Michael D.
AM ENDE
Ein Neuseelandroman
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Michael D. AM ENDE Ein Neuseelandroman Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhalt und Autor Inhalt und Autor Michael D. AM ENDE Ein NeuseelandROMAN Michael D., ein Mann in der Lebenskrise, fliegt alleine ans Ende der Welt und plant seinen Freitod im Paradies. Seine Reise durch Neuseeland wird zu einem Natur- und Seelentrip. Detailliert schildert er seine intimsten Erlebnisse und Gedanken in einem Word-Tagebuch. Er wird mit Religion, seinen sexuellen Begierden und Naturkatastrophen konfrontiert, begegnet dabei Menschen, die sein Schicksal in neue Bahnen lenken könnten und erinnert sich an Ereignisse vor zwei Jahren, welche vielleicht seine Entscheidung beeinflusst haben. Michael D. wurde 1963 in der Nähe von Köln geboren. Seine Eltern und die jüngere der beiden Schwestern, die an einer Psychose litt, sind bereits verstorben. Er studierte Anglistik in Saarbrücken, Grafik und Kunsttherapie in München und besuchte Kurse in kreativem Schreiben. Zahlreiche Reisen führten ihn immer wieder auch bis ans Ende der Welt. Zuletzt lebte er als Single in Freiburg.
TAG 1
TAG 2
TAG 3
TAG 4
TAG 5
TAG 6
TAG 7
TAG 8
TAG 9
TAG 10, 11, 12, 13
TAG 14
TAG 15
TAG 16
TAG 17
TAG 18
TAG 19
TAG 20
TAG 21
TAG 22
TAG 23
TAG 24, 25, 26
TAG 27
NACHBEMERKUNGEN
Impressum neobooks
Michael D.
AM ENDE Ein NeuseelandROMAN
Michael D., ein Mann in der Lebenskrise, fliegt alleine ans Ende der Welt und plant seinen Freitod im Paradies. Seine Reise durch Neuseeland wird zu einem Natur- und Seelentrip. Detailliert schildert er seine intimsten Erlebnisse und Gedanken in einem Word-Tagebuch. Er wird mit Religion, seinen sexuellen Begierden und Naturkatastrophen konfrontiert, begegnet dabei Menschen, die sein Schicksal in neue Bahnen lenken könnten und erinnert sich an Ereignisse vor zwei Jahren, welche vielleicht seine Entscheidung beeinflusst haben.
Michael D. wurde 1963 in der Nähe von Köln geboren. Seine Eltern und die jüngere der beiden Schwestern, die an einer Psychose litt, sind bereits verstorben.
Er studierte Anglistik in Saarbrücken, Grafik und Kunsttherapie in München und besuchte Kurse in kreativem Schreiben. Zahlreiche Reisen führten ihn immer wieder auch bis ans Ende der Welt.
Zuletzt lebte er als Single in Freiburg.
NORDINSEL
Mein Gott, so viele Grüntöne, ist mein erster Gedanke. Und mein zweiter: in spätestens sechs Wochen werde ich tot sein!Sechs Wochen. Das sind 42 Tage. Deswegen zähle ich ab Tag 1.Es ist der 10. Februar 2013.
Ich sitze im Taxi und befinde mich auf dem Weg in die City von Auckland. Vor einer Stunde bin ich in Neuseeland gelandet, nicht zum ersten Mal, aber zum letzten Mal.
Vor zwanzig Jahren bin ich zum ersten Mal hier angekommen. Seitdem hat sich einiges verändert. Die Bevölkerung ist von 800.000 auf 1.400.000 angewachsen, was sich erheblich auf den Verkehr auswirkt. Damals hat mich irgendjemand scherzhaft gefragt, was ein Stau in Auckland wäre? Auf meinen fragenden Blick hat er geantwortet:
„Wenn zwei Autos hintereinander an einer Ampel stehen.“
Davon kann jetzt keine Rede mehr sein. Die Autokolonnen haben fast die Dimension europäischer Großstädte erreicht. Und von der häufig beschriebenen Relaxtheit der Neuseeländer ist hier kaum etwas zu spüren. Aucklander begreifen sich in erster Linie als Städter und je weiter man nach Süden reist, umso mehr neigen die Einheimischen dazu, die Aucklander als arrogant, hektisch und wenig hilfsbereit zu beschreiben. Ob das Vorurteile sind oder nicht, kann ich als Ausländer schwer entscheiden. Vielleicht liegt, wie so oft, die Wahrheit irgendwo in der Mitte.
Zum Glück hat sich das Licht nicht verändert. Es hat noch die gleiche Intensität, als hätte jemand die Sonne etwas heller gestellt als in Mitteleuropa. Und diese Kontraste, diese vielen verschiedenen Grüntöne, die es daheim - wo ist das nur? - nicht gibt, außer vielleicht an manchen klaren Herbsttagen.
Ich blicke nach links durchs Seitenfenster - in Neuseeland gilt Linksverkehr - und sehe unzählige einstöckige Holzhäuser an mir vorbeiziehen, alle freistehend mit weißen Zäunen, Hecken oder Steinmauern, viele auf Pfählen aus der Totara-Steineibe, die nur in Neuseeland wächst. Es gibt sogar spezielle Firmen für ‚Repiling’, welche die morschen Pfähle ersetzen. Hier und da sehe ich ein Trampolin auf dem Rasen, viele Bäume und viele Büsche. Ein Takeaway - mein Magen fängt an zu knurren - dann ein Dairy, die neuseeländische Entsprechung zu unseren Tante-Emma-Läden, welche meist von Indern oder Chinesen geführt werden und an sieben Tagen die Woche geöffnet haben.
Der Taxifahrer rechts neben mir fragt mich, wo ich herkomme.
Als ob ich das weiß!
Ich sage ihm, dass ich aus Deutschland komme. Er selbst stammt von den Fidschi Inseln und lebt schon seit über zwanzig Jahren mit seiner Familie hier. Die meisten seiner Kollegen sind Inder.
Wir machen noch ein bisschen üblichen Smalltalk. Er scheint mir noch weniger Neuseeländer zu sein als ich es sein könnte.
Manukau Road steht auf einem Straßenschild. Die Wolken ziehen schnell dahin und schieben sich immer wieder vor die Sonne. Der Taxifahrer sagt mir, dass ich Glück habe. Nur bis Anfang Januar habe es viel geregnet, ein schlechter Sommerbeginn. Aber seitdem gebe es nur schöne trockene Tage, was bei den Bauern allmählich zu Problemen führe. Die Wetterprognose sei gut. Aber man weiß ja nie. Neuseeländisches Wetter steckt voller Überraschungen. Heute auf jeden Fall ist es mit 25 Grad angenehm warm.
Parnell Road. Fast am Ziel. Rechts die Holy Trinity Cathedral: weiß, ganz aus Holz und mit rotem Dach.
Nach einer Zwanzig-Kilometer-Fahrt hält das Taxi am Backpackers und der Fahrer holt mein Gepäck aus dem Kofferraum. 67 Dollar kostet die Fahrt. Ich gebe ihm siebzig.
„Stimmt so“, sage ich.
Es ist 18:00 Uhr.
Ich habe 35 Stunden Reise hinter mir, davon 23 Stunden reine Flugzeit und zwei Zwischenlandungen, eine in Dubai und eine in Brisbane.
Vor mir sehe ich eine ehemals schöne dreistöckige Holzvilla mit spitzem Dach. Zur Linken auf dem Rasen steht ein leeres großes Meditationszelt und weiter hinten ein paar Zelte und alte Mietwohnwagen. Ich fühle den Jetlag, der Horizont scheint sich im Zeitlupentempo wie bei Dünung auf dem Meer zu bewegen.
Der Mann im Office zu meiner Rechten begrüßt mich freundlich mit ein paar Standardfloskeln. Er dürfte um die fünfzig sein und hat graues gelocktes Haar. Wir wickeln das Geschäftliche ab, ich bezahle für drei Nächte, erfahre kurz, wo sich was befindet und bekomme kurz die Hausordnung erklärt.
„Vielen Dank“, sage ich.
„You’re welcome“, antwortet er.
Als ich diese englische Redewendung vor zwanzig Jahren bei meinem ersten Aufenthalt die ersten Male hörte, glaubte ich zuerst wirklich, dass mich alle Neuseeländer willkommen heißen würden, aber ‚you’re welcome’ bedeutet ‚gern geschehen’ oder ‚keine Ursache’. Ich will damit nicht sagen, dass ich mich nie willkommen gefühlt habe. Nein! Ganz im Gegenteil. Die Freundlichkeit der Einheimischen ist in der Regel nicht gespielt, außer vielleicht dort, wo es viele Touristen gibt, wie zum Beispiel in einem Hotel oder Backpackers, aber wo ist das nicht so auf der Welt? Sucht man nach einen Ort in Neuseeland, wo über Land und Leute vielleicht am wenigsten zu erfahren ist, dann ist man in einem Backpackers an der richtigen Adresse. Die Chancen, hier einem Neuseeländer zu begegnen, tendieren gegen null.
Читать дальше