Gerd Frank - DER GRANTLHAUER

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Dieses Buch entstand aufgrund der Beschäftigung mit uralten Zeitungen, in welchen ich auf Gerichtsberichte gestoßen bin, denen stets eines gemeinsam war: Sie waren humorvoll und es handelte sich immer nur um Bagatellfälle. Glückliche, gute alte Zeit, in der man sich noch mit derart harmlosen Vergehen zu beschäftigen hatte! Es war die Zeit der Jahrhundertwende, die Zeit des Königlich-Bayerischen Amtsgerichts, die schon Georg Lohmeier in prächtigen Episoden verewigt hat, die auch verfilmt worden sind. Die geschilderten Szenen haben sich in dieser Form also tatsächlich zugetragen. Sie entstanden aufgrund von journalistischen Meldungen, Berichten, die um 1900 in epischer Breite formuliert, ein anschauliches Bild vom damaligen Alltag vermittelten, Geschichten, die zum Ergötzen des beschaulichen – noch über genügend Zeit verfügenden – Lesers bestimmt waren.

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Gerd Frank

DER GRANTLHAUER

Weißblaue Stammtischgespräche

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Inhaltsverzeichnis Titel Gerd Frank DER GRANTLHAUER Weißblaue - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Gerd Frank DER GRANTLHAUER Weißblaue Stammtischgespräche Dieses ebook wurde erstellt bei

DER GRANTLHAUER DER GRANTLHAUER Weißblaue Stammtischgespräche -Gerd Frank-

EIN GRÜABIGER MENSCH

DER GLÜCKLICHE TRINKER

DIE GUTE ALTE ZEIT

EIN MÜNCHNER MIT HERZ

SEIN UNANGENEHMSTER TAG

DER ZIMMERHERR

DER SPINNERTE BRUNNEN IM LEHEL

DER PRIVATIER

DER STARKE TABAK

EIN LITERARISCHER ABEND

EINE PRISE GEFÄLLIG?

MÜNCHENER SPEZIALITÄTEN

DIE FOLGEN DER INFLUENZA

DIE GEWERBEFREIHEIT

EIN KRANKENBESUCH

DER HAUSHERR

IN DER HITZE

SEINE EINZIGE FREUDE

EIN SOMMERNACHTSTRAUM

DER MANN MIT DEM ZIPPERLEIN UND DIE BÖSEN STUDENTEN

EIN SAMARITER

MENSCH, ÄRGERE DICH NICHT

EINE MASSAGEKUR

IM MONSTERKONZERT

EINER AUS DER ALTEN ZEIT

DER GRANTLHAUER

EINE ALTE MÜNCHENER KELLNERIN

AUF WOHNUNGSSUCHE

DER WILDE JÄGER

DER HAUSSCHLÜSSEL

DER STÖBERNACHMITTAG

SEINE NASE

AUS EIFERSUCHT

MÜNCHENER SPRÜCHE

EIN PHILOSOPH

DIE MILCHFRAU

JÄGERLATEIN

DIE TANTE RELI

MÜNCHENER LUFT

Impressum neobooks

DER GRANTLHAUER

Weißblaue Stammtischgespräche

-Gerd Frank-

EIN GRÜABIGER MENSCH

Im Wirtshaus saß ein wohlbeleibter, gemütlich aussehender Herr. Bereits mehrmals hatte er versucht, die Kellnerin auf sich aufmerksam zu machen. Schließlich hatte er Erfolg und sie kam an seinen Tisch.

„Was darf’s denn sein, der Herr?“, fragte sie kühl und geschäftsmäßig.

„A Maß!“, bestellte der Dicke und fügte hinzu: „Und sauba eingschenkt, bittschön!“

Als das Bier kam, hielt er die Kellnerin zurück und sagte, da er mit geübtem Blick festgestellt hatte, dass der Krug nur zu drei Vierteln voll war, mit hochrotem Kopf: „Sie, Fräulein, dös kann i aber net vertragen. I will a ganze Maß, wann i schon oane zahl.“

„Tut mir Leid!“, war die schnippische Antwort. „Das ist nicht meine Schuld, sondern betrifft den Schankkellner. Geben Sie mir den Krug, dann lass‘ ich was draufschenken.“

„Wos?“, entrüstete sich der Dicke. „Draufschenken? Dös war net ohne, dass er mir die paar Tropfen auch noch verpanscht! Richtig einschenken soll er und wann er dös net ko, dann soll er a Schuaster werden.“

Da brachte die Kellnerin eine neue Maß, doch die war noch miserabler eingeschenkt als die erste. Nun äußerte der Gast die Vermutung, dass der Schankkellner das wohl mit Fleiß gemacht habe.

„Jetzt hab i gar nur die Hälfte!“, schimpfte er. „Gleich bringas mia a frische Maß, i will doch seng, ob der koa ganze Maß in den Kruag neibringt, und die da bleibt inzwischen bei mia.“

Wirklich brachte die Kellnerin eine neue Maß und diese war nun endlich richtig eingeschenkt. „So!“, sagte der Dicke befriedigt. „Die erste tragst jetzt wieder zruck, Madel, vielleicht wird’s mehr, wenn er’s a bissl stehen lasst.“

Da war es mit der Geduld der Kellnerin vorbei.

„Was erlauben Sie sich, mein Herr?“, fragte sie verärgert. „Ich bin doch nicht für Sie allein da! Wir haben auch noch andere Gäste.“

Sie wollte davoneilen, doch da hielt sie der gemütlich aussehende Dicke erneut zurück. Jetzt legte er erst richtig los.

„Für gewöhnlich bin i a grüabiga Mensch, aber dös hier schlagt dem Fass den Boden aus! So eine lächerliche Wirtschaft gehört polizeilich geschlossen!“, brüllte er.

Nun versuchte der Schankkellner den Gast zu beschwichtigen, doch auch er hatte keinen Erfolg. Schließich mischte sich ein am Nebentisch sitzender Gast in die Auseinandersetzung ein.

„Machen Sie doch nicht so viel Lärm um nichts!“, meinte er etwas hochtrabend. „Das Bier schäumt und wenn Sie es stehenlassen, wird der Schaum Bier. Man kann nicht einschenken wie aus einem Essigfass.“

„Sie, Herr Nachbar!“, sagte der Dicke darauf. „Wenn Sie moanan, der Schaum sei Bier, dann bstelln’s eana doch Seifenwasser, dös schäumt aa.“

Richtig erregt war er jetzt, mit seiner Ruhe war es vorbei.

„Mia war’s gnua, wenn mia oana vom Bier was sagen möcht! Sie ham noch net so vui gseng, wia i scho trunken hab! Glaam Sie ebba, dass i eanane Fensterglasl dazu brauch, um a richtige Maß z’kriang?“

„Ach was!“, winkte der andere Gast nun ärgerlich ab. „Sie sind ja gemein! Mit Ihnen rede ich gar nicht mehr weiter.“

Dazu kam es auch gar nicht, denn schneller als man es ihm zugetraut hätte, hatte der Dicke bei dem Wort ‚gemein‘ den Krug ergriffen und ihn über den Kopf seines Gegenübers geleert.

Nun entstand eine kleine Balgerei, ein paar weitere Bierchen gingen spazieren und dann machte der Dicke mit dem Schankkellner unversehens die Türe auf. Als endlich der Wirt erschien, verkannte er die Lage und verpasste dem Herrn mit dem Zwicker eine Ohrfeige, weil er dachte, dass dies der Stänkerer gewesen sei, der alle rebellisch gemacht hatte.

Inzwischen war der Dicke draußen, nur den obersten Hemdknopf hatte er eingebüßt.

„Na ja“, murmelte er, „bei so ana Arbeit, da geht’s eben nicht ganz glatt ab.“

Dann machte er sich recht zufrieden auf den Weg nach Hause.

Für ihn war die Welt wieder in Ordnung.

DER GLÜCKLICHE TRINKER

Glühend brannte die Julisonne. Im Englischen Garten hatten es sich zwei Männer im Schatten einer mächtigen Eiche bequem gemacht. Nur mit äußerster Anstrengung konnten sie sich wach halten.

„Na, dös is aber heit a Bullenhitz! Direkt zum Schlagtreffa!“, seufzte der eine der beiden, ein Mann von gut und gern 180 Kilo Lebendgewicht, und wischte sich den Schweiß vom fettglänzenden Gesicht. „Net um a Million Mark mechat i da König von so am Negastaat sei, net amoi acht Tog lang! Da muass ja windig ausschaun um de Zeit! Oft koa Wassa, vui weniga a Bier. I glaab, dass de Schwärzn vo de Afrikana aa blos vo dem Trockenfuada und dera verdammtn Hitzn kimmt. Weil i grod vom Bier red, Sie, Herr Nachbar! Kanntatn Sie uns net a Bierchen bsorgn? Glei da drent, üba da Straßn, gabat’s was. Waratn Sie so nett? I tat eana aa freihalten!“

Mit dieser Anfrage wendete er sich an einen nicht gerade vertrauenerweckend aussehenden Burschen, der eben des Weges kam und händigte ihm ein Fünfmarkstück aus.

„Jawohl, Herr Nachbar!“, erwiderte dieser. „Aber da dürfen Sie noch was drauftun, Sie haben den Einsatz vergessen.“

Seufzend legte der Dicke nochmal drei Mark drauf und der Bursche marschierte mit dem Geld davon. Zehn Minuten verstrichen, eine Viertelstunde verging, das Bier wurde nicht gebracht. Die Ungeduld und der Durst des Dicken steigerten sich bis zur Weißglut – je mehr die Aussicht schwand, der Bursche könnte noch eintreffen.

„So wos is doch noch net dagwesn! Der Bursch versauft mei Geld und i ko do austrocknan! Sogar im Englischn Gartn wird ma ausgschmiert, wenn ma net aufpasst! Wenn’s den Kerl nur glei zreißn tat!“, schimpfte er.

„Wos glaabst denn du!“, bemerkte sein Nachbar und ein bisschen Schadenfreude war aus seiner Stimme herauszuhören. „Der is bestimmt wo hi, wo mas aushaltn ko. Vielleicht zum Donisl? A Bier und a Hausbrot, bei dera Witterung, dös weckt ja an Totn auf.“

Mit grimmigem Blick gab der so Getröstete zurück: „Na, servus! Jetzt hob i mi erst am Wochenende so gärgert und heit geht dös scho wieda weita im gleichen Stil.“

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