Was - wieder einmal! - eine Mahnung war, die vor Ns Ohren so gut wie ungehört verhallte!
Doch in welch unnützes Schwatzen bin ich hineingeraten! Ich habe ganz vergessen, dass ich an Dich das schreibe, der ja selbst das alles sich und viel besser sagt, als ich es kann [eben nicht, wie sich zeigen sollte!]. Doch eins hätte ich beinahe vergessen, Dir meinen großen Dank für das Gedicht [für das „Jubiläum der Schlacht bei Leipzig“] auszusprechen, das Du mir geschickt hast! Allerdings kann ich es jetzt nicht gebrauchen, da bei uns sehr wahrscheinlich gar keine Feier stattfinden wird. Ich werde mir es aber zum Bücherfest aufsparen, um es dann zu deklamieren ….. Leb wohl und empfange noch einmal meine Glückwünsche für das kommende Jahr Dein Gustav Krug.
Ns letzter in Pforta zu feiernder Geburtstag zog also vorüber. Die Vorarbeiten zum Abitur im kommenden Jahr setzten Zeichen und zwangen zu vollem Einsatz. Nebenbei aber beschäftigte N sich noch einmal mit den Mordgemetzeln der Ermanarich-Sage, in ihren verschiedenen Versionen. Dazu hatte er „viel in alten hohen Schweinslederbänden und Chroniken herumgewühlt. Es ist ein Werkchen von sechzig [handgeschriebenen] Seiten geworden. - “ 10.11.63
Am 1. Dezember schrieb der Naumburger Musiker-Freund Gustav Krug aus Naumburg an N in Pforta:
Lieber Fritz! Es ist ein eigentümliches Zusammentreffen, dass jeder von meinen Briefen an Dich mit einer Entschuldigung beginnt ….. dass Du von Pforta am letzten Sonntag so vergeblich hereinliefst, ohne uns zu finden, daran ist meine Lässigkeit im Briefschreiben schuld. Allerdings hattest Du Dich in Deinem Brief über unser Zusammentreffen in Almrich unbestimmt ausgedrückt ….. Hoffentlich können wir uns in der nächsten Zeit einmal sehen an einem Sonntag. Dann lass uns nur bestimmte Nachricht zukommen.
Mit Betrübnis habe ich gehört, dass Du bloß einen Tag in den Weihnachtsferien hier verweilen willst. Ich hatte mir schon ausgemalt, wie schön wir wieder zusammen ….. musizieren und in der Erinnerung der früheren Weihnachtsferien schwelgen würden, zumal es ja das letzte Weihnachten ist, das wir auf der Schule erleben. Kannst Du Dich noch jener schönen Wintertage erinnern, wo wir zusammen den Schumann’schen Manfred kennen lernten und uns in seinen Schönheiten vertieften? Wie herrlich ist doch noch die Erinnerung an jene Zeit! Wenn ich jene Bruchstücke, die wir uns damals aus dem Manfred abschrieben, durchspiele, dann fühle ich mich so recht zurückversetzt in die Vergangenheit, dann nähern sich wieder [in Anlehnung an eine Wendung in Goethes „Faust“!] jene schwankenden Gestalten die Gefühle, die man damals hatte und die unbestimmten Empfindungen, denen man sich hingab. Und wie bald werden wir auch auf unsern jetzigen Zustand so zurücksehen können …..
Bis jetzt ist die Saison im Allgemeinen still gewesen, von Konzerten haben wir nicht viel aufzuweisen, ausgenommen ein Kirchenkonzert des Gesangvereins ….. Schulze wird auch in diesem Winter 3 Soireen geben, außerdem werden auch noch einige Gesangvereinskonzerte stattfinden. Ich habe jetzt mehr interessante Sachen gespielt, so die beiden Romanzen von Beethoven für Violine, die beiden großen Sonaten von Raff [Joseph Joachim Raff, 1822-1882, ein deutscher Komponist und Musikpädagoge] und augenblicklich bin ich mit dem famosen Mendelsohn’schen Violinkonzert [es ist unklar, welches er meinte. In d-moll aus dem Jahr 1822 oder in e-moll aus dem Jahr 1844?] beschäftigt. Selbst etwas zu komponieren, dazu bin ich gar nicht aufgelegt …..
Gedanken [gemeint waren musikalische Einfälle] trage ich zwar genug mit mir herum, mir graut es aber vor der weiteren Ausführung. Hoffentlich wird es in den nächsten Jahren anders werden und ich hoffe da endlich einmal etwas Vernünftiges zu Stande zu bringen. Bis jetzt war ja alles so verworren geschrieben, mit Mühe herausgepresst und zusammengeleimt, dass es einem beim Anhören Angst und Bang wird. Man muss ja noch so viel vorher Theorie studieren, ehe man ordentlich praktizieren kann, dass jetzt bei den ungenügenden Kenntnissen nur höchst mangelhaftes zu Stande kommen kann. Doch genug nun! Müdigkeit und Kälte treiben mich ins Bett. Schreibe recht bald und gib uns Nachricht. Dein treuer Freund Gustav.
Von derart offen ausgesprochenen Skrupeln wurde N nicht geplagt. Er hatte sein „Herrscheramt“ - und Emerson , der ihm das Rückgrat stärkte und ihn weit hinaushob über irgendwelche Bedenklichkeiten in Bezug auf die Beschränkungen der eigenen Leistungsfähigkeit.
Am 6. Dezember 1863 schrieb N an die Mutter und Schwester in Gorenzen:
Liebe Mamma und Lisbeth. Nun so habe ich denn euren Brief und sehe, dass es euch wohl geht, wie mir, nur dass wir uns beide nach Veränderung sehnen, ihr nach Naumburg, ich zu euch. Eure Bestimmungen über Weihnachten sind mir alle recht, genießen wir sie fröhlich und mit dem Gefühl, dass es die letzten sein können für einige Zeit, die wir gemeinsam verbringen [einschließlich einer geplanten „Harzreise im Winter“]. Das nächste Mal einsam in einer etwas fernen Universität oder - nun auch im Felddienst in einer Wintercampagne für Schleswig Holstein.
Da fällt mir gleich das Wichtigste ein, was ich zu schreiben habe, dass ich nämlich bis Weihnachten noch meine sämtlichen Militärzeugnisse brauche, die Bewilligung des Vormundes usw. Teile dies dem Onkel Bernhard mit und bitte ihn, mir alles baldigst zuzuschicken. Loskommen werde ich [vom Militärdienst] schwerlich, mag es auch kaum - ….. Es geht mir ganz gut; ich besuche die liebe Tante Rosalie häufig und sie ist sehr gütig gegen mich. Mitunter gehe ich auch zu Geheimrat Backs in Kösen. Mit meiner Reise mag es kommen wie es will; zwar sollte der eine Tag hübsch in Naumburg werden und ich wollte zum Abend mir meine Freunde einladen ….. Nun lebt wohl, Mamma und Lisbeth, recht wohl! Fritz (400)
Vom 12. bis zum 16. Dezember 1863 befand sich N laut Pfortaer Krankenbuch wieder einmal auf der „Krankelei“, diesmal wegen „Diarrhö“. J1.129
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