Für die höchst bescheidnen Zecher,
Denen Wasser Gnüge thut.«
»Und auf meines Grabsteins Mitte
Streut zugleich des Weizens Frucht,
Daß die Schaar zu Gast sich bitte,
Die oft mühvoll Nahrung sucht.«
Als der gute Minnesänger
Sein Vermächtniß so gemacht,
Stundet ihm der Tod nicht länger
Seinen Gang ins Reich der Nacht.
Und in Würzburg, an dem Orte,
Wo er hauste lange Zeit,
Ward ihm vor des Münsters Pforte
Seine Ruhestatt geweiht.
Ihre grünen Arme streckten
Hohe Linden drüber hin
Und die Vögelein entdeckten
Bald den reichen Fruchtgewinn.
Freudig flogen sie hernieder,
Labten sich mit Speis' und Trank,
Schwirrten auf die Bäume wieder,
Sangen dort dem Geber Dank.
Doch erlebte dies Vermächtniß
Leider nur ein nahes Jahr,
Ob's zu ewigem Gedächtniß
Gleich unlängst gestiftet war.
Denn der Chorherrn böses Geizen
Unterbrach der Spende Lauf,
Und sie sammelten den Weizen
Für sich selbst zu Kuchen auf.
Auch das Wasser ließ man fehlen,
Das behielten Quell und Bach,
Jene weingewohnten Kehlen
Sehnten nimmer sich danach.
250. Des Malers Rache.
Von J u l i u s R u t t o r .
War einst ein junger Maler
Zu Würzburg, weitbekannt;
Sein Name wird in keiner
Der Chroniken genannt.
Doch lebt im Volkesmunde
Des Malers Rachethat;
Ich will es euch erzählen,
Wie sich's begeben hat.
Der Maler führt den Pinsel
Nach innerm Künstlerdrang;
Darum ihm auch vortrefflich
Des Heilands Bild gelang.
Und weit und breit erschollen
War unsers Malers Ruhm;
Und seine Bilder prangten
Im Tempelheiligthum.
Da war im Reuernkloster
Ein Mönch zur selben Zeit,
Trotz seinem mächt'gen Geize
Im Ruf der Heiligkeit.
Der ließ den Maler kommen,
Und sprach: »Mein lieber Sohn!
Mal' unsrer Kirch' den Heiland,
Was heischest du für Lohn?« –
Der Maler sprach: »Zweihundert
Bezahlt der Gulden mir;
Ich mal' euch unsern Heiland,
Schön soll er prangen hier.
Doch brauch' ich zwanzig Wochen,
Bis er vollendet ist;
Ich mal' mit allem Fleiße
Das Bild von Jesu Christ.«
Der Priester drauf versprach ihm
Den ausgedungnen Lohn;
Der Maler ging zur Arbeit
Voll Eifer gleich davon.
Und als die zwanzig Wochen
Vorbei, die Arbeitsfrist;
Da ist das Bild vollendet,
Das Bild von Jesu Christ.
Er tritt mit seinem Bilde
Zum greisen Prior hin;
Doch dieser will vom Lohne
Die Hälfte weg ihm zieh'n.
Da wird der Maler zornig,
Vernichtet rasch das Bild,
Und droht dem Mönche Rache,
Sein Auge rollet wild.
Der Maler eilt nach Hause,
Im Herz der Rache Plan:
»Dich soll man immer schauen,
Weil du mir so gethan.«
Und schon am andern Tage
Wird neu ein Bild bestellt,
Wo Christus wird gezeiget
Der schlimmen Judenwelt.
Dieß Bild soll in dem Dome
Dort am Altare steh'n.
Hört nun, was von dem Maler
Dem Mönchen ist gescheh'n.
Er malet den Pilatus,
Wie er den Heiland zeigt,
Und sich zum Judenvolke
Vom Altan sprechend neigt:
Seht da den Judenkönig!
Seht euren Meister an! –
Da schrie das Volk der Juden
In seinem irren Wahn:
An's Kreuz mit dem Betrüger,
Er sprach dem Kaiser Hohn;
Den Tod soll er erleiden
Als seiner Thaten Lohn!
Und in der Juden Mitte,
Da sieht man einen Mann,
Mit einem weißen Mantel,
Hat braune Kutte an.
Das Haupt ist ihm geschoren,
Er streckt den Arm empor,
Und feuert an zum Rufen
Des Judenvolkes Chor.
Und dieser ist der Prior. –
Der Maler Rache sann,
Er zeichnet ihn noch schlechter
Als jeden jüd'schen Mann.
Der Maler ist vergessen,
Ihn nennt kein Chronikbuch,
Doch jenen geiz'gen Mönchen
Verfolgt der Rache Fluch.
Ihn schau'st du auf dem Bilde
Zu Würzburg in dem Dom,
Wie er dem Volk der Juden
Anregt der Bosheit Strom.
Der Maler ist vergessen,
Sein Nam' wird nicht genannt;
Doch seine grimme Rache
Zeigt des Altares Wand.
251. Stift Haug.
B. B a a d e r bei M o n e , Anz. IV., 411.
Als die Hauger Stiftskirche in Würzburg erbaut werden
sollte, machte sich der Baumeister verbindlich,
ein schönes Gotteshaus mit hoher Kuppel, ähnlich der
Peterskirche in Rom, herzustellen, auch wollte er,
wenn das Werk mißlänge, durchaus keinen Lohn
dafür. Mit Hülfe des Teufels vollendete er das Gebäude.
Als man das Gerüst vom Gewölbe nahm, senkte
sich der Bau mit solchem Krachen, daß der Baumeister
glaubte, Alles stürze zusammen. Eilends schwang
er sich auf sein Pferd und sprengte den Galgenberg
hinauf; wurde aber hier vom bösen Feinde geholt. Bis
zum heutigen Tag ist die Kirche noch nicht bezahlt.
So oft etwas an der Kuppel ausgebessert wird, muß
ein Arbeiter dabei das Leben verlieren; was auch im
Jahre 1827 wieder der Fall gewesen ist.
252. Das Teufelsthor zu Würzburg.
Von J. R u t t o r .
In mitternächt'ger Stunde,
Im Arme das Gewehr,
So schreitet dort am Thore
Die Wache hin und her.
Da kommt ein schwarzer Pudel,
Und grinst den Krieger an,
Und droht ihn zu zerreißen,
Die Wache sieht ihn nah'n.
Da tönt es aus dem Pudel
Wie eines Menschen Laut;
Dem Krieger scheint's nicht richtig,
Als er ihn näher schaut.
»Zurück!« ruft nun die Wache, –
Der Pudel weichet nicht.
»Zurück!« so schallt es nochmals,
Der Spukgeist weichet nicht.
Es schallt zum dritten Male:
»Zurück!« – es wirket nicht;
Da legt er an und schießet
Dem Pudel in's Gesicht.
Und gut hat er getroffen,
Der Spukgeist liegt im Blut,
Und röchelt vor dem Tode
In letzter Lebensglut.
Und als am andern Morgen
Den Pudel man beschaut,
Ist's eines Studio Leiche
In eines Pudels Haut.
Der wollt' die Wache schrecken,
Und büßt' den Frevel schwer.
Es schrecket wohl kein Studio
Vermummt die Wache mehr.
Und kommt die eilfte Stunde,
So spukt sein Geist am Thor;
Als schwarzer Pudel rennt er
Mit weißem Schweif und Ohr.
Und seit die Wache nimmer
Am Thore dorten steht,
So hält der Teufel selber
Dort Wache – ha nun seht!
Was trägt er auf der Schulter?
Das ist doch kein Gewehr?
Er schultert die Kanone,
Ihm ist sie nicht zu schwer.
Noch jetzt spukts dort am Thore
In stiller Mitternacht,
Wenn Alles rings im Schlummer
Und noch der Träumer wacht.
Ich sah den Spuck auch schleichen
Jüngst dort entlang der Wand.
Das Thor es wird noch heute
Das Teufelsthor genannt.
253. Die Residenz zu Würzburg.
Von J. R u t t o r .
Die Bauten sind zu Ende,
Es prangt der Fürstenbau,
Und über ihm sich wölbet
Voll Stolz des Himmels Blau.
Die Residenz, die schöne,
Sie prangt in Kaiserpracht;
Das Werk bald in Vollendung
Dem edlen Meister lacht.
Da tritt er vor den Bischof,
Und fordert seinen Lohn;
Doch dieser zwacket dieses
Und jenes ab davon.
Der Meister drob erzürnet,
Geräth in bittre Wuth,
Und redet zu sich selber
In heißer Zornesglut:
»Der Bau soll stets erinnern,
Daß er nicht ganz bezahlt;
Der Bau wird nicht vollendet,
Wie fürstlich er auch strahlt!«
Und tritt zu den Gesellen,
Und spricht das herr'sche Wort:
»Ein Fenster gegen Norden
Читать дальше