Ich gehe in sein Büro, lächle ihn an und antworte: »Ja, Markus?«
»Komm rein, Annika. Und schließe die Türe hinter dir.«
Seine Stimme klingt irgendwie strenger als sonst, aber ich bilde mir das sicher nur ein und schiebe es meiner Nervosität zu. Er wird nach solch einem langen Tag auch einfach kaputt sein. Doch weshalb soll ich die Tür hinter mir schließen, wenn eh schon alle nach Hause gegangen sind? , rast es durch meine Gedanken und mein Herzschlag nimmt schlagartig zu.
Na ja, er wird sich schon etwas dabei denken , stelle ich für mich fest. Als ich mich auf den Stuhl, der vor seinem Schreibtisch steht, setzen möchte, hebt er seine Hand. Ich ziehe fragend meine Augenbrauen nach oben. »Nein, komm her zu mir!«, weist er mich an. Hä? Wie jetzt, neben ihm steht doch kein Stuhl , frage ich mich gedanklich.
Etwas überfordert gehe ich um seinen Tisch herum und bleibe unschlüssig vor ihm stehen. Markus dreht sich mit seinem Bürostuhl mir zu und schaut mich dominant an, lässt seinen Blick über mich gleiten. So hat er mich noch nie angesehen. »Anlässlich deiner abgelaufenen Probezeit möchte ich persönlich herausfinden, wie viel dir dein Job wert ist. Arbeiten kannst du, das habe ich bereits zur Genüge gesehen und das hast du auch unter Beweis gestellt. Doch ist dir das Wohlergehen deines Chefs auch wichtig? In meinem Geschäft gibt es ein Aufnahmeritual, um dies herauszufinden.«
Ein Aufnahmeritual? Mir war gar nicht bewusst, mich einer Verbindung angeschlossen zu haben und mich beweisen zu müssen. Ist das nicht ein wenig schräg? , frage ich mich verunsichert in Gedanken. »Bitte?«, entgegne ich stirnrunzelnd.
»Du hast die Wahl, entweder kniest du dich jetzt hin und bläst mir einen oder ich nehme dich auf dem Schreibtisch. Du möchtest doch, dass es mir gut geht und ich zufrieden bin, oder?«, kommt es fordernd von ihm.
Als hätte man mir eins mit einer Keule über den Schädel gezogen, stehe ich vor ihm und schaue ihn blöd an. Ich beginne zu kichern, denn das kann ja nur ein schlechter Scherz sein. »Willst du mich verarschen?«
Sein Blick wird eindringlich und dunkel, als er antwortet: »So eine große Klappe gehört ordentlich gestopft, finde ich.«
Ich kann mich immer noch nicht beherrschen, zeige ihm einen Vogel und frage ihn fassungslos, aber lachend: »Du denkst ernsthaft, dass ich dir zum Feierabend einen blasen würde?«, und schüttle verwundert den Kopf.
Ich kann sehen, wie seine Kieferknochen mahlen. »Annika, ich scherze nicht. Du hast mich richtig verstanden. Nimm ihn in den Mund und mache deine Sache gut. Ich werde dich ein- bis zweimal die Woche ficken oder du wirst mir einen blasen.«
O Gott, holt er sich seine tägliche Portion Sex auf diese Art und Weise bei den Angestellten? Verlangt er dies etwas von allen hier? , geht es mir durch den Kopf.
Das hat gesessen. In mir steigt enorme Wut hoch. »Du verlangst von mir sexuelle Gefälligkeiten, ansonsten könnte ich meine Tasche packen und gehen? Habe ich dich richtig verstanden?« Meine Stimme ist lauter geworden. »Lässt sich Yvonne deshalb von dir vögeln, da sie sonst ihren Job verliert?« frage ich fassungslos.
Markus steht auf und scheint nicht darüber begeistert zu sein, dass meine Hose immer noch nicht geöffnet ist. Er kommt näher und drängt mich mit seinen starken Armen gegen ein Regal. Sein Gesicht ist meinem ganz nah. Bisher hatte ich ihn für sehr sympathisch und gut aussehend befunden. Aber solch eine Situation kann einen Menschen sofort in etwas Ekelhaftes und Abstoßendes verwandeln. »Stell dich nicht so an, du kleine Hexe, ich bin doch nicht blind. Laufend hast du mich angeschaut, bist extra länger im Geschäft geblieben, hast mit deinem Arsch gewackelt. Tu nicht so prüde. Deine Kolleginnen gehorchen mir alle.«
Ich stemme meine Hände angeekelt gegen seine Brust. »Du hast sie doch nicht mehr alle. Wie kommst du nur auf solch einen Schwachsinn? Für diesen Hungerlohn soll ich auch noch meine Beine breit machen? Ich habe mir hier den Arsch aufgerissen, ich brauche diesen Job und arbeite für mein Geld. Wenn du das falsch interpretierst, tut es mir leid. Du tust mir leid.«
Bei diesen Worten umfasst er rasend schnell meine Hände, zieht sie über meinen Kopf und lässt sie unsanft gegen das Regal knallen. »Au, lass mich los, du tust mir weh!«, bringe ich schockiert hervor. Ich bin total überfordert mit dieser Situation. So eine verfluchte Scheiße, niemand ist mehr hier. Das ist voll unheimlich , denke ich und beginne zu zittern. Er wird sich nehmen, was er will. Während eine seiner Hände weiterhin meine Handgelenke fest umschlossen hält, schließt sich seine andere recht grob um meinen Busen. »Nimm deine dreckigen Finger weg, du Schwein!«, sage ich jetzt lauter und wende meinen Kopf. Mein Blick streift die Fenster neben uns, und ich stelle dabei fest, dass zwei davon gekippt sind.
»Jetzt hab dich nicht so, sei nicht undankbar. Als Gegenleistung für eine kleine Verwöhneinheit biete ich dir immerhin einen tollen Job. Ich ficke dich jetzt einmal und dann kannst du in deinen wohlverdienten Feierabend gehen«, entfährt es Markus genervt.
»Lass mich los, sonst schreie ich - so laut ich kann -, und die Fenster stehen noch offen.«
Bei diesem Satz reißt er seinen Kopf zur Seite und sieht, dass ich recht habe. Er lockert unbewusst seinen Griff um meine Hände und ich nutze diese Situation aus, indem ich mich von ihm losreiße. Adrenalin strömt durch meinen Körper und ich schubse ihn grob von mir weg. Markus ist sauer, dass sehe ich ihm an, denn er hat sich das alles sicher anders und leichter vorgestellt. »Du Arschloch, machst du das immer so mit deinen Angestellten? Wenn du glaubst, dass ich nur wegen des Jobs mit dir in die Kiste springe, dann hast du dich gewaltig geschnitten. Nicht mal mit der Kneifzange würde ich dich anfassen. Was bist du nur für ein elendes Würstchen!«, spucke ich ihm entgegen.
Markus richtet sein Sakko, räuspert sich und setzt sich wieder. Ich merke, wie sehr er sich zusammenreißen muss, als er mir seelenruhig entgegnet: »Ich sag es nur noch ein einziges Mal. Entweder du setzt dich jetzt hier auf diesen Tisch und zwar ohne Hose oder du bist entlassen.«
Ich stehe in diesem beschissenen Designerbüro und bin mir augenblicklich bewusst, ab sofort arbeitslos zu sein. Wenigstens habe ich noch mein WG-Zimmer und somit ein Dach über dem Kopf. »Du kannst mich mal kreuzweise, Markus!«, fluche ich, schnappe mir meine Tasche von der Stuhllehne und bin gerade dabei, sein Büro zu verlassen, als er sagt: »Den Schlüssel der WG schmeißt du in genau einer Stunde in den Briefkasten.«
Das verwirrt mich jetzt und ich frage: »Was hat denn meine WG mit dir zu tun?«
Ich drehe mich um und schaue ihn abwartend an, bis mir ein Licht aufgeht. Mich trifft der Schlag, dieses miese Schwein weiß genau, dass ich hier in Berlin nichts und niemanden habe und zwingt mich somit in die Knie. »Du willst mir doch nicht ernsthaft weismachen, dass dir die Wohnung gehört.«
Arrogant schaut er von seinen Unterlagen auf. »Tja, liebe Annika, ich sitze am längeren Hebel, du hast mich unterschätzt.«
»Ist dir klar, dass du dich wie ein Zuhälter verhältst. Ich dachte, dass es ein Zufall wäre, dass Yvonne und Bianca zusammenwohnen, aber jetzt ist mir alles klar. Du nutzt die Mädels aus, machst sie damit von dir anhängig und gefügig. Du bist so widerlich.«
»Kein Wort zu niemandem oder ich zeige dich wegen Diebstahl an, hast du verstanden?«, zischt Markus und ich zucke bei dieser Drohung kurz zusammen.
Ich muss hier unbedingt raus. Daher gehe ich nach vorne in den Verkaufsraum, schnappe mir meine Trinkgeldkasse, da ich jetzt jeden Cent gebrauchen kann, und flüchte förmlich aus dem Hinterausgang. Ich höre nur noch sein Lachen, sein widerwärtiges und zorniges Lachen.
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