Celine Ziegler
REMEMBER HIS STORY
Wenn die Dunkelheit am hellsten scheint
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Celine Ziegler REMEMBER HIS STORY Wenn die Dunkelheit am hellsten scheint Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Epilog
Impressum neobooks
Vor meiner Klassenzimmertür, die mit vielen bunten selbst gebastelten Schmetterlingen verziert ist, lässt meine Mama meine Hand los und kniet sich vor mich. Heute trägt sie wieder einen strengen Dutt, das bedeutet, sie geht gleich arbeiten und Papa wird mich nach der Schule abholen. Ich mag es lieber, wenn Mama ihre blonden Haare offen trägt, denn dann sieht sie so viel unbeschwerter aus.
„So, also Papa wird dich dann pünktlich um halb zwölf vor dem Eingang abholen, ja?“, spricht sie lächelnd zu mir und streicht mir über das grüne Kleid, das sie mir gestern zum Geburtstag geschenkt hat. „Bitte mach dein neues Kleid nicht gleich wieder schmutzig, lass dir nicht ständig alles von den Jungs gefallen. Versprich mir, dass du zu Misses Hatheway gehst, wenn die Jungs dich wieder mit Schlamm bewerfen, okay?“
Ich nicke brav und lächle.
„Gut. Gib mir ein Kuss.“ Mama streckt die Lippen aus und ich gebe ihr einen Kuss auf den Mund, worauf sie mir ein letztes Mal durch die langen blonden Haare streicht und dann mit einem Winken aus der Tür verschwindet.
Ich atme tief ein und aus, bevor ich zum Türgriff greife, weil ich hoffe, dass die Jungs sich nicht über mein neues Kleid lustig machen. Es gefällt mir so sehr, sie würden mir mein Gefallen daran verderben. Gerade als ich zum Türgriff greifen möchte, werde ich unsanft zur Seite geschubst.
„Pass doch auf, du Heuschrecke“, mault Jimmy und stampft mit Tim und Charly an mir vorbei. Jimmy öffnet ruckartig die Tür und sie knallt mir unsanft gegen die Stirn, hinterlässt einen pochenden Schmerz. Doch das interessiert die Jungs nicht. Sie gehen in den Klassenraum und lassen mich hier im Flur stehen, schmeißen die Tür laut hinter sich zu.
Das ist gemein. Ich hatte Geburtstag, können sie nicht wenigstens heute nett zu mir sein? Ich habe ihnen nie etwas getan. Weil der Schmerz in meiner Stirn so wehtut, bleibe ich auf der Stelle stehen und beginne zu schluchzen. Eine erste Träne kullert auf mein neues Kleid und ich will wieder nach Hause zu Papa, mit ihm weiter an seiner Eisenbahn basteln und Musik aus seinem Plattenspieler hören. Ich weiß jetzt schon, dass Jimmy, Tim und Charly mich den ganzen Tag ärgern werden.
Während ich so vor mich hin schluchze und schniefe, holt mich der Knall der Eingangstür aus meiner Sehnsucht nach Hause. Ich schrecke auf und sehe mit verweinten Augen hinter mich.
Nathan, ein Junge aus meiner Klasse, kommt die Treppe hochgeschlurft und starrt währenddessen auf seine Füße. Er geht mit gesenktem Kopf geradeaus zur Tür unseres Klassenzimmers und ich gehe sofort einen Schritt zur Seite, weil er mich anscheinend noch nicht gesehen hat. Er greift zum Türgriff und durch ein Schniefen von mir, sieht er zu mir. Mir fällt sofort auf, dass der blaue Rand um sein linkes Auge fast verheilt ist und der kleine Riss an seiner Oberlippe auch.
Ich sehe weg, als er mich von oben bis unten betrachtet. Er wirkt immer so müde. Ich wische mir beschämt die Tränen von den Wangen. „Hallo Nathan“, grüße ich ihn mit noch weinerlicher Stimme.
Er blinzelt resigniert, dann öffnet er ohne weitere Worte die Tür und lässt mich genauso wie Jimmy und die anderen gemeinen Jungs im Flur stehen.
Ich atme erneut tief ein und aus, wünsche mir immer mehr, wieder nach Hause zu Papa zu können. Kurz überlege ich, einfach so zu tun, als würde ich mich nicht gut fühlen und dann könnte ich vielleicht Papa anrufen, damit er mich abholt und wir gemeinsam den Tag verbringen können.
Doch noch bevor ich meinen Plan richtig ausbauen kann, öffnet sich die Tür zum Klassenraum erneut und Misses Hatheway lugt hinaus. Sie ist noch sehr jung. „Honor“, sagt sie verwirrt, als sie mich erblickt. Sie kommt zu mir in den Flur und kniet sich vor mich, wie Mama es vorhin getan hat. „Wieso weinst du denn? Möchtest du nicht in den Klassenraum kommen?“
„J-Jimmy“, beginne ich wieder zu schluchzen und sie versteht sofort. Jimmy ärgert mich oft und Misses Hatheway gibt ihm auch immer wieder Strafarbeiten, wenn er mich beleidigt oder verletzt, aber er tut es immer wieder.
„Hach, Süße“, seufzt Misses Hatheway und wischt mir mütterlich die kleinen Tränen von den Wangen, die wieder wie Bäche zu fließen begonnen haben. „Du hattest doch gestern Geburtstag. Zeig doch der Klasse dein neues schönes Kleid, die werden Augen machen, wenn sie dich so sehen. Das verspreche ich dir.“
„Jimmy hat mich Heuschrecke genannt“, weine ich und spiele mit meinen, von meiner Mutter perfekt gefeilten Fingernägeln.
„Jimmy macht das nur, weil er dich so hübsch findet, glaube mir. Jungs sind sehr komplizierte Wesen.“ Sie steht schmunzelnd auf und streicht mir über den blonden Schopf. „Komm mit rein. Wir warten schon alle auf dich.“
Schließlich nicke ich trotzig und wische mir schniefend die letzten Tränen von den Wangen. Ich folge Misses Hatheway durch den Türrahmen und hoffe, dass ich nicht ausgelacht werde, weil ich geweint habe. Ich weine sehr schnell, das mag ich nicht, aber ich kann es nicht ändern. Ich bin sehr sensibel, sagt Mama immer, nah am Wasser gebaut. Umso schlimmer ist es, dass ich durch Jimmy immer weniger gern in die Schule gehe, weil er mich ständig beleidigt oder mir wehtut. Doch schlimmer als manche Löcher in meinen Lieblingshosen oder Risse in meinen Kleidern, die er verursacht hat, sind Jimmys Worte. Er macht mir all die Dinge, die ich am liebsten habe, zunichte. Wie mein Kleid. Ich bin keine Heuschrecke, ich trage doch nur das grüne Kleid, das ich zu meinem Geburtstag bekommen habe.
Misses Hatheway ruft durch den Klassenraum, dass alle Schüler sich setzen sollen, und ich laufe mit gesenktem Kopf zu meinem Platz, vorbei an Jimmys und Charlys Tisch, die mich beide missbilligend betrachten. Ich frage mich, wieso sie mich nicht mögen. Schon seit dem Kindergarten mögen sie mich nicht. Ohne Grund.
Ich setze mich auf meinen Sitzplatz neben meiner Freundin Maria. Ihre und meine Familie gehen jeden Sonntag gemeinsam in die Kirche und dadurch habe ich mich mit ihr angefreundet. Sie ist meine beste Freundin, schon seit der ersten Klasse. Maria lächelt mir schweigend zu, während Misses Hatheway vorne den Unterricht beginnt. Maria hat ihre braunen Haare wieder zu einem französischen Zopf geflochten, wie sie es immer tut. Jeden Morgen nimmt ihre Mutter sich die Zeit und macht ihr die schönsten Frisuren, ich beneide sie darum, denn Mama hat morgens nicht viel Zeit und Papa kann nicht flechten.
„Ich möchte jetzt, dass ihr Vierergruppen bildet und dann gemeinsam überlegt, welche Spiele wir am Tag der offenen Tür spielen könnten, okay? Die Kindergartenkinder sollen immerhin unterhalten werden“, verkündet Misses Hatheway und setzt sich an ihr Pult. „Notiert eure Ideen und dann schreiben wir sie gemeinsam an die Tafel. Und los!“
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