Peter Urban
Der Fluch von Azincourt Buch 3
Melius Mori
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Inhaltsverzeichnis
Titel Peter Urban Der Fluch von Azincourt Buch 3 Melius Mori Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1 Das Geheimnis von Brocéliande
Kapitel 2 A Ma Vie!
Kapitel 3 Das Salz von Guérande
Kapitel 4 Der Steinring
Kapitel 5 Gwenn Ha Du
Impressum neobooks
Kapitel 1 Das Geheimnis von Brocéliande
I
Jean de Craon fühlte, wie ein leichtes Frösteln ihm tückisch den Rücken hinaufkroch, als er vom Fenster des Turmes aus die Reiterschar erblickte.
Die Männer trugen alle Fackeln. Ihre Banner flatterten stolz im Wind und sie ritten kräftige, große Kriegspferde. Er schätzte sie auf etwa zwei Dutzend und sie schienen bis an die Zähne bewaffnet. Langsam wandte er sich von dem nächtlichen Schauspiel ab. Zuerst nahm er einen Mantel, dann verlies er seine Räume. Während er noch die Treppe hinunter stieg hörte er bereits eine laute, gebieterische Stimme, die im Namen von Herzog Yann de Montforzh Einlass forderte. Die Wachen von Champtocé ließen die Zugbrücke hinunter, der schwere Querbalken wurde aus seinen Verankerungen gehoben und das Tor der Festung öffnete sich. Hufgetrampel hallte zuerst auf der harten, gestampften Erde wieder, bevor die Eisen der Pferde über die Steine der flachen Stufen der Grêde klapperten, die hinauf zum Palas führte.
„Sorg dafür, dass die Thouars und die Gouvernante in ihren Gemächern eingesperrt bleiben“, zischte der alte Mann einem seiner Wachleute zu. Der Kriegsknecht verbeugte sich kurz, bevor er seinen Posten verließ und zu den Frauengemächern hinaufeilte. Einen Augenblick lang glaubte de Craon zwischen seinen Schulterblättern eine eisige Hand zu spüren, als die großen, eisernen Feuerbecken der Eingangshalle das Wappen auf der Brust des Anführers der Reiterschar beleuchteten. Er war ein hochgewachsener Mann Mitte Zwanzig, mit einem schmalen, scharfen Falkengesicht und einer langen Narbe über der rechten Wange. Jean erinnerte sich nicht daran, ihn jemals zuvor gesehen zu haben, doch er schien genau zu wissen, wem er gegenüberstand.
„ Mesire de Craon“, grüßte er den Seigneur von Champtocé zackig, „Yann de Kerpert, Offizier im persönlichen Dienst des Herzogs von Breizh.“ Dann streckte er dem alten Mann eine Pergamentrolle entgegen, die das Wappen von Yann de Montforzh trug. Jean nahm die Botschaft. Unwillkürlich schlug sein Herz rascher. Er konnte sich denken, worum es ging. Die Kriegsknechte von Montforzh, die mit de Kerpert geritten waren sahen aus, wie Männer die ihr Handwerk verstanden. Der Offizier schien kampferprobt und ungewöhnlich selbstbewusst: Herzog Yann musste irgendwie von der überraschenden Eheschließung zwischen seinem Enkel und der Waisen Catherine de Thouars erfahren haben....und dabei waren ihm auch die Details der vorhergehenden brutalen Entführung des Mädchens durch Gilles und Yves de Kerma’dhec zugetragen worden. Es hatte ein Dutzend Tote gegeben; drei Überlebende, ein Onkel und zwei Cousins der Kleinen, verrotteten langsam in den Kerkern von Champtocé... Und nun forderte der bretonische Lehnsherr Rechenschaft für den räuberischen Akt und die erzwungene Heirat zwischen zwei engen Blutsverwandten.
„ Ich habe Order Eure Antwort sofort mitzunehmen, Baron. Die Situation verlangt von uns allen rasches Handeln“, informierte de Kerpert, de Craon hochmütig. Seine Augen fixierten scharf den Herren von Champtocé. Dann drehte er sich um und gab seinen Sarjenten Zeichen ihm zu folgen. Einige Pferde, von harter Hand zurückgerissen, bäumten sich wiehernd auf. Der Offizier rief seinen Männern einen scharfen Befehl zu. Als alles sich wieder beruhigt hatte, wandte er sich noch einmal um und sagte gelassen und sich ganz seiner Stellung im persönlichen Haushalt des Herzogs der Bretagne bewusst. „Zwei Stunden Zeit reichen, damit unsere Tiere wieder zu Atem kommen, Mesire. Ihr könnt Eure Antwort für meinen Herrn also in aller Ruhe verfassen.“
De Craon erbrach das Siegel. Bereits nachdem er die ersten Sätze überflogen hatte, entspannte er sich sichtlich. Anstatt von ihm Rechenschaft einzufordern, verlangte Montforzh lediglich die Bereitstellung von Bewaffneten.
Ein Treffen zwischen Charles de Ponthieu und dem Herzog von Burgund hatte blutig geendet: Ein Mann aus dem Gefolge des Dauphin hatte sich plötzlich und wie ein Besessener auf Jean Sans Peur gestürzt und ihn mit seinem Dolch niedergestochen. Unglücklicherweise war der Mörder aber im Anschluss an seine frevlerische Tat sofort von Tanguy de Châtel, dem Favoriten des Dauphins ins Jenseits befördert worden. Damit hatte keiner der neutralen Vermittler dieses Treffens die Möglichkeit bekommen, herauszufinden, wer den Auftrag für den heimtückischen Anschlag erteilt hatte. Die Namen des Herzogs von Cornouailles und Yolandes d’Aragón fielen im Zusammenhang mit dem missglückten Treffen. Offensichtlich waren sie die neutralen Vermittler zwischen Burgund und dem Dauphin Charles gewesen und darüber entsetzt, dass der von ihnen ausgehandelte Gottesfriede so verräterisch gebrochen worden war. Cornouailles und Anjou forderten nicht nur Rechenschaft, sondern auch Genugtuung für ihre verletzte Ehre.
Yann unterstrich in seinem Schreiben allerdings, dass trotz des raschen Todes des Mörders irgendwelche Beweise in seine Hände gelangt waren. Diese belegten, dass Charles de Ponthieu in das Komplott gegen seinen Intimfeind von Anfang an eingeweiht worden war. Er hätte der Zusammenkunft in Monterau nur mit dem Ziel zugestimmt, endlich Jean Sans Peur zu beseitigen: Die Situation entlang der bretonischen Grenze zu Frankreich spitzte sich zu. Darum überlegte Yann ernsthaft, ob es nicht sinnvoll war, bis zu einem gewissen Grad seine Neutralität aufzugeben und Partei zu ergreifen. Gegen den jungen Thronanwärter aus dem Hause Valois.
De Craon las weiter und schluckte. Diese Botschaft enthielt indirekt mehrere Beweise dafür, dass der Herzog der Bretagne Verrat gegen das angestammte französische Königshaus im Sinn hatte und eine enge, aber streng geheime Verbindung zu Phillipe de Bourgogne, dem Sohn des ermordeten Jean Sans Peur haben musste. Natürlich erkannte man dies nur, wenn man intelligent genug war, zwischen den Zeilen seiner Botschaft zu lesen... und ein paar Schlussfolgerungen zu ziehen. Montforzh und Cornouailles waren Busenfreunde. Der ketzerische Herzog war ein alter Verbündeter der Herren von Anjou. Man munkelte, dass es gar sein Werk gewesen war, König Louis II von Sizilien und Neapel noch kurz vor dessen Tod davon zu überzeugen, die Hand seiner jüngsten Tochter Yolande an Herzog Yann zu verschachern…für dessen ältesten Sohn Francois, den Thronerben der Bretagne.
Anstatt sich einfach damit zu begnügen, den Tod seines Vaters in ein paar blutigen Gemetzeln mit den Anhängern von Armagnac und Valois zu rächen, war Phillipe, der neue Herzog von Burgund, angewidert durch die Falschheit des Dauphin und seiner Berater, so schnell ein Pferd ihn tragen konnte zu König Henry Lancaster von England geeilt.
Es wurde gemunkelt, dass der Sohn dem Vater seinerzeit, unterstützt durch Nicolas Rolin, dem bewährten Kanzler von Burgund, von jeglicher Annäherung mit dem Dauphin abgeraten hatte. In Phillips Augen barg die englische Karte bessere Friedensaussichten für Frankreich, als ein unbequemes, halbherziges militärisches Bündnis mit dem schwachen und wankelmütigen Erben des wahnsinnigen Valois-Königs Charles VI.
Und nicht nur Bourgogne hatte sich nach der Katastrophe von Monterau im November am Hof des jungen englischen Königs Henry V. in Arras eingefunden: Isabeau de Bavière, die Königin von Frankreich, die ihren schwachen Sohn Charles de Ponthieu genauso leidenschaftlich hasste, wie ihren wahnsinnigen Gemahl Charles VI., war offensichtlich ganz ohne Zwang in den Norden gereist. Das Gerücht über einen Geheimvertrag zerfraß bereits, wie ein bösartiges Geschwür das von Krieg und Bürgerkrieg erschütterte Frankreich. Im Januar war dann Henry Lancaster selbst nach Troyes geritten, wo Isabeau ihren Hof im Exil versammelt hatte. Um ihre eigenen finsteren Pläne voranzutreiben war die Wittelsbacherin ganz offensichtlich dazu bereit gewesen, ihre eigene Tochter Catherine wie ein Rind auf dem Viehmarkt an den Engländer zu verschachern. Während Lancaster scheinbar dem Charme und der Schönheit der jungen Prinzessin sofort erlegen war, unterstützte Phillipe de Bourgogne diese Verbindung zwischen dem französischen und dem regierenden englischen Königshaus mit allen Mitteln, weil sie bedeutete, dass der Dauphin Charles in seiner Position als offizieller Thronfolger von Frankreich entscheidend geschwächt wurde.
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