Maria Leitner - Tibetische Märchen

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Die vorliegende Märchensammlung gibt eine kleine Auswahl aus dem sehr reichen Märchenschatz der Tibeter.
Diese Legenden und Fabeln sind zum größten Teil den kanonischen Büchern, die unter dem Namen Kadschur und Tandschur bekannt sind, entnommen.

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Maria Leitner

Tibetische Märchen

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Inhaltsverzeichnis

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Vorwort Vorwort Die vorliegende Legenden- und Fabelsammlung gibt eine kleine Auswahl aus dem sehr reichen Märchenschatz der Tibeter. Die Geschichten sind zum größten Teil den kanonischen Büchern der Tibeter entnommen, die unter dem Namen Kadschur und Tandschur bekannt sind und die aus über dreihundert Großfolio-Bänden bestehen. Sie wurden hauptsächlich im siebenten bis neunten Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung von buddhistischen Priestern aus dem Pali und Sanskrit übersetzt. Vor Allem der Kadschur enthält eine unübersehbare Reihe von Märchen. Während die dogmatischen Schriften zum größten Teil sehr genaue, fast wörtliche Übersetzungen sind, wurde bei den Märchen der Phantasie und Erfindung freier Spielraum gelassen. Auch dort, wo die Märchen sich auf indische Vorbilder stützten, behalten sie eine durchaus eigene Note. Keine andere Literatur spiegelt so klar die buddhistische Weltauffassung wieder. In keiner anderen wird die Hingebung, Aufopferung und Selbstkasteiung in so unglaublich vielen Variationen dargestellt und gepriesen.

Die Legende von Bodhisatta Padmapani

Die Schakale und der Tiger

Die Selbstopferung Buddhas

Die Legende von Tschakdor

Der stumme Krüppel

Der König Tschiwotschei

Die Seereise des Dschinpa tsch’enpo

Dordsche

Ssemtschan tsch’enpo opfert seinen Körper einer Tigerin

Von der Armen, die ihre Armut verkaufte

Midungwa Ssorprenjgtschun

Der Duldende

Kungta und Sutosoma

Die Nonne Uptala

Wißwantara

Der König Scheirab-od, das Licht der Weisheit

Karmo

Ssumena und ihre zehn Söhne

Der König Schudtologgarni

Langpotschong

Buddha und die 500 Bettler

Der Tod Schariibus

Die fünfhundert Gänse, die Gottheiten wurden

Der in einen Drachenkönig verwandelte Tschoitsche Pagpa

Die dankbaren Tiere und der undankbare Mensch

Upagupta und die Dirne

Upagupta und der sündvolle Dud

Der verstoßene Priester

Der Tiger und der Mensch

Die Geschichte von der Redlichkeit

Glossar

Impressum neobooks

Vorwort

Die vorliegende Legenden- und Fabelsammlung gibt eine kleine Auswahl aus dem sehr reichen Märchenschatz der Tibeter. Die Geschichten sind zum größten Teil den kanonischen Büchern der Tibeter entnommen, die unter dem Namen Kadschur und Tandschur bekannt sind und die aus über dreihundert Großfolio-Bänden bestehen. Sie wurden hauptsächlich im siebenten bis neunten Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung von buddhistischen Priestern aus dem Pali und Sanskrit übersetzt.

Vor Allem der Kadschur enthält eine unübersehbare Reihe von Märchen. Während die dogmatischen Schriften zum größten Teil sehr genaue, fast wörtliche Übersetzungen sind, wurde bei den Märchen der Phantasie und Erfindung freier Spielraum gelassen. Auch dort, wo die Märchen sich auf indische Vorbilder stützten, behalten sie eine durchaus eigene Note.

Keine andere Literatur spiegelt so klar die buddhistische Weltauffassung wieder. In keiner anderen wird die Hingebung, Aufopferung und Selbstkasteiung in so unglaublich vielen Variationen dargestellt und gepriesen.

Die Legende von Bodhisatta Padmapani

Vor unzähligen Kalpas lebte der große Buddha Odpadmed in vollkommener Seligkeit im Paradies Dewahan, umgeben von den Glücklichen, die dem ewigen Kreislauf enthoben waren.

Blickte aber Buddha Odpadmed hinab in die Menschenwelt, betrübte ihn das Elend und der Jammer der Erde. Da beschloß der Wahrhaft-Vollendete unbeschreiblich strahlende Buddha Odpadmed zur Errettung der Kreaturen einen Bodhisatta in die Welt hinabzusenden.

Er wünschte aber, daß die Herrscher der Erde dem Erlösungswerk sich wohlwollend zeigen sollten und er wollte deshalb, daß der Bodhisatta als ein großer König geboren werde.

Buddha Odpadmed schickte einen glänzenden weißen Strahl aus seinem rechten Auge in die Welt. So entstand der Bodhisatta.

Damals aber lebte ein König namens Mangli. Er beherrschte die vier Weltteile und war unermeßlich reich und mächtig. Obgleich er tausend strahlend schöne Gemahlinnen hatte, war ihm kein Sohn beschieden. Er betete zu allen Göttern und Schutzgeistern und erflehte einen Erben. Reiche Opfergaben spendete Mangli und ließ die Altäre der Gottheiten regelmäßig mit Blumen und Gewürzen schmücken. Er schickte seine Leute immer nach dem nahen See Padmatu-Nur, wo schöne rosa Lotosblüten wuchsen.

Nun geschah es einmal, daß die Männer, die um Blumen gesandt wurden, die Nachricht brachten, daß inmitten des Sees eine Riesenlotos erblüht sei.

Der König hörte von dieser Wunderblume und er beschloß, sofort hinzueilen und auf dem Blütenkelch einen Tempel zu errichten.

Im ganzen Lande sprach man über dieses Wunder, das man aber vergeblich zu deuten versuchte.

Für den König stellte man besondere Flosse her, welche ihn und sein Gefolge zu der Lotos bringen sollten. Mit vielen Opfergaben, mit Gesang und Paukenschlägen fuhr der König und der ganze Hofstaat über den See, um die Wunderblume zu ehren und anzubeten.

Als man aber zu der Stelle kam, sahen alle voll Erstaunen, daß der Kelch der Lotosblume sich langsam öffnete und ihm ein unvergleichlich schöner Jüngling mit einer Krone auf dem Haupt entstieg. Mit wohllautender Stimme rief er: „Gnade und Heil allen Kreaturen.”

Der König und der ganze Hofstaat fielen auf die Knie und beteten den Jüngling an. Man hüllte ihn in köstliche Gewänder, hob ihn in die königliche Karosse und führte ihn, von allen bewundert, in den Palast.D urch den Oberpriester verkündete Buddha Odpadmed auch den Namen des Bodhisatta und man nannte ihn Padmapani.

Der Bodhisatta lernte unaufhörlich und seine Weisheit wurde grenzenlos. Er sah mit voller Klarheit auch das verborgenste und nichts in der Welt blieb ihm unbekannt. Er erschauerte, als er erfahren mußte, wie Ungerechtigkeit überall wie ein ungestümes wildes Meer sich ausbreitete, wie Bosheit und Zorn gleich feurigen Flammen wüteten. Er sah Unwissenheit und Torheit alles verdunkeln und verdüstern. Er sah, wie Hoffart gleich hohen Bergen anwuchs, und wie Leichtfertigkeit gleich dem Sturmwind alles zerstörte.

Als der Boddhisatta so viel Jammer ansah, war er bereit, das Leid aller Kreaturen auf sich zu nehmen, um alle Qual aus der Welt zu schaffen. Als er all seine schwere Sendung dachte, begannen seine Tränen zu fließen. Sie fielen auf die Erde und aus ihnen entstanden zwei Göttinnen. Sie neigten sich liebevoll über den Bodhisatta und versprachen ihm Beistand und Hilfe. Darauf verschwanden sie.

Zufällig war König Mangli Zeuge dieses merkwürdigen Geschehens und er fragte den Boddhisatta, was dies bedeute.

Padmapani antwortete: „Über den unendlichen Jammer aller Kreaturen mußte ich weinen, und die Göttinnen erschienen, um mir Trost in meiner Seelennot zu bringen, und um mir Hilfe und Unterstützung zu versprechen.”

Darauf begab sich der Bodhisatta in den tiefsten Wald und lebte in vollkommener Abgeschiedenheit. Seine inbrünstigen Gebete klangen wie der Gesang des Vogels Galah-bing-gah. Einmal, als er gerade in andächtiger Meditation versunken war, erschien in seiner Einsamkeit Buddha Odpadmed in unbeschreiblichem Glanz. Liebevoll und gütig versprach er dem Boddhisatta, ihm beizustehen und ihm zu helfen, die Menschen aus ihrem Elend zu erlösen.

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