verdächtigen oder dunklen Schatten mehr im Schaufenster entdecken. Trotzdem war ich nicht
gewillt, irgendwelche Schuhe zu kaufen und eilte nach Hause.
Aber beim vorbeigehen konnte ich es doch nicht lassen und schaute das italienische Schuhgeschäft
an. Neues aus Roma, stand darunter; Sommerschuhe, wo man hinsah. Offene, geschlossene Schuhe, Stiefel, Stiefeletten, mit oder ohne Absätze, machten keinen Eindruck mehr auf mich.
Die Gedanken verfolgten mich auch daheim. Was war mit mir los? Mechanisch liess ich die
Wohnungstür einen Spalt offen, wollte horchen und lauschen nach draussen. Weil ich angespannt war und hin und wieder an der Tür horchte und wartete, kam ich nur langsam mit Haushalt und
Kochen voran.
Endlich gegen siebzehn Uhr vernahm ich von unten einen leisen Klick. Es musste John Derby sein.
Mrs. Martin, seine Nachbarin, bewegte sich eher geräuschvoller, weil sie kein gutes Gehör hatte.
Aber dieses geheimnisvolle Gesicht, ich hätte schwören können, dass er es war; dann wiederum,
war er nicht heute Morgen mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren? Nun konnte er unmöglich dieser
Schatten sein.
Als Dan heimkam, war ich mit der Hausarbeit immer noch im Rückstand, meine Gedanken gerieten durcheinander. Für einen Moment dachte ich, meine Fantasie gehe mit mir durch; Früchte meiner
Illusionen spielten wieder Streiche mit mir, so verzweifelt war ich.
„Du bist so abwesend, Liebes“, fragte mich Dan interessiert.
Auf mein Schweigen sagte er. „Ich dachte, du hättest dir etwas Hübsches beim Shoppen gekauft.“
„Ja, ein Kleid“, sagte ich gedankenlos.
„Und, macht es dir keine Freude?“
„Doch schon.“
„Aber?“ Er verlangte präzisere Antworten von mir, doch ich setzte mich immer noch damit
auseinander, warum John, ein so netter, junger Mann, mir nachstellte.
Dan war nicht nur ein leidenschaftlicher Liebhaber, sondern auch ein sehr guter, verständnisvoller Partner.
Er nahm mich in seine Arme und sah mir liebevoll in die Augen. „Wir müssen Geduld haben,
Liebes, ein Kind wird nicht von einer Zauberhand geboren.
15-DAS VERSPRECHEN
Auch wir werden eines Tages eines besitzen. Du wirst es sehen, das musst du dir bewusst sein.“
Dan deutete meinen Missmut mit einer Kinderlosigkeit und tröstete mich zärtlich in seinen Armen.
Auch in dieser Nacht; obwohl Dan ein sehr guter Liebhaber war;
„Du bist noch immer so abwesend und verkrampft“, warf er mir sanft vor.
„Wir Menschen sind eben nicht immer in gleicher Stimmung, es gibt halt so Tage.“
„Du warst doch sonst immer im Liebesspiel so liebevoll.“
„Vielleicht ist heute nicht mein Tag.“
Er streichelte sanft und verständnisvoll meine Haare. „Geduld, mein Liebling, Geduld“, sprach er
mir sanft zu.
Ich fand in dieser Nacht keine Ruhe, suchte nach Spuren und plausiblen Erklärungen, die immer
noch Rätsel aufgaben, warf mich unruhig im Bett hin und her, während ich Dans gleichmässige
Atemzüge hörte und horchte nach einer Bewegung oder ein Zeichen von unten.
16-DAS VERSPRECHEN
KAPITEL 4: DER SUPERMARKT
Je mehr ich mich mit John beschäftigte, umso mehr verwöhnte ich meinen Mann Dan. Es sollte sich
diese trübselige Nacht nicht wiederholen, dachte ich; es wäre ungerecht Dan gegenüber. Dan
verwöhnte mich mit Liebe und Leidenschaft, und ich ihn mit köstlichen Menüs vom Fernsehen, aus Kochbüchern oder einfach selbst erfundenen Rezepten.
So wie heute; „Ich liebe meinen Mann“, rief ich mir in Erinnerungen auf dem Parkplatz eines
der grössten Supermarkts in unserer Stadt, in unserer Nähe lag. Dan war meine High-Schcool
Liebe und meine grosse Liebe bis heute geblieben. Wenn ich nochmal heiraten möchte, würde ich
ihn heiraten.
„Ich möchte keine frustrierte Karrierefrau, wenn ich heimkomme“, drückte er sich immer aus.
Es gefiel ihm, umgarnt zu werden, umso mehr verwöhnte er mich mit Liebe und Leidenschaft.
Dann wechselten meine Gedanken zu John, je mehr ich mich in ihn vertiefte, desto mehr geriet ich
ins Grübeln.
Eben wurde mir der letzte Parkplatz nahe des Einkaufszentrums weggeschnappt, weil ich, in
Gedanken beschäftigt, keine schnelle Reaktion zeigen konnte. Also fuhr ich weiter nach hinten, was
mich ärgerte; denn der Weg zum und vom Einkaufszentrum wird nach dem Einkauf mit vollem
Einkaufswagen länger und mühsamer. Das alles wäre mir nicht passiert, wenn ich mich auf das
reale Geschehen konzentriert hätte. Dan behielt an dieser Stelle Recht, als er behauptete;
„Nicht träumen, du musst mehr auf das Reale konzentriert sein, Liebes“
Zuerst stöberte ich in der Gemüseabteilung; Salat, Karotten, Auberginen und noch einige Früchte legte ich eins nach dem andern auf die Wage und dann in den Einkaufswagen.
An der Käseabteilung blieb ich stehen; Henry IV, Dans Lieblingskäse, lag ganz frisch und
unberührt auf der Käsetheke; ich verlangte ein grosses Stück davon. Dann kaufte ich noch
genügend Halbhartkäse.
An der Fleischtheke beobachtete ich die Fleischstücke ganz genau wegen Farbe und Lagerung. Die
Fleischverkäuferin kam zu mir und fragte mich nach meinem Wunsch.
„Rindsfilet bitte“, bat ich sie.
„Sehr gern“, und schon eilte sie davon.
Sie zeigte mir ein schönes Stück, das für zwei Personen gerade recht wäre und ich war damit
einverstanden.
„Anne Warren…Anne Warren!“, hörte ich irgendwo hinter mir.
Ich sah zur Verkäuferin, ob sie diese Rufe auch mitbekommen hatte, aber sie war beschäftigt mit
Fleisch wiegen und einpacken. Und ich war mir nicht sicher, ob mir meine Sinne wieder von neuem
einen Streich spielen, indem ich mir auch dieses Mal einbildete, John Derbys Stimme zu hören.
„Anne…Anne Warren…was für ein schöner Zufall.“
In der Tat stand John Derby neben mir in unmittelbarer Nähe, sodass ich sein herzliches Lächeln
und seine glänzenden Augen schnell registrieren konnte. Anscheinend hatte er grosse Freude, mich wiederzusehen, was aus seinem strahlenden Gesicht zu entnehmen war.
„Hallo John“, begrüsste ich ihn, hatte aber einen Moment Angst, er könnte meine Gedanken
verraten. Deshalb lenkte ich mit einer Frage ab, „…haben Sie sich gut eingelebt in ihrer Wohnung?“
17-DAS VERSPRECHEN
„Ja, ich bin sehr gern in meiner Wohnung.“
„Freut mich für Sie.“
„Was für eine schöne Überraschung“, sagte er, sein Grübchen vertiefte sich dabei. „Sie hier zu treffen!“
In der Tat, hier im Supermarkt hätte ich ihn am wenigsten erwartet.
„Ein schönes Stück Rindsfilet haben Sie gekauft. Rindsfilet ist auch mein Leibgericht.“
Und wie vermutet, hatte er auch ein Stück Rinds-Filet gekauft.
Er verzauberte mich mit seiner Aura und seinem herzlichen Charme. Wir erledigten des Rest des
Einkaufs gemeinsam; Seite an Seite, half er mir, einen guten Rotwein auszusuchen, wie er einen
guten Geschmack zeigte. Ja, wir tauschten sogar Rezepte untereinander aus.
Gemeinsam liefen wir beide an die Kasse. Nachdem wir bezahlt hatten, sagte er: „Bitte
entschuldigen Sie, ich muss noch war erledigen“, und bog nach rechts ab, wo sich der Kiosk, der
Blumenladen, das Sportgeschäft und zwei kleine Boutiquen befanden.
Ich konnte diesem jungen Mann nichts nachtragen, nur Positives fiel mir ein, während ich den
langen Weg zu meinem Wagen folgte.
Es hat sich einiges gestapelt, dachte ich, als ich die eingekaufte Ware in den Kofferraum lud. Der
kleine Raum füllte sich nach und nach; ein bisschen besser einordnen, und ich bekam den Rest auch noch rein. Als ich den Kofferraum zuklappte, war ich von Neuem erschrocken; John stand neben meinem Auto, einen Blumenstrauss in der Hand. „Für die netteste, freundlichste Nachbarin der
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