Lene Sommer
Light - vermixt & zugenäht
Kurzgeschichte
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Inhaltsverzeichnis
Titel Lene Sommer Light - vermixt & zugenäht Kurzgeschichte Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1 Annika
Kapitel 2 Annika
Kapitel 3 Annika
Kapitel 4 Karsten
Kapitel 5 Annika
Kapitel 6 Annika
Kapitel 7 Karsten
Kapitel 8 Annika
Kapitel 9 Annika
Kapitel 11 Karsten
Kapitel 12 Annika
Epilog
Annikas Wok – Gericht:
Danksagung
Impressum neobooks
Der Begrüßungston der Ladentür erklingt und ich schaue von dem Terminplaner des ›Crazy Hair‹ auf. Meine Kundin Antje strahlt mich entschuldigend an, als sie das Friseurgeschäft betritt. »Sorry, ich hoffe ich bin nicht zu spät, doch Kilian hatte seine erste Krise. Er konnte seine blauen Schienbeinschoner nicht finden und steigerte sich total in ein Hirngespinst hinein, dass er mit den schwarzen Schonern nie und nimmer die ganzen Bälle halten könne. Ich sage dir - Jungs und Fußball.«
Ich trete hinter dem Kassentresen hervor, ziehe Antje an mich und begrüße sie lachend. Prompt erwidert sie meine Umarmung ebenso herzlich, welche auch nur auf ihre unkomplizierte, liebevolle Art zurückzuführen ist. Sonst pflege ich einen gesunden Abstand zu meinen Kunden, der sich lediglich auf ein kurzes Händeschütteln begrenzt. »Keine Bange, du bist pünktlich wie immer.«
»Ach Annika, ich bin so froh darüber, hier entspannt im Stuhl sitzen und dich meine Friseurin nennen zu können. Denn das Wissen, dass du genau nach meinem Geschmack schneidest, ist Gold wert«, gibt Antje erleichtert von sich und atmet einmal tief ein und aus. Ich stehe hinter dem Spülbecken der Waschstraße unseres Salons und brause ihr Haar mit einem glücklichen Lächeln ab. Anschließend schamponiere ich es mit der Eigenmarke unseres Friseursalons und gebe ihr währenddessen mit einer Kopfmassage die perfekte Möglichkeit zur vollständigen Entspannung.
»Dann hoffen wir mal, dass mein Chef genauso begeistert von mir ist.«
Daraufhin reißt Antje ihre Augen weit auf. »Ach, stimmt ja, heute ist ja deine Probezeit vorbei. Ja natürlich behält er dich. Das wäre ja geschäftsschädigend, wenn er dich nicht behalten würde«, antwortet sie sehr überzeugend.
Mein Gefühl, was meine Übernahme betrifft, ist ein sehr gutes. Ich arbeite fleißig, bin meinen Kolleginnen gegenüber stets sehr hilfsbereit und das ein oder andere Mal habe ich schon gehört, dass ich mit meiner kräftigen Haarfarbe und meinem Dauerlächeln auf den Lippen frischen Wind in den Salon bringen würde. Markus - mein Chef - beobachtet mich die letzten Tage sehr aufmerksam, das ist mir sehr wohl bewusst.
Es ist schon Wahnsinn, wie schnell ein Vierteljahr - und somit meine Probezeit – vergangen ist. Heute Abend, sobald mein Feierabend beginnt, werde ich wieder durchatmen können und mit Zufriedenheit wissen, dass ich hier richtig bin, um endlich Wurzeln zu schlagen. Hier - in Berlin - möchte ich bleiben, bin ich doch vor zwölf Wochen mit meinen beiden Reisetaschen von München erst hierhergezogen und habe alles hinter mir gelassen, da mich in Bayern nichts mehr gehalten hatte. Zu meiner Verwunderung fand ich sofort diese Anstellung, was mich natürlich freute, da in Berlin eine höhere Arbeitslosigkeit herrscht als im Süden Deutschlands. Meine netten Kolleginnen helfen mir sehr, mich hier wohlzufühlen. Was will Frau mehr? , frage ich mich in Gedanken selbst. Ein guter und sicherer Job gibt einem das Gefühl von Sicherheit, ist eine Konstante im Leben, nach der auch ich mich sehne.
Berlin ist sehr groß und neu für mich. Meine Heimatstadt München ist auch nicht gerade klein, doch diese beiden Städte unterscheiden sich schon sehr voneinander. Nicht nur durch die unterschiedlichen Dialekte. Ich finde Berlin ist vielschichtiger, ist eine Stadt mit vielen Gesichtern. Ein Mekka für Künstler, Kreative und all diejenigen, die unkonventionell leben wollen. Antje kann ich als gutes Beispiel dafür nehmen, denn sie ist an meinem ersten Arbeitstag in den Salon gekommen und bat meinen Chef, als sie mich sah, direkt um einen Termin bei mir. Sie verriet mir damals, dass sie mit meiner Kollegin nicht auf einer Wellenlänge sei, was die Vorstellung ihrer Frisur beträfe. Mittlerweile hat sie heute ihren sechsten Termin bei mir und es fühlt sich an, als wäre es bereits ihr dreißigster Besuch. Antje hat nie viel Zeit, denn sie ist beruflich mit ihrer Bar – dem ˏLight΄ - stark eingebunden.
Zudem ist sie glücklich verheiratet und Mutter zweier Kinder. Ich ziehe den Hut vor solchen Powerfrauen.
Inzwischen sind wir rüber zu meinem Frisierstuhl gewandert. Während ich ihre nassen Haare mit einem Handtuch trocken reibe, beginne ich ein wenig Smalltalk. »Sonst ist alles okay bei dir?«
»Puh! Nee, irgendwie kommt immer alles zusammen. Geplant war eigentlich, dass ich stundenmäßig ein wenig zurückschraube. Wegen der Kinder, weißt du? Doch seit drei Tagen fehlt mir eine Barfrau. Cornelia hat mit einem Mal alles hingeschmissen. Das ist der pure Horror für mich, einfach so stehen gelassen zu werden.«
Als sie fertig ist, schließt sie völlig erschöpft ihre Augen. Das tut mir sehr leid für sie. »Boah, das ist ja heftig. Unzuverlässigkeit kommt bei mir gleich nach Unpünktlichkeit auf der Abschussliste. Das sind beides Eigenschaften, die ich partout nicht nachvollziehen kann, ich hasse so etwas.«
Antje öffnet ihre Augen und schaut zu mir hoch. »Du sagst es, darf ich dir vielleicht meine Nummer dalassen, falls dir etwas zu Ohren kommt? Dann könntest du sie weitergeben.«
»Ja, na klar, gar kein Thema«, beruhige ich sie.
»Bitte schneide sie mir genauso wie beim letzten Mal. Das war perfekt.«
Das freut mich natürlich zu hören. In diesem Moment sehe ich meinen Chef unweit von mir stehen und hoffe, dass auch er das Lob vernommen hat. Ich lächle Markus an und mache mich an meine Arbeit.
Mit frisch geschnittenen Haaren steht Antje eine Stunde später zusammen mit mir am Kassentresen.
Sie schreibt mir noch ihre Telefonnummer auf ihr Kärtchen, bezahlt und ist gleich darauf schon wieder auf dem Sprung. Die Visitenkarte stecke ich mir in die hintere Tasche meiner schwarzen Röhrenjeans. Danach kehre ich die Haare zusammen und säubere meinen Arbeitsplatz. Heute spüre ich förmlich, wie Markus mich beobachtet, was dazu führt, dass ich ein aufgeregtes Kribbeln im Bauch verspüre. Ist dies ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? , frage ich mich im Stillen.
Markus ist Mitte dreißig, somit fünf Jahre älter als ich, sieht sehr gut aus und liebt seine Freiheiten, was Mädels angeht. Ich glaube, dass meine Kollegin Yvonne es mit ihm treibt. Letzte Woche hatte ich meine Strickjacke vergessen und bin noch mal nach Feierabend zur Hintertür in das Geschäft gegangen, um sie zu holen, da habe ich meine geschätzte Kollegin schreien gehört. Ja, Yvonne gehört zur lauten Fraktion . Es geht mich an sich nichts an, wen sie in ihr Höschen lässt, zumindest solange nicht, wie es auf Arbeit fair zugeht. Bisher ist Markus aber ein toller Chef.
Mehrere Kundinnen später ist es bereits 18:00 Uhr und wir räumen das Geschäft auf, fegen und wischen die Räume einmal durch. Meine Kolleginnen haben gerade das Geschäft verlassen, als ich meine Tasche aus meinem Spind nehme und mich freue, dass der Tag geschafft ist. In diesem Moment ruft Markus mich zu sich in sein Büro. Jetzt wird sicher ein Feedbackgespräch anlässlich meiner verstrichenen Probezeit stattfinden. Einmal tief durchatmen, Annika , befehle ich mir in Gedanken.
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