Daniela Hochstein
Daimonion
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Inhaltsverzeichnis
Titel Daniela Hochstein Daimonion Dieses ebook wurde erstellt bei
Bemerkung Bemerkung Daimonion: griech. ; Bedeutung: Schicksal oder Gewissen, das den Menschen jederzeit unsichtbar begleitet. In der griechischen Mythologie sind Dämonen den einzelnen Menschen zugesellte Geisterwesen, welche dieselben auf allen ihren Lebenswegen begleiten. Die Einwirkung dieser Dämonen äußert sich einmal zum Schutz und Heil, aber auch zum Schaden der Menschen. Daher nahm man später auch zwei Dämonen für jeden Einzelnen an: einen guten und einen bösen.
Das Hohe Gericht
Die Verwandlung – Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Wieder unter Menschen – Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Die Vampirjäger – Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Hannah – Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Das Hohe Gericht
Epilog
Impressum neobooks
Daimonion: griech. ; Bedeutung: Schicksal oder Gewissen, das den Menschen jederzeit unsichtbar begleitet.
In der griechischen Mythologie sind Dämonen den einzelnen Menschen zugesellte Geisterwesen, welche dieselben auf allen ihren Lebenswegen begleiten. Die Einwirkung dieser Dämonen äußert sich einmal zum Schutz und Heil, aber auch zum Schaden der Menschen. Daher nahm man später auch zwei Dämonen für jeden Einzelnen an: einen guten und einen bösen.
„Was ist das?“ Die Worte des Engels erfüllten den Raum, als seien sie aus der alles umgebenden Luft geboren worden, während seine Lippen sich nicht einmal bewegt hatten. Der Blick seiner fluoreszierend blauen Augen richtete sich dabei auf einen komplett verkohlten Körper, den man vor dem Richterpult niedergelegt hatte und der sich wie ein dunkler Schandfleck von dem leuchtenden Weiß des Gerichtssaals abhob.
„Warum ist diese Seele noch mit ihrem irdischen Körper verbunden?“
„Nun“, Ambriel, der fürsorglich neben dem verbrannten Wesen kniete, wirkte gequält, als er antwortete, „es ist ein Sonderfall, Euer Ehren.“
Für einen kurzen Moment schienen die Augen des Richters noch blauer zu leuchten.
„Könntest du das näher erläutern?“
Ambriel räusperte sich verlegen, kam jedoch nicht dazu, zu antworten, denn ein weiterer Engel trat hervor und sprach an seiner statt: „Es ist kein gewöhnlicher Mensch...“
Der Richter betrachtete den Sprecher.
„Was genau willst du damit sagen, Cheriour?“
Cheriour versah Ambriel mit einem Blick, der nur all zu deutlich ausdrückte, was er von Schutzengeln hielt. Hatte Cheriour sich seine Stellung durch einen stets redlichen Lebenswandel auf Erden verdient, so versuchten die Schutzengel hingegen, sich von ihren irdischen Sünden frei zu dienen, indem sie sich für ihre Schützlinge einsetzten. Es war ihnen gegönnt. In diesem Fall allerdings kam dieser Versuch einer bodenlosen Frechheit gleich.
„Das bedeutet“, fuhr Cheriour fort, „dass diese Kreatur nicht nur eine menschliche Seele beherbergt, sondern auch einen blutgierigen Dämon, der unlösbar mit dieser Seele verbunden ist... Man nennt solche Wesen Vampire !“
Der Richter nickte und seine schimmernde Erscheinung materialisierte sich für einen Augenblick, so dass er beinahe menschlich wirkte.
„Ich habe so ein Wesen noch nie zu Gesicht bekommen. Gibt es ihrer noch weitere?“
„Ja, es gibt noch mehr von ihnen, wobei sie erst seit wenigen Jahren auf Erden existieren. Sie gehen alle aus dem gleichen Dämon hervor. Er breitet sich aus wie eine Seuche, die Menschen in Blut trinkende Untote verwandelt.“
„Untote...“ Der Begriff schwebte durch den Saal wie eine düstere Wolke. „Sie sind demnach nicht sterblich?“
„Sie sind fähig, ewig zu leben, ja. Aber auch sie können getötet werden.“
Neugierig geworden, musterte der Richter den verbrannten Vampir nun etwas eingehender.
„Wie kommt es aber, dass mir bisher noch keiner von ihnen vorgestellt wurde?“
Cheriour senkte demütig seinen Blick.
„Verzeiht, Euer Ehren! Gemäß Ioelets Urteil heißt es, dass dieser Dämon nicht mehr von der betroffenen menschlichen Seele gelöst werden kann. Das Erste Gericht, dem ich vorsitze, hat daraufhin befunden, dass diese infizierten Seelen auf keinen Fall in den himmlischen Seelengarten Einzug halten dürfen. Andernfalls droht die Gefahr einer Verseuchung oder gar Zerstörung seiner Reinheit und seines Friedens! Wir haben diese Kreaturen bisher direkt an die Unterwelt übergeben, ohne dass sie dem Hohen Gericht vorgestellt wurden.“
Wieder beäugte der Richter den verkohlten Vampir, und diesmal schien die Luft in dem Saal von einem leisen Vorwurf zu knistern.
„Und warum erscheint nun doch ein Vampir vor diesem Gericht?“
Cheriour sah mit einer bedeutungsvollen Miene zu Ambriel und der Richter folgte diesem Blick.
„Nun, Ambriel? Kannst du mir dazu Auskunft geben?“
Ambriel erhob sich und reckte seine Schultern, sodass sich seine großen, weiß gefiederten Flügel aufspreizten. Dann faltete er sie wieder zusammen und warf einen liebevollen Blick auf die Gestalt zu seinen Füßen.
„Mein Schützling...“, wollte er sagen, wurde aber von einem anschwellenden Raunen aus der Menge der Zuschauer unterbrochen.
„Mein Schützling...“, fuhr er fort, nachdem es dank eines rügenden Blicks des Richters wieder still geworden war, „ist dem Ersten Gericht gar nicht vorgestellt worden, weil sein Körper noch nicht gänzlich gestorben ist.“
Wieder wurden die Stimmen der anwesenden Engel lauter. Aufgebracht riefen sie durcheinander, bis diesmal Cheriour sie durch eine beschwichtigende Geste zur Ruhe brachte. Dann wandte er sich selbst an den Richter.
„Verzeiht, Euer Ehren, dass ich unterbreche, aber ich habe den Eindruck, Ambriel hat einen ganz besonderen Grund, diesen Vampir vor Euch zu verteidigen. Immerhin ist er der einzige Schutzengel, der seinen Schützling nicht verlassen hat, als dieser sich mit dem Dämon verband.“
Der Richter ließ seinen Blick nachdenklich zwischen Ambriel und Cheriour hin- und herschweifen. Zuletzt verharrte er auf Ambriel.
„Also gut, Ambriel, dann erkläre uns dein Handeln!“
Ambriel warf Cheriour einen dankbaren Blick zu, obwohl er wusste, dass hinter Cheriours Einsatz nicht die Absicht steckte, ihm zu helfen. Vielmehr schien er zu ahnen, welchen Anteil Ambriel an der Geburt des ersten Vampirs gehabt hatte. Aber der Schutzengel war nicht bereit, sich und seinen Schützling kampflos der Unterwelt zu übergeben. Manchmal mussten Gebote eben auch gebrochen werden. Einfach um des Guten willen.
Mit sorgenvoll zusammengezogenen Brauen sah er zu dem Richter hinauf.
„Bitte habt noch einen Moment Geduld! Ich möchte, dass mein Schützling an der Verhandlung teilhaben kann.“
Nach einem knappen, zustimmenden Nicken des Richters, kniete sich Ambriel neben der bewusstlosen Gestalt nieder und legte seine durchscheinend weiße Hand sanft auf ihre Schulter. Gebannt waren die Augen der übrigen Engel auf den Vampir gerichtet und es war so still, dass nur das Rasseln seiner schwachen, von langen Pausen unterbrochenen Atemzüge zu hören war.
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