Als wir das Auto von Michael wieder besteigen konnten gab der Dolmetscher uns den Rat, dass wir uns an die Deutsche Botschaft in Budapest wenden sollten. Wenn überhaupt, dann könnten wir dort Hilfe erwarten. Ein Geländewagen vorne weg und zwei hinten dran. Wäre mir das Herz in den vergangenen 12 Stunden nicht in die Socken rutscht, hätte ich darin auch noch den Witz gefunden. Obwohl, einen habe ich doch: „Wenn man wichtig ist, dann wird man eskortiert!“
Wir waren alle unendlich froh, dass wir mit einem blauen Auge davon gekommen sind. Michael und Simone traten sofort die Heimreise an. In der Hoffnung desto eher umso besser, nicht dass man doch noch bei den Grenzbeamten der DDR gemeldet wird und dann eine reibungslose Einreise verhindert wird. Es war ja auch so unendlich toll und lebenswert in der Zone. Mein Mann und ich waren jedoch der Meinung, dass wenn die Ungaren nur zu faul gewesen wären uns auszuliefern, dann hätte ein Anruf in der DDR gereicht, um uns an der Grenze festzusetzen. Dafür war reichlich Zeit. Vor dem Anruf konnten Michael und Simone niemals durch den Grenzübergang sein. Selbst wenn sie aus verschiedenen Gründen bei der Überfahrt Glück haben sollten, hätte man sich mit der Verhaftung, made in DDR, auch Zeit lassen können. Michael und Simone saßen in dem Land eh wie die Maus in der Falle. Ich für mein Teil hätte nicht gedacht, dass sich mein Wunsch die DDR zu verlassen noch steigern lässt, aber genau das ist passiert: „Jetzt erst Recht! Auf nach Budapest!“
Am Vormittag waren wir wieder auf dem Campingplatz zurück, wo unser gesamter Kram noch stand. Während Michael und Simone ziemlich flott zusammen packten, richteten wir uns auf einen Urlaubstag am Plattensee ein. Schon allein um sich zu sammeln, zu verstehen was passiert ist und einen neuen Plan zu entwickeln. Die Verabschiedung von Michael und Simone war sehr verhalten, vielleicht machten sich inzwischen doch Vorwürfe breit oder Enttäuschung über das entgangene Auto. Wird wohl immer ein Rätsel bleiben, aber es spielte für uns keine Rolle.
Am nächsten Morgen machten wir uns auf nach Budapest. Ohne irgendwelche falsche Bescheidenheit fragten wir uns durch die Stadt durch. Viele Ungaren sprechen deutsch, deswegen fanden wir die deutsche Botschaft recht schnell. Da standen wir nun vor einer Art Villa und ließen uns auch nicht lang bitten. Drinnen angekommen sprachen wir den ersten Mitarbeiter an, den wir dort rum laufen sahen. Er brachte uns direkt in das Büro des Botschafters. Der Mann war freundlich, gar keine Frage. Wir erzählten ihm was bis jetzt alles passiert war, doch er hatte einfach nicht die Möglichkeit uns aus dem Land zu bringen. Einen Reisepass könnte er uns besorgen, aber der würde in so weit nichts nützen, da der entscheidende Einreisestempel fehlte. Kann ja ein doofer Ossi nicht wissen, dumm halten hatte in der Zone Methode. Kurzzeitig ging uns eine Art Botschaftsbesetzung durch den Kopf. Als wir das auch noch den Botschafter erzählten wurde dieser richtig unruhig und bat uns doch ziemlich unfreundlich die Botschaft sofort zu verlassen.
Da waren wir wieder, vor der Botschaft. Genau so schlau und weit wie vorher. Draußen riefen uns schon andere Ossis zu: „Na hat er euch auch rausgeworfen?“ Erst dann sind mir die 15 bis 20 Ostfahrzeuge mit den Menschen dazu aufgefallen. Wir sprachen kurz mit ihnen. Sie erzählten uns, dass sie dort vor der Botschaft ausharren wollten, sich dort kein Stück von der Stelle bewegen würden und in ihren Fahrzeugen schlafen werden. Selbst wenn das ewig dauern würde, zurück gäbe es auf gar keinen Fall mehr. Das habe ich für eine ausgesprochen bescheuerte Idee gehalten und war davon überzeugt, dass dies überhaupt nichts bringen würde. Die Zukunft zeigte es, ich lag so was von daneben!
Ich war im Mai 89 einfach der Meinung, es ist auf diesem Wege nicht zu machen und wir haben Kleinjani mehr als genug zugemutet. Keine Freude ihr Übermütter, ich hatte nicht geplant meine Erziehung in Zukunft pädagogisch wertvoller zu gestallten. Was ich so sah, war niemand von den ersten Botschaftsbesetzern mit Kind unterwegs. Alles junge Leute, viele Singles ohne größere Verantwortung, außer für sich selbst.
Ich wollte nach der Erfahrung, die nun hinter uns lag und der Gewissheit, dass hier auch nichts geht, einfach nur noch nach Hause. Zu Hause in meiner Stadt wollte ich dann den offiziellen Weg wählen. Soll heißen, einen Antrag auf ständige Ausreise aus der DDR beim Amt für Innere Sicherheit stellen. Und so ging unser Ungarnurlaub dann auch zu Ende. Wir haben viel gesehen, viel erlebt und einiges an Erfahrungen gesammelt und der Frust war auch auf ein vielfaches gestiegen.
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