Peter Urban
Der Herr des Krieges
Teil 1 Feuer und Eis
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Inhaltsverzeichnis
Titel Peter Urban Der Herr des Krieges Teil 1 Feuer und Eis Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1 Mit dem Mut der Verzweiflung
Kapitel 2 Libertad
Kapitel 3 Mondegos Tochter
Kapitel 4 Das Testament von Robert the Bruce
Kapitel 5 Der Code von Paris
Kapitel 6 Hindernisse
Kapitel 7 Die Ehre Portugals und Englands Ruhm
Kapitel 8 Winkelzüge
Kapitel 9... durch die Hölle
Kapitel 10 Unter den Feuern von Beltaine
Kapitel 11 Fuentes de Onoro
Kapitel 12 Die Schatten von Albuera
Impressum neobooks
Kapitel 1 Mit dem Mut der Verzweiflung
Arthur Wellesley hatte sich bereits Anfang Oktober heimlich aus Badajoz nach Lissabon verabschiedet; er wollte endlich die Arbeiten zur Verteidigung Portugals organisieren, ohne dabei dauernd von irgendwelchen Hiobsbotschaften aus Sevilla oder London abgelenkt zu werden. Einerseits gefiel die ‚Höchste Junta‘ Spaniens sich nach dem Sieg von Talavera in einem gefährlichen Zustand zwischen Euphorie und Größenwahn und bedrängte ihn mit haarsträubenden Plänen für noch haarsträubendere Kriegszüge gegen die Adler, andererseits zerfleischten Whitehall und die Commons sich leidenschaftlich in einem sinnlosen Streit um eine mißglückte Operation in Nordeuropa, die außer dem Verlust zehntausender britischer Soldaten nichts eingebracht hatte. Und er befand sich irgendwo in der Mitte und bekam von beiden Seiten Prügel, die er mit knapp 300.000 französischen Soldaten auf der Iberischen Halbinsel einfach nicht brauchen konnte. Walcheren war ein Fiasko gewesen, denn die Planer in den Horse Guards hatten in ihre Rechnung nicht einkalkuliert, daß der Sommer in den holländischen Sümpfen Stechfliegen, schales Wasser und tödliches Fieber mit sich brachte. Die Spanier drängten auf eine Entscheidungsschlacht gegen die Marschälle Bonapartes, besaßen dafür aber weder die Kompetenz noch die Truppen noch die nötige Weitsicht. Er selbst verfügte lediglich über ein kaum 30.000 Mann starkes Expeditionskorps, das nach dem Sommerfeldzug 1809 und einer grauenhaften Schlacht, die zwei Tage gedauert hatte, an den Grenzen seiner Belastbarkeit angelangt war. Seine Entscheidung, als Oberkommandierender dieser müden Truppe ein paar Wochen lang unauffindbar zu bleiben, entsprach den Geboten des gesunden Menschenverstandes und denen der Kriegslist! Das alles seinen wüst streitenden Herren in London klarzumachen schien ihm in diesem Augenblick ein sinnloses Unterfangen. Und mit der ‚Höchsten Junta‘ vernünftig reden zu wollen, war unmöglich! Auf die Entsendung zweier spanischer Armeen unter Areizagos und Del Paques hatte er noch mit einem trockenen Memorandum nach Sevilla reagiert, in dem er den Herren Generälen und den Anführern des politischen Widerstandes ausführlich erklärte, was sie von den Franzosen erwarten konnten, wenn sie sich auf einen großen Zusammenstoß in Zentralspanien einließen. Sie hatten ihm nicht zuhören wollen, also hatte er Kopenhagen gesattelt und war auf die andere Seite der Grenze verschwunden, ohne sich weiter um das Schicksal seiner uneinsichtigen Verbündeten zu kümmern.
Auf der Höhe von Torres Vedras war Portugal nur etwa 40 Meilen breit. Es galt hier drei Befestigungsringe zu errichten, bevor Bonaparte seine Aufmerksamkeit wieder auf das kleine Land am Atlantik richtete. Der Ire wußte, daß ihm nicht mehr viel Zeit blieb! Sobald die Marschälle Areizagos und Del Paques zerschmettert hatten, würden sie gegen die Grenze ziehen und damit gegen sein kleines Expeditionskorps und eine Handvoll portugiesischer Verbündeter, die zwar allen Mut der Welt besaßen, aber damit nicht die zahlenmäßige Überlegenheit des Gegners wettmachen konnten: Der erste Verteidigungsring würde landeinwärts vom Atlantik, entlang des südlichen Ufers des Zizandre bis nach Torres Vedras verlaufen und dann, in südöstlicher Richtung, über Land bis Alhandra und zum Tejo. Der zweite Ring war parallel zum ersten geplant, nur ungefähr sechs Meilen weiter südlich. Der dritte Wall schließlich mußte westlich der Hauptstadt Lissabon liegen und ein halbkreisförmiges Areal am Atlantik einschließen, von dem aus er im Falle einer verheerenden Katastrophe seine Truppenreste wieder nach Großbritannien evakuieren könnte.
Das Verteidigungssystem, das General Sir Arthur Wellesley, der sich seit seinem Sieg über die Franzosen bei Talavera Lord Wellington nennen durfte, erdacht hatte, war komplex und ziemlich kompliziert. Obwohl er sich ganz genau vorstellen konnte, wie alles am Ende funktionieren und zusammenpassen würde, fiel es ihm nicht leicht, auf einem Blatt Papier seine ‚Wälle von Torres Vedras‘ zu erklären: Römisch-maurisch-portugiesische Burgen, Burgklöster und Wachtürme thronten auf Bergen, beherrschten die Hügel der Halbinsel, schmiegten sich an sanfte Höhen oder klebten an schroffen Felsen. Einst, in längst vergangener Zeit, wachten sie über das gesamte Umland Lissabons und über die Estremadura bis zur spanischen Grenze. Manchmal waren nur noch traurige Ruinen übriggeblieben; oft jedoch hatte man die Gemäuer über die Jahrhunderte sorgsam erhalten und sie strahlten immer noch Wehrhaftigkeit aus. Um die Hauptstadt des Landes zu beschützen, mußte nur noch jemand die Energie finden und diese manchmal düsteren Festungen, oft aber auch romantischen Märchenschlösser mit kastenförmigen, eng stehenden Türmen ohne Spitzen, mit den sonderbaren Wehranlagen ohne Burg, aber mit gewaltigen, kubischen Mauermassen, miteinander zu verbinden. Flüsse mußten mit Dämmen gebändigt werden, um im Falle eines Angriffs durch die Franzosen kurzfristig künstliche Überschwemmungen zu schaffen, die den Armeen der Adler den Übergang unmöglich machen würden. Die Dämme selbst wollte der Ire zum Schutz vor feindlichen Übergriffen stark befestigen. Die Zitadelle von Torres Vedras und ähnliche steinerne Trutzburgen aus dem Mittelalter würden mit zusätzlichen Schutzwällen modernisiert. Jeder unbebaute Hügel bekam seine Verteidigungsanlage, sowohl entlang des ersten Ringes, als auch entlang des zweiten Walles. Das Gelände selbst war zerklüftet und kaum zugänglich. Tausende von Portugiesen arbeiteten unter Aufsicht der wenigen, britischen Militäringenieure, über die Arthur verfügte, frenetisch an der Verteidigung von Lissabon. Sein gesamtes Konzept beruhte darauf, soviel Land wie nur irgend möglich, mit so wenigen Männern wie unbedingt nötig zu halten, um größtmögliche eigene und portugiesische Truppenreserven bereitzuhaben, die im Rücken eines frustrierten oder geschwächten Feindes manövrieren und kämpfen konnten.
All diese Arbeiten verliefen unter dem Siegel strengster Geheimhaltung! Der portugiesische Kronrat schwieg, die portugiesischen Arbeiter schwiegen und Wellington selbst ließ trotz der immer härteren Angriffe aus London und dem brutalen Druck, den die Regierung und die öffentliche Meinung seines Landes auf ihn ausübten, kein Wort zu seiner Verteidigung oder Rechtfertigung laut werden. Er konnte und durfte in diesem Augenblick niemanden von den Bauarbeiten zwischen Arruda und Torres Vedras erzählen. Zu groß war die Gefahr, daß ein geltungssüchtiger Politiker zuhause den Plan preisgab, alles in die Presse gelangte und damit ebenfalls zu den Franzosen. Der Erfolg der Wälle von Torres Vedras in Arthurs Gesamtstrategie auf der Iberischen Halbinsel lag nur in ihrer vollständigen Geheimhaltung. Lediglich in einem privaten Brief an Robert Castlereagh ließ der General durchblicken, daß er etwas vorhatte. Doch was, das wollte er auch dem Freund nicht sagen. Robert war zu sehr Politiker, als daß der Soldat Wellington ihm in dieser schwierigen Lage noch sein Vertrauen schenken konnte. Nur an Henry Paget schrieb er: „Besorge dir eine Karte, sieh genau hin und du wirst verstehen, was ich gerade unternehme!“ Dann löste er sich für weitere vier Wochen in Luft auf, ohne irgend jemanden zu informieren, wohin oder warum. Er wurde nur noch von Oberst Richard Fletcher begleitet, dem Chefingenieur seines Feldheeres. Don Antonio Maria Osario Cabral de Castro und Pater Robertson mit seinem Quartett verschwanden ebensomysteriös in den Weiten der Iberischen Halbinsel.
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