch eines billigen Parfüms an ihm haftete. Sie wurde gereizt und aufsässig. Immer öfter kam es zum Streit und immer weniger ließ sie sich gefallen.
Lautes Poltern vor der Tür ließ Jaíra aufschrecken und sie hörte Naldinos Stimme.
»Lass sie in Ruhe!«
»Das geht dich nichts an, ich kann mit meiner Frau machen, was ich will.«
»Kannst du nicht, sie ist viel zu gut für dich.« Naldinos Stimme überschlug sich fast.
»Verschwinde!« Adriano war böse, unwillig trat er ins Haus. Vor der Tür stand Naldino mit geballten Fäusten. Er machte sich Sorgen, dass er Adriano gereizt hatte. Hoffentlich ließ er seine Wut nicht an Jaíra aus. Mit hängendem Kopf schlich er zur Hütte seines Onkels.
Grob packte Adriano seine Frau und zerrte sie hoch.
»Hast du etwas mit Naldino?«, schrie er sie an.
»Was soll das, spinnst du?«, giftete Jaíra ebenfalls wütend zurück.
Auch sie war schlechter Laune. Am Nachmittag hatte sie sich an ihren Lieblingsplatz zurückgezogen. Zärtlich hatte sie über die kleine Rundung gestrichen, in der das neue Leben in ihr heranwuchs und die Schwangerschaft sichtbar machte. Trotz intensiver Bemühungen war es ihr nicht gelungen, sich wieder das Haus vorzustellen, in dem sie mit Adriano und ihren Kindern glücklich leben würde. Sie hatte ihre Unabhängigkeit eingebüßt, sie vermisste die Ausflüge mit dem Kanu, ihre Familie, mit der sie sich verkracht hatte. Adriano hatte sie ans Haus gebunden. Auf sein Drängen hin hatte sie schließlich selbst die Arbeit in der Krankenstation aufgegeben. So sollte ihr Leben nicht enden.
»Was ist mit Naldino?«, schrie Adriano sie wieder an.
»Da ist nichts. Im Gegensatz zu dir gehe ich nicht fremd.«
»Na warte, dir werde ich es zeigen.« Er riss an ihrem Nachthemd, der Träger zerriss und entblößte ihre Brust. Verzweifelt wehrte sich Jaíra, doch brutal zerrte er ihre Unterhose herunter und zwängte sich zwischen ihre Beine.
»Lass mich in Ruhe, ich will nicht«, keuchte Jaíra, aber Adriano war zu stark.
Während er sie brutal vergewaltigte, rannen Tränen der Wut und des Schmerzes über ihr Gesicht. Dieses Mal dauerte es lange, bis sich Adriano endlich in ihr entlud.
Während er sich an ihr abreagiert hatte und sie seine heftigen Stöße schmerzten, war etwas in ihr zerbrochen. Wie sehr hatte sie sich in ihm getäuscht, sie konnte ihn nicht ändern. Die Entscheidung war gefallen, sie würde ihn verlassen. Nachdem sich Adriano von ihr herunter gewälzt hatte und sie glaubte, dass er eingeschlafen sei, stand sie leise auf und fing an, Kleidungsstücke in eine Tüte zu packen.
»Was machst du da?«, hörte sie plötzlich seine Stimme. Erschrocken drehte sie sich um.
»Ich gehe«, sagte sie kurz.
Adriano kam drohend näher. Jaíra hatte keine Angst, bald würde sie hier weg sein.
»Du gehst nicht!«, seine Augen funkelten.
»Ich lasse mich nicht so von dir behandeln. Ich habe geglaubt, dass du mich liebst und du ein guter Mensch bist. Alle haben mich vor dir gewarnt, aber ich wollte es nicht einsehen. Jetzt ist Schluss, ich gehe.«
»Nur schnell weg von hier«, dachte sie und wollte zur Tür, aber schon spürte sie Adrianos ersten Schlag in ihrem Gesicht. Ein zweiter Schlag traf sie so, dass sie taumelte und ein neuer Schlag ließ sie gegen den Herd fallen. Ein stechender Schmerz durchzuckte ihren Leib und ihr wurde schwarz vor Augen, als sie auf dem Boden aufschlug. Adriano war ausgerastet, wahllos schlug und trat er auf sie ein. Hilflos krümmte sie sich zusammen, um den Schlägen möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten.
Die Schmerzen ließen sie laut schreien, die Zeit kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Sollte er sie doch totschlagen, dann wäre alles vorbei und die Schmerzen würden endlich aufhören. Nur noch halb bei Besinnung bekam sie mit, dass plötzlich die Tür aufflog und Naldino mit Salvatore hereinstürzte und Adriano von ihr wegzerrten.
Naldino kniete sich neben sie. Jaíras Lippen waren aufgeplatzt und bluteten, das ganze Gesicht war geschwollen.
»Mein Gott, das sieht schlimm aus«, sagte er zu Salvatore und bedeckte verschämt ihren nackten Oberkörper.
Als sie Jaíra aufrichteten, sahen sie, dass ihr Nachthemd rot gefärbt war und Blut an ihren Oberschenkeln herabrann. Die beiden sahen sich ratlos an.
»Wir müssen sie zur Ärztin bringen, schnell.« Naldino packte den leblosen Körper und trug ihn zum Kanu, wo er ihn vorsichtig hineinlegte. Salvatore war gerade eingestiegen, als Adriano herantrat.
»Mach, dass du wegkommst. Ich will dich hier nie wiedersehen!«, schrie Salvatore die Worte zornig ans Ufer, während Naldino das Kanu kräftig vorwärtstrieb.
Im Dorf war alles ruhig, nur ein paar Hunde schlichen schnüffelnd durch die unbeleuchteten Straßen. Eilig hasteten die Männer zu der Krankenstation, vor deren verschlossenem Eingang eine einzelne Glühbirne brannte. Salvatores Fäuste trommelten gegen die Tür, laut hallten die Schläge durch die Stille der Nacht.
Erleichtert hörte er auf, als im Haus ein Licht anging. Verschlafen öffnete die Ärztin die Tür und war sofort hellwach, als sie Jaíra erkannte.
»Bringt sie schnell herein und legt sie dort auf den Tisch«, sagte sie und deutete in den Raum.
Das Letzte, was Jaíra noch spürte, war der zuversichtliche Händedruck Margots, dann wurde es dunkel.
»Sie wird wach«, hörte sie eine vertraute Stimme, konnte sie jedoch nicht einordnen. Nur eines wusste sie, es war nicht Adriano.
Langsam öffnete sie die Augen, alles war verschwommen und wurde erst langsam klarer. Jetzt erkannte sie ihre Mutter, die neben ihrem Bett saß.
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