Die Seele gibt sich allein, urwesentlich und rein, dem Einzelnen, Urwesentlichen und Reinen, welcher auf die[se?] Bedingung hin sie erfreut besitzt, leitet [oder nur des Glaubens ist, „Urwesentlich und rein“ zu sein?] und durch sie redet. Dann ist sie freudig, jung und lebhaft. Sie ist nicht weise, aber sie durchschaut alle Dinge. Man nennt sie nicht religiös, aber sie ist unschuldig. Sie nennt das Licht ihr eignes [das Licht, die Lichtumflossenheit, die zu Ns Allzusammenklangszuständen gehörten!] und fühlt, dass das Gras wächst und der Stein fällt durch ein Gesetz, welches ihrer Natur untergeordnet und von derselben abhängig ist. Siehe sagt sie [die Seele], ich bin dem großen universalen Geist eingeboren. Ich, das Unvollkommene, verehre meine eigne Vollkommenheit [das war N aus seiner unschuldig sein wollenden Seele geschrieben!]. Auf irgendeine Art [so, wie Emerson sie ihm erklärt hatte!] bin ich fähig, die große Seele aufzunehmen und hierdurch wird es mir möglich, die Sonne und Sterne zu übersehen und sie nur für das schöne Außerwesentliche und die Wirkungen zu halten, die wechselnd und vorübergehend sind. Mehr und mehr dringen die hohen Wellen ewiger Natur in mich ein und ich werde allgemein und human in meinen Ansichten und Handlungen. So komme ich dahin, in Ideen zu leben und eine Energie in meinem Tun zu offenbaren, die [wahrhaftig?] unsterblich ist. EE.218
Die so andere, eigenwillige und waghalsige Interpretation, die N diesen Texten in seiner Fixiertheit auf sich selbst angedeihen ließ, hat Emerson verständlicherweise nicht voraussehen können!
So weit aus dem Kapitel „Die höhere Seele“. Weitere wichtige, vielfach mit Kommentaren versehene Beispiele finden sich in dem nachfolgenden Kapitel mit der Überschrift „Kreise“, einem Kapitel übrigens, in dem N besonders viele An- und Unterstreichungen hinterlassen hat. Dieses Kapitel spielte auch eine besondere Rolle für Ns als so wichtig erachteten Jugend-Aufsätze über „Fatum, Geschichte und Willensfreiheit“:
Der Schlüssel zu jedem Menschen ist sein Gedanke [was auch für N selber gilt!]. Bei all seinem Trotze und seiner Starrheit muss er dennoch einem Steuerruder folgen und dies ist die Idee, nach welcher alle seine Handlungen klassifiziert werden. Es kann nur dann eine Reform stattfinden, wenn er eine neue Idee aufstellt, die die herrschende über die alte wird.
Das kann in Bezug auf N geradezu als ein „Bilderbuchsatz“ gelten für das, was er mit und in seiner „Philosophie“ betrieben hat und erfüllen wollte! Dieser Satz war für N eine „Gebrauchsanweisung“ dafür, „wie man als wirklich wichtig angesehen wird“! Eine neue Idee aufzustellen, welche die bis zu ihm hin herrschende überdeckt - was zwangsläufig dazu führen musste, gegen das seinem Ansehen am massivsten im Wege stehende Christentum zu polemisieren und sich eine neue Moral und Göttlichkeit auszudenken ! Nach genau diesem Rezept ist N in dem, was er als seine „Philosophie“ ausgab vorgegangen. Im zwanghaften Glauben - unterstützt darin durch seine Nichtachtung „der Anderen“ und in Unterschätzung von deren faktischer Macht ! - dass sein Wille sich auf diese Weise ohne Widerstände verwirklichen ließe! Danach jedenfalls hat N gehandelt. In diesem Sinne bedurfte es „nur“ einer neuen, von ihm „ erlassenen “ und alles andere als leicht zu entwickelnder „Ewigen-Wiederkehr-Moral“ als Mittel dazu, sich für kommende, wenigstens 2 Jahrtausende geltend, „als Vollender zu schauen“! 10.487Es wird sich zeigen, wie genau, wie ausdauernd, wie verbissen einseitig und auf welch geistig beschränkte und geradezu engstirnige Weise - mit ungeheuerlichen logischen Brüchen behaftet! - N dieser Empfehlung folgte!
Das Leben des Menschen ist ein selbstevolvierender [sich selbst allmählich entwickelnder] Kreis, der nach allen Seiten hin sich zu neuen und größeren Kreisen ausdehnt und das ohne Ende. Wie weit der Umfang dieser Generation von Kreisen, Kreuzung nach Kreuzung, sich erstrecken wird, hängt von der Kraft oder der Größe der Wahrheit, die dem Menschen innewohnt ab. EE.222
Gemäß diesem Satz besteht Ns „Philosophie“ daraus, dass er bei jeder sich bietenden Gelegenheit seinen Lesern - und dies im „Ecce homo“ dann auf schrillste Weise! - klar zu machen versuchte, wie viel Kraft und Größe seinen Ideen innewohnen würde. Der „Zarathustra“ besteht - als ein ununterbrochener Wortschwall - nur daraus, in „also“ endlos gehaltenen „Reden“ darzulegen, wie sehr Er, N - als Zarathustras Schöpfer! - als der rechte Führer zum „Übermenschen“ - den nur alle so wie er selbst herbeisehnen müssten !- anzusehen ist - und dass das - durch ihn! - zum Wohle der gesamten Menschheit geschehen würde!
Emersons vielversprechende Aussage „wenn er eine neue Idee aufstellt“ fasst den Ns Kern in wenigen Worten und ist mit Sicherheit nicht spurlos an N vorübergegangen, denn alles, was er „als Philosoph“ tat, war: „unbedingt in jeder Beziehung und zu Allem und Jedem neue - und das hieß superlativ genau gegensätzliche , durch Umwertung gewonnene „Ideen“ zu entwickeln. Ideen also, die den alten vor allem in allem so gründlich wie nur irgend möglich widersprachen ! Dieser Satz Emersons beschreibt einen Schlüsselgedanken, dem N auf dem Weg „zu seiner Größe“ 4.194folgte, des Glaubens dabei, das hinge das alles allein von seinem Wollen , von seiner überschätzten Kraft und auch seinem Mut dazu ab! Sein Zauberwort für diese „ungeheure Aufgabe“ sollte die Formel „Umwertung aller Werte“ 10.12.88werden! Größtmöglicher Widerspruch im Erklären, dass genau das Gegenteil dessen, was als wahr gilt, wirklich die Wahrheit ausmachen würde! Umwertung auf seine Maße und seine Bedürfnisse hin! Dieser „goldene“ Satz hat ihn geleitet und bezeichnet sein eigentlich geistloses „Verfahren“, denn er hat nichts wirklich Kreatives zustande gebracht, um zu Größe und Anerkennung zu kommen. Seine „Philosophie“ besteht im Wesentlichen aus seinem Willen ständig neue Allgemeingültigkeiten in immer schriller klingenden Behauptungen aufzustellen, die alle, nach Emerson, von ihm und seiner Erkenntniskraft an, über die alten, von N unabhängigen Selbstverständlichkeiten „herrschen“ sollten: Natürlich in der Gefolgschaft seines „Herrscheramts“!.
Dieser von N für absolut wahr, richtig und erfolgreich gehaltene Satz Emersons bildete eine genau befolgte Grundlage von Ns nach und nach hemmungsloser werdendem Kampf gegen das Christentum, gegen Wagner, gegen sämtliche bestehenden - die Existenz „der Anderen“ einbeziehenden! - Grundlagen der Moral sowie auch, seit dem Beginn seines „Philosophierens“, den Anlass seiner Kritik an allem, was ihm , seiner Größe, seiner Möglichkeit übergroß zu erscheinen - vor allem eben durch die Anwesenheit „der Anderen“! - „im Wege stand“. Da lag es für ihn auch nahe, an etwas so Unsinniges wie seine logisch von ihm gar nicht zu begründende „Wiederholung des Immergleichen“, seine „Ewige Wiederkehr“ zu glauben, - nur weil ihm dieser Glaube als Stütze für seine Gefühle notwendig war.
Man sollte in diesem Zusammenhang nicht den Fehler begehen, zur Rettung von Ns „Größe“ Emerson so weit aufzuwerten, dass dieser in seiner ungeheuren Gültigkeit - für N! - sogar den großen N geistig umfasste und vorzubereiten verstand. So schaukelt man sich nur in der Anwendung von Superlativen in zwar zu bewundernde aber ungesicherte Höhen, ohne damit den sachlichen Zusammenhängen gerechter zu werden. Nichts von all dem, was N unter Emersons „Fahnen“ zu verwirklichen trachtete, war von letzterem beabsichtigt gewesen und wäre von ihm auch nicht gut geheißen worden. Von Emerson her gesehen, haben die beiden nichts , von N her gesehen haben die beiden alles gemein.
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