„Halt die Klappe, Lisa. Ich bin nicht schüchtern, sondern nur höflich. Nur deshalb habe ich dir als Frau den Vortritt gelassen“, kommentierte Maxi trocken die Worte seiner Schwester. Doch dann umarmte auch er seine Eltern und drückte beide fest an sich.
„So, wie ihr beide strahlt, scheinen die Abschlussprüfungen ja ganz gut gelaufen zu sein“, meldete sich jetzt Alexander Kranz zu Wort. „Darf man euch schon gratulieren?“
„Damit wartet ihr wohl besser bis zu unserer Graduationsfeier. Wir kennen unsere Noten ja selber noch nicht. Schließlich haben wir bis vor wenigen Minuten noch an unserer letzten Klausur getüftelt, die natürlich die Schwerste von allen war. Aber Lisa und ich haben ein gutes Gefühl und denken, dass wir die Prüfungen allesamt bestanden haben“, erwiderte Alex-Max in seinem gewohnt nüchternen Ton, wobei er, ebenso, wie seine Schwester den Stolz über das im Zuge der Ausbildung Erreichte nicht zu verhehlen vermochte.
„Wobei nur die Frage offen ist, wer von uns beiden besser abgeschnitten hat. Dieser angeberische Kerl bildet sich nämlich ein, dass er morgen Nachmittag als Klassenbester geehrt wird. Nur hat er seine Rechnung – so, wie üblich – ganz ohne mich gemacht“, scherzte jetzt Mora-Lisa, während sie ihren Bruder mit einem kecken Seitenblick aus ihren meergrünen Augen bedachte.
„Ist doch ganz egal, wer von euch beiden der oder die Bessere ist. Hauptsache ist doch, dass ihr jetzt vollwertige Mitglieder in der JDEF werdet. Aber wieso findet eure Feier schon morgen Nachmittag statt?“, fragte Mora ihre Kinder sofort.
„Setzen wir uns doch erst mal auf diese schicke Couch, dann beantworten wir gerne all eure Fragen. Doch zuvor möchten Maxi und ich unsere Schwester Anna kennenlernen. Wo ist sie denn hingekommen, sie war doch grad noch da?
Wir haben zwar vorhin euren Gedanken entnommen, dass ihr eigentlich noch mit uns spazieren gehen wolltet, aber wir würden lieber hier in eurem Appartement mit euch quatschen und ein bisschen mit unserer kleinen Schwester spielen. Die haben wir nämlich ebenfalls ganz doll vermisst“, meldete sich jetzt wieder die siebzehnjährige Mora-Lisa zu Wort.
„Eure kleine Schwester wird gerade bettfertig angezogen und gefüttert – immerhin hat sie ja eine anstrengende Reise hinter sich. Schaut hin, da kommt unser Schätzchen auch schon zu uns zurück“, meinte Mora Kranz, als die Mara-Androidin mit der dreijährigen Anna das Wohnzimmer betrat.
„Wow, bist du gewachsen. Und hübsch bist du – meine Güte, du hast ja dieselben roten Locken, wie ich“, rief Lisa ganz hingerissen, als die kleine Anna auch schon mit lautem Quietschen in die Arme ihrer älteren Schwester teleportierte und sich an ihr festklammerte.
„Oho, eine kleine Teleporterin bist du also auch. Und noch dazu ‘ne ziemlich fähige Telepathin. Wir haben dich bereits während des Anflugs auf TERRA sehr gut empfangen können. Das war toll, jedoch wollen Maxi und ich jetzt mal sehen, wie gut du schon sprechen kannst. Das kannst du doch schon – oder?“, sagte Mora-Lisa, während sie sich ihre Schwester Anna auf den Schoß setzte.
„Kann ich, Lisa – aber nur wenn ich will, denn viel lieber unterhalte ich mich in meinem Kopf mit euch. Lach nicht, Mama – das ist überhaupt nicht witzig“, ließ sich jetzt die Dreijährige mit in die Hüften gestemmten Ärmchen vernehmen, als sie das prustende Lachen ihrer Mutter und ihres Vaters vernahm.
„Mach dir nichts draus, kleine Schwester – so sind Eltern eben. Bei Maxi und mir haben sie das in dem Alter genauso gemacht. Aber wenn du ihre tieferen Gedanken liest, wirst du erkennen, wie glücklich sie über uns drei Geschwister sind. Magst du vielleicht mit Maxi und mir spielen?“
„Au ja, Lisa. Sollen wir vielleicht miteinander ein paar Sachen durch die Luft fliegen lassen? Mama und Papa haben zwar immer geschimpft, wenn ich das an Bord unseres Schiffes gemacht habe. Doch jetzt sind wir ja wieder daheim und da können wir ja kein wichtiges Inventar kaputtmachen.“
„Du bist mir vielleicht eine wilde Maus. Und Telekinetin bist du also außerdem. Das ist klasse, Anna. Wusstest du schon, dass wir zwei ebenfalls die Telekinese beherrschen?“
„Klar – weiß ich das. Seht ihr die Obstschale da drüben auf dem Tisch?“
Während gleich nach Annas Worten diverse Äpfel und Orangen durch das Wohnzimmer zu schweben begannen, meinte die Kleine nachdenklich: „Was ich aber nicht weiß – was sind das für komische Anzüge, die ihr beide da anhabt. Das Dunkelblau ist zwar schick – aber muss ich sowas später auch mal anziehen. Ich meine, wenn ich mal groß bin?“
Nachdem die darauffolgende Lachsalve ihrer Eltern abebbte, ging jetzt Mora-Lisa barsch dazwischen: „Mom, Dad – das ist nicht zum Lachen! Anna hat eine berechtigte Frage gestellt, auf die sie eine ernsthafte Antwort verdient. Lacht also nicht so schallend, sondern freut euch irgendwie anders, verdammt!“
Damit nahm sie ihre Schwester auf ihren Schoß und fuhr sanft über deren rotgelockten Haarschopf, bevor sie ihrer Schwester leise zuflüsterte:
„Eltern können manchmal ziemlich albern sein, wenn sie sich über ihre Kids freuen. Doch jetzt pass auf, mein Schatz. Das, was wir beide anhaben, ist die Ausgehuniform unserer JDEF, wie sie von allen Junioroffizieren getragen wird.
Maxi und ich wollen nämlich später mal, so wie unsere Eltern, Raumschiffkapitäne werden. Und damit man das darf, muss man eine ganze Menge in der Schule, und später in der Raumakademie lernen.
Das alles dauert ziemlich lange – aber wie du ja schon mitbekommen hast, sind wir als deine Geschwister mit der dafür nötigen Ausbildung heute erst fertig geworden. Deshalb hoffen wir im Moment, dass wir das Gelernte, nach dem vielen theoretischen Büffeln, möglichst bald in der Praxis üben dürfen. Denn nur, wenn man ordentlich an Bord eines Raumschiffs trainiert, wird man irgendwann mal ein guter Raumschiffcaptain, der seiner Crew Befehle geben darf.“
„Wenn ich groß bin, will ich auch mal so ein Kaptän werden“, warf die kleine Anna an dieser Stelle mit ernster Miene ein. „Befehlen und Sachen fliegenlassen kann ich nämlich schon ganz gut“, fügte sie gleich noch trocken hinzu, während sie das in der Luft tanzende Obst vorsichtig wieder in die leerstehende Obstschale beförderte.
„Okay Anna, falls du also später mal denselben Weg wie wir gehen möchtest, kriegst du auch so ‘ne schicke dunkelblaue Uniform. Die trägt man aber nur an Land oder bei festlichen Anlässen. Denn an Bord tauscht man die gegen die hellblauen Kombinationen, die du ja bereits von Mom und Dad kennst“, mischte sich an dieser Stelle ihr Bruder Alex-Max in das Gespräch unter Geschwistern ein.
„Und was bedeuten die Metallknöpfe an euren Hemdkrägen? Die gab es bei unserem Abflug meines Wissens nämlich noch nicht“, fragte Alexander Kranz daraufhin seinen Sohn.
„Das sind Fähnrichsabzeichen, die unseren derzeitigen Rang in der terranischen Raumflotte symbolisieren. Und morgen kommt dann bei uns beiden mit der Beförderung zum Leutnant der JDEF noch ein weiterer Knopf hinzu – vorausgesetzt natürlich, dass wir die Akademieausbildung bestanden haben“, erwiderte Alex-Max prompt.
„Verstehe – und das passiert morgen Nachmittag. Und wann feiert ihr das Erreichte im Anschluss? Immerhin ist sowas doch meistens üblich – oder nicht? Ich frage deswegen, weil ja morgen Abend unser offizielles Begrüßungszeremoniell steigen soll.“
„Tja, mein lieber Paps, eigentlich dürften wir ja noch nicht darüber sprechen. Aber wie sich meine gerade in meinen Gedanken schnüffelnde neugierige Mutter schon denken kann, hat die Führung der JDEF beschlossen, beide Events morgen Abend einfach zusammenzulegen.“
„So, haben die das. Grundgütiger – dann erwarten die wahrscheinlich noch, dass wir morgen Abend über unsere gerade erst zurückliegenden Abenteuer berichten und dazu eine kurze Rede halten“, fasste sich in diesem Moment Mora Kranz an ihren Kopf.
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