Die Sonne stand weit oben am Himmel und warf ihren erbarmungslos heißen Schein auf die sandigen Steine des alten Landes. Das Land, über welches wir sprechen ist die Heimat vieler Kreaturen. Von riesigen Sandwürmern, welche Gift spuckten und sich ohne Probleme in Sekundenschnelle durch Stein fressen konnten, bis zu großen Dickhäutern die träge von Wasserloch zu Wasserloch zogen. Doch von allen Kreaturen die dieses Land als Heimat bezeichneten, gab es ein Paar, welche besonders waren. Dieses Land beherbergte nicht nur Wüstenwölfe und Steinschreiter, sondern auch Orcs und Trolle. Man erzählte sich von den gefährlichsten Gestalten, doch wer jemals einen Orc bei der Jagd gesehen hatte, wusste wer das Land beherrschte. Die Orcs waren mächtige und intelligente Kreaturen. Meist waren sie sehr groß; Aus der Sicht eines Menschen betrachtet jedenfalls. Ein bis zwei Köpfe höher als jeder Mensch und mindestens doppelt so breit, mit Muskeln bepackt und braun gebrannter Haut, sowie ein starkes Gebiss und kleine, gerümpfte Nasen. Aufrecht gehend auf zwei Beinen, (natürlich gab es da auch Ausnahmen), waren sie, wie sie es sahen, die perfekten Jäger. Mit der Möglichkeit Waffen herzustellen, selbst Metalle zu gießen, gab es kaum etwas was sie hätte aufhalten können. Trolle hingegen waren etwas kleiner, wie ein großer Mann, hatten ebenso braune Haut wie die Orcs, jedenfalls diese Trolle, die hier lebten und ihnen wuchsen Hauer aus dem Unterkiefer, direkt unter dem Mund heraus. Manchmal kurz, manchmal lang, manchmal entschieden sich die Trolle sogar dafür sie komplett ab zu schleifen. Genauso wie die Hauer unterschieden sich bei den Trollen auch die Körperformen. Wenn ein Orc nicht sehr muskulös war, war er immer noch doppelt so breit wie jeder Mensch, doch ein Troll kann sehr muskulös sein, aber auch dünn und schlaksig, wie jemand der nicht genug zu essen bekam.
Das von kleinen Hügeln aus Sand übersäte Land war trocken, so gut wie tot, doch es gab noch genug Wasser für Lebewesen zum Überdauern. Wobei wirkliche Lebenszeichen, in diesem Teil der Welt, nur ein paar große Knochen waren, die in den Boden gehauen wurden um daran Leder und Felle zu trocknen. Doch dort, wo solche Dinge zu finden waren, war auch Zivilisation zu erwarten.
»Es ist Zwecklos«, sagte eine tiefe Stimme. »Dieses Land stirbt, wir können nicht bleiben«. Hakhouta, der Orc-Häuptling des Dämmerungs-Clans, blickte jeden in der Runde erwartungsvoll an, doch niemand sagte etwas. Die schon lang erloschene Feuerstelle in der Mitte des großen Zeltes, worum der gesamte Rat, bestehend aus verschiedenen Orcs und Trollen saß, knisterte leise und füllte die Stille. Ein leises stoßartiges Schnaufen kam von dem Orc, gegenüber dem Häuptling.
»Die Geister unterstützen uns nicht viel länger, Hakhouta.«, sagte er, während er seinen massiven Oberkörper mit den Ellenbogen auf seinen Schenkeln stützte. »Ich habe es schon lang kommen spüren, selbst dein Vater...«. Hakhouta blickte ihm ratlos ins Gesicht.
»Wenn wir nicht mehr auf die Hilfe der Geister setzen können, worauf können wir dann noch hoffen, Satug?«, fragte der Häuptling, seinen enttäuschten und ratlosen Blick nicht von ihm abwendend.
Ein Schnaufen von Satug, und sein Blick wandte sich auf das knisternde Holz in der Mitte des Zeltes. Satug war älter und kräftiger als der Häuptling, und ihm treu ergeben, wie jeder andere in dem Zelt. Seine Arme waren dick wie kleine Baumstämme, sein Oberkörper im gleichen Maße kräftig gebaut. Seine zwei schwarzen Zöpfe und der lange Kinnbart hingen vor seinem Oberkörper und wackelten mit jedem weiteren Schnaufer den er von sich ließ hin und her. Hakhouta war auch kräftig, doch nicht so sehr wie sein Freund. Denn Häuptling wurde man nicht, wenn man der Stärkste war, wie in einem primitiven Steinschreiter-Rudel, sondern wenn einem von dem letzten Häuptling das Recht gegeben wurde. Nur dieser vermag den nächsten auszuwählen. Falls der Häuptling sterben sollte ohne einen Nachfolger gewählt zu haben, gingen die Orcs tatsächlich nach der Regel, dass der größte und stärkste Orc den Clan anführen sollte. Und ohne einen Zweifel, wäre dies der Fall gewesen, dann würde nicht Hakhouta an der Spitze des Dämmerungs-Clans stehen, sondern Satug. Nichts desto trotz war Satug einer der treuesten Orcs die man sich als Freund hätte wünschen können. Er war alt genug, um des Häuptlings verstorbenen Vater gekannt zu haben. Wobei ‚gekannt‘ ein zu oberflächlicher Begriff war, um ihre Beziehung zu beschreiben. Es war eine tiefe Freundschaft die ihn und Hakhoutas Vater verband und Satug würde niemals auch nur in Erwägung ziehen dem jungen Hakhouta die Ehre des Häuptlings zu nehmen. Hakhouta ließ ihn immer an großen Entscheidungen teilhaben, denn Vertrauen, und Treue waren den Orcs am wichtigsten.
Der Blick des jungen Häuptlings wanderte an Satug weiter nach rechts.
»Ich weiß auch nicht... es is' fast so, als würden uns eure Geister verjagen wollen... oder nicht?«, erklang die raue Stimme von Narush, als der Blick des Häuptlings ihn erfasst hatte. Narush hatte lange, muskulöse Arme und saß nicht wie jeder andere auf den Baumstämmen, die als Bänke dienten, sondern er saß zwischen den Orcs im Schneidersitz. Er war ein Troll, der von seinem eigentlichen Clan verbannt wurde und schon vor Jahren in den Dämmerungs-Clan aufgenommen wurde. Auch er war ein wichtiges Mitglied und seine Stimme hatte genau so viel Gewicht, wie jede andere, auch wenn er einer der wenigen »nicht Orcs« war.
Hakhoutas braune, lange Zöpfe schwangen hin und her, bei jedem schweren Atemzug. Die warme Luft füllte die Lungen, doch das Gefühl von frischer, sauerstoffreicher Luft, blieb den Orcs über Jahre hinweg vorenthalten. Eine junge Orcfrau trat aus dem angebauten, hinteren Zelt in den Raum.
»Reila«, sagte Hakhouta und winkte sie zu sich hinüber, »Was meinst du? Wie sollen wir uns verteidigen, wie sollen wir überleben, wenn wir nicht einmal mehr Kontakt zu den Geistern aufnehmen können?«, fragte er sie. Reila war das Häuptlingsweib. Eine junge, für orcische Standards sehr hübsche Orcin mit rotbraunem, langem und gewelltem Haar. Die Beziehung zwischen ihr und Hakhouta war keineswegs nur romantisch. Sie wusste oft guten Rat, welchen Hakhouta sehr zu schätzen wusste.
»Noch haben wir Wasser, noch gibt es Hoffnung auf Überleben.«, sagte sie, zu dem gesamten Rat sprechend. »Aber nicht mehr lange«, ergänzte sie seufzend. »Wie Hakhouta euch schon sagte, das Land wird sterben, die Zeichen sind mehr als eindeutig. Früher oder später, müssen wir weiterziehen.«.
»Weiterziehen...«, zischte ein weiterer Orc, der sich im Sitzen mit seinem Ellbogen auf seine große Axt stützte, während er seine Pfeife paffte. »Und wohin? Wie weit müssen wir ziehen?«, sein Blick wandte sich keine Sekunde von den kleinen Augen des Häuptlings ab. »Wir können uns nicht erlauben weiter zu ziehen, die Streitigkeit- nein. Die Feindseligkeit mit dem Proudheart-Clan ist noch nicht verjährt und bei den alten Göttern, diesen Kampf, können wir so nicht gewinnen, Häuptling !«.
»Genug, Draghol!«, schimpfte Satug und sprang auf seine zwei Beine, beide Hände zu Fäusten geballt. Er war riesig, noch viel größer als man es gedacht hätte, als er noch dort saß. »Der Häuptling kann nichts dafür, dass die Geister uns verstoßen. Ohne seine Führung, wäre dies alles, was wir haben nicht möglich gewesen. Erweise deinem Häuptling Respekt, Bruder!«.
Eine Wolke von dichtem Rauch quoll aus dem Mund des Jägers, als er zuerst Satug anblickte, dann zu Hakhouta sah und schließlich nickte. Hakhouta erwiderte das Nicken. Er wusste, dass Draghol aufbrausend sein konnte und zu eitel war, um um Vergebung zu bitten. Auch Draghol war ein sehr enger Freund des Häuptlings, seit ihrer Kindheit. Draghol war vom selben Alter und Statur wie Hakhouta, hatte aber keinerlei Haare auf dem Kopf und einen, sehr unangenehm aussehenden, stoppeligen Bart. Er und Hakhouta spielten oft als Kinder zusammen. Als Hakhoutas Vater noch lebte, war Androghal, der Vater von Draghol, Leiter der Jagdgruppe des Clans. Als dann der Tag kam, an welchem Androghal im Sterben lag, gab er das Recht weiter an Draghols großen Bruder, Dromax, welcher wenige Wochen später auch einer Jagdverletzung unterlag. Ein Schock für den ganzen Clan und eine riesige Bürde für den damals noch jungen Draghol. Doch er hatte Hakhouta und dessen Vater, die sich beide um ihn kümmerten, als ob er Teil der Familie war. Denn auch Draghols Mutter starb bei seiner Geburt. Hakhoutas Vater pflegte oft zu sagen, dass es keine Familien gab, sondern nur eine einzige; Den Clan.
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