dem Fasse steigt, ein gutes, wenn er aber sinkt, ein
schlechtes Weinjahr bedeutet, aber er hatte nicht hinreichend
Geld, um im letzteren Falle zu rechter Zeit
erkleckliche Weinvorräthe einzukaufen. Er wußte
auch, daß zu derselben heiligen Zeit aus gewissen
Quellen Wein fließt, allein in den wenigen Augenblikken,
in welchen die Mitternachtsglocke schlägt, läßt
sich nicht viel Wein schöpfen, und es ist eben auch
damit nicht zu scherzen: war doch kurz vor jener Zeit
erst ein Mann dabei sehr übel gefahren. Der hatte
auch in der heiligen Christnacht eine Quelle, wo Wein
fließen sollte, glücklich unbeschrieen erreicht, und als
es zwölf Uhr schlug, trank er und rief freudig aus:
Alleweil1 trink ich Wein!
Aber ein Krallenfuß packte ihn, der das Gebot des
Schweigens gebrochen hatte, am Genick, eine Donnerstimme
rief:
Alleweil bist Du mein!
und der Mann ward nicht mehr gesehen.
Dem Faulenbacher Wirth ward bekannt, daß auf
dem Kühlberge das Kraut wuchs, das allen Zauber
löst. So sehr es ihm nach seinem Besitze gelüstete,
hatte er doch lange gezögert, es zu holen, denn er sah
voraus, daß er mit allen Schrecken der Unterwelt zu
kämpfen haben werde, wenn er es erlangen wollte.
Endlich aber überwand die Geldgier alle Bedenklichkeiten
und in der nächsten heiligen Christnacht machte
er sich auf den Weg.
Der Kühlberg ist ein mäßiger Berg zwischen Faulenbach
und Stadt-Prozelten; die Aussicht ist dort
prachtvoll, aber der Boden ist schlecht und nährt nur
nothdürftig traurige Kiefern; in ihrem Schatten wächst
das Zauberkraut.
Der Mann hatte den Wald kaum betreten, da wälzte
sich ihm ein Ding entgegen, das er nicht recht zu erkennen
vermochte, das aber so gräulich war, daß es
auch einem beherzten Manne Schrecken einjagen
konnte. Aber er ließ sich nicht einschüchtern, und als
das Ungethüm bis zu seinen Füßen kollerte, faßte er
sich schnell und sprang darüber weg. Ohne sich umzusehen
eilte er weiter, aber bald trat ihm in der Enge
des Weges ein schwarzer Mann entgegen hoch wie
ein Kirchthurm. Neben vorbei war kein Raum und an
das Ueberspringen war ohnehin nicht zu denken; der
Riese kam mit so gewaltigen Schritten auf ihn los,
daß seine Beine gleichsam einen Thorbogen bildeten
– und schnell schlüpfte der Mann durch und kam
unverletzt davon. – Schon nahte er sich der Stelle, wo
das gesuchte Kraut wachsen mußte und er glaubte
sich schon am Ziele, als von allen Seiten Kriegsknechte
zu Roß und zu Fuß heranrückten und drohend
gegen ihn die Waffen schwangen. Er ließ auch da seinen
Muth nicht sinken und schlüpfte bald an einem
Ritter, bald an einem Fußknechte vorbei; aber es stellten
sich ihm stets neue Schaaren entgegen – und als
sie endlich ihre Reihen lichteten und er eben den Letzten
hinter sich hatte, schlug es zwölf Uhr. – Der
Spuck verschwand, aber auch die kostbare Zeit war
verschwunden und unverrichteter Dinge und todesmatt
schlich der Mann seiner Heimath zu.
Als am andern Morgen den Mann, der den tiefen
Schlaf gänzlicher Erschöpfung schlief, seine Leute
wecken wollten, bebten sie erschrocken zurück, denn
die einzige Nacht hatte aus dem kräftigen Manne im
besten Lebensalter einen hinfälligen Greis mit weißen
Haaren gemacht. Er hat seinen Verwandten, deren
Kinder zum Theil noch leben, oft die Geschichte zum
warnenden Beispiel erzählt.
Fußnoten
1 Jetzt.
298. Der Schatz auf der Karlshöhe.
Von B. B a a d e r im Anz. v. M o n e IV., 162.
Auf der Karlshöhe im Spessart liegt ein Platz, den
man die Schatzgräberei nennt. Hier liegen eine silberne
Glocke und eine Kiste voll Geld vergraben,
welche dem Frauenkloster Schmerlenbach gehört
haben. Eine Nonne ist schon oft als Gespenst auf dem
Platz und in der Umgegend gesehen worden. Zu
einem Köhler aus Steinmark, der Nachts auf der
Karlshöhe Kohlen brannte, kam sie bis an seine
Hütte, zeigte ihm einen großen Schlüssel, den sie in
der Hand trug, und winkte ihm, mit ihr zu gehen. Der
Köhler aber, voll Angst, blieb in seiner Hütte zurück;
worauf der Geist traurig davonging.
Schon mehrmals haben Leute versucht, den Schatz
zu heben, es ist ihnen aber noch jedesmal mißlungen.
299. Wie ein Bauer Niedernberg rettet.
L. B r a u n f e l s Mainufer S. 326.
Als die Schweden in die Gegend von N i e d e r n -
b e r g bei Aschaffenburg kamen, begaben sich alle
Bauern des Dorfes auf die Flucht, nur ein einziger
blieb. Der machte sich getrosten Muthes auf, ging den
Feinden entgegen, begehrte Gehör bei Gustav Adolf,
und bat ihn in schlichten Worten um Schonung für
seinen Ort. Der König gewährte die Bitte; und um das
fromme Vertrauen des Bauern zu belohnen, schenkte
er ihm alle Häuser und Felder der ganzen Gemeinde.
Als später die Schweden abzogen und die Entflohenen
zurückgekehrt waren, stellte der Bauer Jedem das Seinige
wieder zu; in der ganzen Gegend aber war kein
Edelmann fürderhin so hochgeehrt, wie dieser Bauer.
300. Das Wunderkreuz.
Von S c h ö p p n e r . – Unfern der Fasanerie bei
A s c h a f f e n b u r g sieht man Spuren der Stammburg
der C u g l e n b e r g e , die nachmals bei
S t a d t p r o z e l t e n , eine mit jener Burg
gleichnamige erbauten. Die Veranlassung zur
Uebersiedlung erzählt die Sage B e h l e n u. M e r k e l
Gesch. u. Beschr. v. Aschaffenburg, S. 13.
Juchhei! mein schönes Fräulein von Cuglenberg!
juchhei!
Es zieht auf stolzem Rosse der Bräutigam herbei!
Zum Feste geht es heute, schon naht des Ritters Troß,
Bald klingt vom Hochzeitjubel der Cuglenberge
Schloß.
Das schöne Bräutchen eilet behend auf den Altan,
Mit süßem Minnegruße den Liebsten zu empfah'n.
Da schallt Trompetenschmettern entgegen ihm so
traut –
O Gott! was muß geschehen? – zu Boden sinkt die
Braut.
Der Rappe tobt und schäumet – o gräßliches
Geschick –
Vom Rosse stürzt der Ritter und bricht sich das
Genick.
Das Fräulein ringt die Hände, es bricht ihr armes
Herz,
Sie klagt in einem Kloster dem Heiland ihren
Schmerz.
Ein Kreuz von ihr errichtet an jenem Schreckensort
Es trug auf unsre Zeiten die Trauerkunde fort.
Und weil der Pilger mancher dort Trost und Rettung
fand,
So ward das Kreuz vom Volke das Wunderkreuz
genannt.
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