1 ...6 7 8 10 11 12 ...22 Nyon, am Genfer See.
Jean Knöpfler und seine Frau Janine erwarteten mich am Bahnhof von Nyon, am Genfer See. Das Wiedersehen mit den beiden tat richtig gut und war mehr als herzlich. Sie freuten sich aufrichtig auf meinen Besuch und Janine protestierte heftig als sie erfuhr, dass ich in der grässlichen Kaserne von Jean Quartier nehmen wollte. Ihr Haus hätte genügend Platz um mich für lange Zeit zu ertragen, wie sie schmunzelnd meinte. Wenigstens das gemeinsame Wochenende in ihrem Hause, musste ich Janine versprechen. Jean unterstützte sie dabei kräftig. Ich konnte natürlich nicht nein sagen, allein schon wegen Janine' exquisiten Kochkünsten. Und um einiges mehr! Das Anwesen der beiden war im Stil eines italienischen Herrenhauses erbaut und befand sich in einer etwas abgeschiedenen Lage direkt am Ufer zum Genfer See. Im Hintergrund sieht man die Berge der Französischen Jura und von der Terrasse aus über den See hinweg, die Berge der Chablais. Sie kauften dieses alte Herrenhaus in arg ramponierten Zustand und renovierten es mit liebevoller Hand. Es wurde ein wahres Kleinod. Jean wollte an diesem späten Nachmittag in seinem Arbeitszimmer noch einige Arbeiten erledigen, um dann den Abend gemeinsam in einem Restaurant zu verbringen. Die Küche sollte für Janine zur Erleichterungen kalt bleiben. Bis es soweit war, spazierten Janine und ich durch ihren kleinen angelegten Park hinunter zum See.
Janine kuschelte sich in meinem Arm und wir gingen wie ein altes, aber noch immer ineinander verliebtes Ehepaar durch die engen Pfade. Wir redeten über alles, was uns so in den Sinn kam und waren total ausgelassen.
»Francesco, warum bist du eigentlich noch nicht unter der Haube, du warst doch einmal verheiratet mit dieser - na, wie heißt sie denn noch gleich? Und verlobt warst du doch auch schon mal, oder?«
»Mit Bijou war ich ein halbes Jahr verheiratet aber dann ist sie mit einem Algerier durchgebrannt. Mit Chiara war ich verlobt. Sie hat jetzt Bambinos mit einem Italiener.«
»Jaja, Chiara - fünf Jahre verlobt. Das bringst auch nur du fertig. Filou! Tut sich wieder etwas Neues in diese Richtung und deine liebe Janine weiß noch nichts davon?« Sie sagte es sehr keck, und zog schmollend ihren tiefroten Kirschmund zusammen. Ich tätschelte ihre Wange.
»Du bist die erste, Janine, die etwas von meinem Liebesleben erfährt, dass weißt du doch! Seit ich dich das erste Mal sah, da gab es einen Knacks bei mir und seit dem kann ich keine andere mehr lieben, das verstehst du doch, oder?«
Janine gab mir einen Klaps auf den Hinterkopf und meinte lachend, dass ich noch immer der alte Gauner sei.
»Chiara war es leid, dass ich immer irgendwo in der Welt unterwegs war. Sie lebt heute in Lugano und ist mit einem Italiener verheiratet. Die beiden sind glücklich miteinander, und Nachwuchs wird sich demnächst einstellen, wie sie mir neulich am Telefon versicherte. Wir sprechen öfters telefonisch miteinander. Ihr Mann findet das schon in Ordnung und toleriert es. Ich bin ja auch ein feiner Junge, nicht wahr?«
»Ja, dass bist du, Francesco!«
Janine sagte es in voller Überzeugung, gab mir einen Kuss und legte ihren Kopf auf meine Schulter. Ein Vollblutweib. Etwa ein Meter und fünfundsechzig Zentimeter groß mit rabenschwarzen Haaren und Glutaugen. Die Proportionen ihres Körpers waren perfekt aufgeteilt und ihr Gesicht zeigt die Mimik einer mit dem Leben zufriedenen Frau von fast vierzig Jahren. Jugendlich schön beim Lachen und abgeklärter Reife in Diskussionen. Mein Freund Jean hat einen Glücksgriff mit Janine getan.
Es gab ein großes Hallo, als ich mit Jean in die Kaserne kam und die Boys seiner Ranger - Truppe begrüßte. Seine junge Truppe bestand aus Berufssoldaten und Portepeeträger. Sie hatten sich für die Dauer meines Aufenthalts ein Programm erstellt und wollten gemeinsam mit mir im Vallée de Joux eine Panzersperre im Stil der Rommel'schen Teufelgärten errichten, jedoch nur mit Übungsminen. Aus Beutezüge meiner Afrikazeit mit den Long Range Desserts, besaß ich die erforderlichen Pläne dazu, die ich früher einmal Jean vermachte. Wir errichteten uns ein Camp am Lac de Joux, und saßen abends müde und doch glücklich am Lagerfeuer. Natürlich konnten wir keine Wüsteneinsätze simulieren, aber die Effizienz kleiner Einsatzgruppen durch Störmanöver wurde mit unseren Übungen aufgezeigt.
Ich zeigte den Jungs, wie man verlustreiche Nahkämpfe im Häuserkampf vermeidet und stattdessen wie in vermeintlich fluchtartig verlassenen Häusern, die Raffiniertesten Fallen für den Angreifer zu installieren seien. Die Briten waren darin Weltmeister und noch etwas ideenfindiger als Rommels "Brandenburger", und diese Truppe war schon nicht von Pappe. Ich ging mit Jean am Seeufer spazieren, während die Männer im Camp sich um den angelegten Grillplatz scharten, um ein Spanferkel grillen. Ich erzählte Jean von meinem neuen Auftrag mit all den dubiosen Hintergründen.
Von Harry Pichler und Markus Helmer, selbst Sabi Loulou und Solange "Zouzou" Bergerac sparte ich nicht aus. Jean hörte mir äußerst aufmerksam zu.
Als ich die Kongoaktivitäten dieser Gruppe erwähnte, und ihn um seinen Rat bat, war Jean nicht mehr zu bremsen und erzählte munter drauf los.
»Francesco, ich habe einen Freund bei dem französischen Geheimdienst SDECE. Mit dem CIA, und dem britischen SIS können es die SDECE - Leute nicht so recht. Bei Henry Lefebre darf man dieses Gesindel, wie er meint, nicht erwähnen. Und schon gar nicht im Zusammenhang mit irgendwelchen Afrikageschehnissen. Seit dem Algerien-Desaster sind die Frösche hypersensibel und stink-sauer. Erst Indochina und dann Algerien und jetzt die Missachtung der Weltmächte gegenüber den französischen Interessen in Afrika. Sie haben das Gefühl, als würden alle glauben, sie seien die größten Versager. Die Amerikaner und Briten bestärken sie darin noch. Dabei funktioniert kein Geheimdienst in Zentralafrika so exzellent wie das französische SDECE. Die UNO verhinderte die Trennung Katanga vom Zentralstaat ohne die Franzosen. Die sitzen im Norden und dürfen sich mit den von den Kommunisten unterstützten Simbas herumschlagen. Ein undankbarer Job. Die Briten halten sich zurück und lassen sich von dem Südafrikaner Hoare vertreten, dessen Söldner erfolgreich alles massakrieren was nicht schnell genug in den Busch kommt. Zu allem Überfluss zeigt Hoare richtige Ambitionen um den Simbas die kommunistischen Flöhe aus dem Pelz jagen zu wollen. Er glaubt die Franzosen seien unfähig für diesen Job. Die Deutschen Söldner unter Hauptmann Siegfried Müller, führten sich auf als wären sie in Papua bei den Kopfgeldjägern und montierten die Totenschädel, gefallener Simbas auf die Kühlerhauben ihrer Jeeps. Und jetzt kommt der Hammer, Francesco. Der amerikanische CIA und die Briten wollen Tschombe aus dem Exil holen, und ihn mit weißen Söldnern an die Macht bringen. Tschombe soll Ministerpräsident eines vereinigten Staates Kongo werden. Die Belgier geben militärische Unterstützung und Frankreich wird ignoriert, obwohl diese die leichten Panhard Panzer zu Verfügung stellen. Der Söldnerführer Bob Denard wartet mit seinen Katanga - Soldaten in Angola auf die Rückkehr Tschombes und wird dann verstärkt mit weißen Söldnern in den Kongo einmarschieren. Oberst Trinkquir rekrutiert zurzeit Söldner, französische Söldner, die er ebenfalls nach Katanga entsendet.«
Jean schien mir mit einem Male äußerst suspekt. Wer gab diesen Gemütsmenschen nur diese brisanten Informationen? Doch nur, wenn er selbst bis zur Nasenspitze in dieser Sache mit involviert war.
»Jean, um alles in der Welt, woher hast du diese Informationen und wer sind alle diese Menschen? das ist ja gruslig.«
Jean wirkte mit einem Male sehr zugeknöpft. Ich spürte seinen Unmut, und dass er sich selbst ärgerte, weil er sich mir gegenüber derart gehen ließ. Danach war endgültige Funkstille bei Jean, und kein Wort fiel mehr über irgendwelche Afrikaschweinereien der Großmächte aus Ost und West. Ich versuchte mehrmals das Gespräch in Bewegung zu bringen, doch weder die Schiene Afrika noch die der üblichen Konversation konnten unsere Beziehung stabilisieren. Nach vierzehn Tage packte ich meine wenigen Habseligkeiten zusammen und verabschiedete mich von Jean und seinen Rangers. Jean reiste danach im Auftrage seiner Dienststelle für einige Tage nach Bern und ich plante mit seinem Einverständnis einen Zwischenhalt in Nyon, um mich von Janine zu verabschieden.
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