Den Bischof, den Dechant, die Diener, sonst Nichts.
Die Aebtin eilet entsetzt in den Chor,
Und sendet Gebete zum Himmel empor,
Und klaget: »So früh schon zum Tode bestimmt,
Da frisch noch die Lampe des Lebens ihm glimmt!«
Der Bischof reitet zur Stadt zurück:
»Ein solcher Tag ist im Leben ein Glück!«
Der Bischof reitet hinan auf's Schloß,
Steigt ab, und streichelt das muntere Roß.
Das Rößlein wird in den Stall geführt,
Da hat's nicht Hafer noch Heu berührt,
Dem Bischof drückte zur ewigen Ruh'
Der Engel des Todes die Augen zu.
Dies Alles geschah in derselbigen Nacht,
Des andern Tags hat die Sonne gelacht
So freundlich, als wie den Tag vorher,
Das Roß und den Reiter – sie freut es nicht mehr.
246. Bischof und Marschall.
Von F . J . F r e i h o l z . – J o h a n n G o t t f r i e d
II. von G u t e n b e r g Bischof und Herzog in Franken
1684-1698.
Nicht immer wohnet Tapferkeit
Im blankgeschliffnen Schwerte,
Es gibt auch sonst noch tapfre Leut
Auf Gottes weiter Erde,
Und mancher unterm Pfaffenhut
Zeigt in Gefahren großen Muth.
Zu Würzburg in dem Frankenland
Saß auf dem Bischofstuhle
Ein edler Herr; an seiner Hand
Saß immer seine Buhle;
Die liebt er heiß, die liebt er sehr,
Sie war auch schön, hieß – F ü r s t e n e h r ' !
Da kam Türenne, der große Held
Ließ nirgends was als – Asche,
Und steckte gern die ganze Welt
In Frankreichs weite Tasche.
Kam auch nach Würzburg, klopfte an,
Doch ward ihm hier nicht aufgethan.
Da lacht der Marschall: »Ha bei Gott!
Die sollens noch beklagen!«
Und läßt dem Bischof wie zum Spott
Die kurze Rede sagen:
»Komm' morgen selbst zum Bischof Hans,
Und eß mit ihm die Martinsgans!«
Doch Hans Gottfried, der tapfre Mann
Versammelt seine Franken:
»So lang ich auf euch bauen kann,
Soll auch mein Muth nicht wanken.
Den Kelch vertausch' ich mit dem Schwert,
Und schütze euch und euren Herd!«
Da schlägt aus jeder Frankenbrust
Ein Jubel gegen Himmel;
Das ist ein Leben, eine Lust
Ein kriegerisch Gewimmel;
Und Jeder nimmt das Schwert zur Hand
Zum Schutze für das Vaterland.
Der Bischof spricht zum Feldmarschall
Durch seinen Abgesandten:
»Es ist zu einem Mittagsmahl
Viel Gänsefleisch vorhanden.
Dieweil in Franken Gastrecht gilt
Sind ihn zu füttern wir gewillt.
Doch käme er zu uns als Feind,
Soll dies Brandschatzung heißen,
Dann haben wir's nicht so gemeint,
Dann gibt es Gäns von Eisen;
Und biss' er sich an unsrem Trumpf
Auch alle seine Zähne stumpf.
Und alldieweil die Gänse sind
Sehr schwierig zu vertragen,
So sind wir freundlich ihm gesinnt,
Und füllen ihm den Magen
Mit heißem, blutigrothem Wein,
Den schenken Kanoniere ein!«
Es stutzt der Marschall, staunt und schaut,
Als dieses er vernommen;
Auch ist ihm eine Gänsehaut
Gar plötzlich überkommen.
Hat reiflich drüber nachgedacht,
Und klüglich sich davon gemacht.
Drum noch einmal, nicht immer steckt
Die Tapferkeit im Schwerte
Und manches Pfaffenkleid verdeckt
Wie diese Sage lehrte,
Zu seiner Unterthanen Glück
Ein muth'ges Herz im Mißgeschick.
247. Der heilige Macarius zu Würzburg.
G r o p p Wirtzb. Chronik II., 222.
Macarius, ein Mönch aus dem Schottenkloster zu Regensburg,
nachmals Abt des Schottenklosters St.
Jakob in Würzburg, war nicht sobald zu Würzburg
angekommen, als der Ruf seiner Heiligkeit sich verbreitete.
Eines Tages kam er in Geschäften zu dem
Bischof Embrico, welcher ihn gar freundlich empfing
und befahl, nach Landes Gebrauch mit einem guten
Trunke Wein zu bewillkommnen. Macarius, fest entschlossen,
bei seiner strengen Lebensart und Abbruch
von Wein zu verharren, entschuldigte sich ehrfürchtig
mit diesen Worten: Mein Vater! ich trinke keinen
Wein. Der Bischof versetzte: ich befehle dir aus heiligem
Gehorsam, bitte dich auch, daß du zu Ehren des
heil. Martyrers Kilian mit mir etwas Weniges von diesem
Wein verkostest.
Also stund Macarius zwischen zweien Tugenden,
des Gehorsams und des Abbruchs, zweifelhaft, welcher
von beiden er folgen sollte. Und siehe, er nimmt
den eingeschenkten Becher und verkostet etwas Weniges.
Alsdann redet er den Bischof an: Hochwürdiger
Vater! ihr werdet aus gleicher Lieb euch gefallen lassen,
mir aus diesem Becher Bescheid zu thun. Embri-
co nimmt solchen von dem Abte, verkostet denselben,
und da er merkt, daß es Wasser, verwundert er sich
über die Maßen, ruft seinen Mundschenk mit dem
Verweis, warum er dem Abte Macarius Wasser eingeschenkt,
da er doch befohlen, ihm von dem guten Kiliani-
Wein zuzubringen. Der Mundschenk betheuerte
gar sehr, daß er von dem besten Weine im ganzen bischöflichen
Keller herbeigebracht habe. Hierauf hat
der Bischof selbst allen Anwesenden den Becher
herum getragen und jedem das aus Wein gewordene
Wasser zu verkosten gegeben. Alsbald wurde das
Wunder in der Stadt bekannt, zu Jedermanns Erstaunen,
so daß darob die Glocken geläutet, auch Macarius
als ein frommer Diener Gottes von dem Bischof,
Hohen und Niedern durch das ganze Land geehrt und
gepriesen worden1.
Fußnoten
1 Vgl. die Legende von M e c h t i l d i s zu D i e s -
s e n in Z i m m e r m a n n s geistl. Kal. I., 138.
248. Das Grab im neuen Münster zu Würzburg.
Von A u g u s t S t ö b e r .
Im Lorenzgarten liegt ein Stein
An einer kühlen Stelle,
Da schwirren die Vöglein aus und ein,
Und pfeifen und singen helle.
Es ist ein alter Leichenstein
Von Trauerweiden beschattet,
Darunter liegt im engen Schrein
Ein Sängerherz bestattet.
Die Vöglein waren seine Lust,
Es hörte gern ihr Singen,
Und hüpfte selber in der Brust,
Wie muntre Vöglein springen.
Der Sänger lauschte mit Acht und Müh,
Der Lerche Ton zu lernen:
Auch schallt sein Lied wie morgenfrüh
Aus himmelblauen Fernen.
Er lernte von der Nachtigall
Das innigliche Kosen:
Drum singt er oft mit süßem Schall
Von Minnelust und Rosen.
Auch liebt er, wie die Vögelein,
Ein Wanderleben zu führen,
Und Gärten und Felder aus und ein
Die Flügel frisch zu rühren.
So streift er über den Wiesengrund
Und über die Bergesgipfel,
Bis er ein warmes Nestchen fand
Auf einem stolzen Wipfel.
An Vögel mahnt des Sängers Nam',
Ein Vöglein saß im Schilde,
Und als er nun zu sterben kam,
Bedacht' er sie gar milde.
»Vier Löcher höhlt in meinen Stein,
Und senkt darein vier Tröglein,
Und schüttet Wasser und Körner ein
Für meine lieben Vöglein!«
Und was er bat im letzten Drang,
Willfahret ward ihm eilig;
Die Klosterbrüder hielten lang
Des Sängers Willen heilig.
Herr Walther von der Vogelweid
Ist unser Meister geheißen;
Noch fliegen Vögel aus Wald und Haid
Und singen ihm frische Weisen.
249. Des Minnesängers Vermächtniß.
Von L a n g b e i n .
»Walther von der Vogelweide
Nennt mich alten Mann die Welt,
Und ein Weidplatz, wann ich scheide,
Sei den Vögelein bestellt.«
»Meinen Leichnam zu bedecken,
Wählet einen flachen Stein,
Und vier Höhlen an den Ecken
Meiselt tief und sauber ein.«
»Füllet täglich diesen Becher
Mit des Baches reiner Flut
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