Helge Hanerth
MPU Protokolle
Vier Mitschriften zur realitätsnahen Vorbereitung auf die medizinisch-psychologische Untersuchung
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Helge Hanerth MPU Protokolle Vier Mitschriften zur realitätsnahen Vorbereitung auf die medizinisch-psychologische Untersuchung Dieses ebook wurde erstellt bei
Vorwort
Ich brauche TÜV
MPU – der erste Versuch. Die Suche nach der Trinkhistorie
MPU – der erste Versuch. Die psychologische Exploration
Ich mach `ne Therapie
MPU - Der zweite Versuch
Eine neue Strategie muss her
MPU – der dritte Versuch
MPU – Der vierte Versuch
Kritik am Verfahren der MPU
Das kompakte 1x1 für eine erfolgreiche MPU
Impressum neobooks
Drei Anläufe brauchte ich nach einer Trunkenheitsfahrt, um würdig zu sein, wieder einen Führerschein zu bekommen. Das hat mich überrascht, schließlich war ich nicht ein jahrelanger Trinker und ich hatte meine Trunkenheitsfahrt abgebrochen als ich erkannte, dass das so nicht weiter geht. Nur ich konnte mein Verhalten nicht beweisen und Statistiken machten ein anderes Verhalten plausibel. So wurde es mir zu einer wichtigen Erkenntnis, dass eine MPU nicht auf Wahrheit baut, weil Wahrheit schwer zu beweisen ist. Die relativen Wahrheiten von Statistiken finden Gutachter viel attraktiver und plausibler. Die sind ihnen vertrauenswürdiger, weil sie wenig wissen und oft von Klienten belogen werden, denen die Tragweite ihres Fehlverhaltens nicht vollumfänglich bewusst ist. Gerade das gutachterliche Nichtwissen und die Beweispflicht durch den Klienten machen den intuitiven Entscheidungsrahmen des Psychologen so bedeutend. Das schafft für die MPU ganz eigene Gesetze, die mit Erkenntnistheorie und evidenzbasierter Argumentation nichts zu tun haben. Der Gutachter hat mit seinem erfahrenen Empfinden immer recht. Widerspruch wird schnell als Widerstand persönlich genommen. Seine daraus folgende Befindlichkeit ist unbedingt zu berücksichtigen. Glaubwürdigkeit steht im Mittelpunkt. Geben sie von sich preis was man glauben will. Ein solches Verhalten ist neben einer Therapie und Techniken zur Trinkdruckkontrolle unbedingt einzuüben. Letztlich zählen alle Techniken zur Abstinenz nur in Verbindung mit dem Gefühl, das der Experte für Sie empfindet. Die Sympathie, die dem Gutachter Ihnen gegenüber möglich ist, ist das zentrale Element für eine erfolgreiche MPU. Was individuell in Ihnen vorgeht, können und wollen die Experten oft nicht verstehen, wenn sie sich früh festlegen oder wie im Falle meiner vierten MPU gar nicht um den Anlass zur MPU wussten. Die fand nämlich nicht wegen einer Trunkenheitsfahrt statt. Suchen Sie immer Verständnis und Konsens. Nur das schafft Wohlwollen. Wenn Ihnen dieser Konsens fremd ist, arbeiten Sie daran. Die MPU ist ein emotionales Spiel oft ohne gutachterliche Beweiskraft, aber mit gewichtigen Überzeugungen.
Deswegen wurde mir ein zweites Mal der Führerschein entzogen. Obwohl nachweislich keine erneute Trunkenheitsfahrt vorlag. Aber das Ergebnis eines Alkoholtests auf einer S-Bahn Station wurde an die Führerscheinstelle weitergeleitet, die wegen des Verstoßes gegen die Abstinenzpflicht eine MPU anordnete. Voller Stolz dachte ich, die Aussage der letzten MPU widerlegen zu können, dass ich alkoholisiert nicht die Kontrolle über mein Verhalten habe. Ich hatte doch damals wegen des aufkommenden Bewusstseins von Trunkenheit die Alkoholfahrt abgebrochen und dieses Mal direkt mit der Entscheidung zur Trunkenheit eine Fahrkarte gekauft. Zeigte das nicht Lernfähigkeit? Der Gutachter hatte aber das Gefühl, das ich die Absicht gehabt haben könnte im Anschluss an die Busfahrt ein Auto zu fahren. Dieser Logik konnte ich nicht folgen, wenn ich zu betrunken war ein Auto zu führen und sich die Bushaltestelle 100m neben meiner Haustüre befindet. Mein logischer Widerspruch und Hinweise auf die Freiheit der Gedanken hatten mir hier wesentliche Sympathien verdorben. Eine positive MPU gibt es nur mit dem Gutachter. Ohne Konsens mit dem, in gewisser Weise, psychologischen Richter geht da nichts. Warum der Gutachter den Glauben hatte, ich könnte die Absicht gehabt haben trotz gültigen Fahrscheins ein Auto zu führen, erklärte er im Gutachten nicht. Er ist nicht beweispflichtig.
Achten Sie also unbedingt auf die Spielregeln in der MPU. Meine Protokolle sollen Ihnen dazu eine Hilfestellung sein. In drei MPU`s habe ich mitgeschrieben und unmittelbar im Anschluss nur die begonnenen Aufzeichnungen vervollständigt. Dabei sind keine neuen Aufzeichnungen angefertigt worden. Die vierte MPU habe ich mit einem digitalen Aufnahmegerät mitgeschnitten. Lesen sie wie eine MPU ganz konkret ablaufen kann. Lernen Sie es besser zu machen als ich. Machen Sie sich vertraut mit empathischer Logik. Ersetzen Sie faktische Wahrheit durch kognitive Intuitionen.
Ich muss erwähnen, dass ich schon ein ungewöhnlicher Alkoholiker bin, weil ich ein Eigenbrötler bin, der nie in Gesellschaft trinkt und über Jahrzehnte gar nicht getrunken hat. Das wollen Gutachter nicht gerne glauben. Sie gewinnen bei Gutachtern mit Eingeständnissen zu deren Annahmen. Das will man gerne glauben. Da dürfen Sie auch übertreiben. Damit bestätigen sie nur die Notwendigkeit ihrer Aufgabe. Im Bewusstsein einer sinnvollen Aufgabe und mit Ihrer durch Therapie bestätigten Besserungsabsicht steht einer Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nichts im Wege.
Dabei ist mir nüchtern mein Leben am liebsten. Nie würde ich auf die Idee kommen eine Aktivität mit Alkohol zu verbessern oder zu . Ich liebe meine Arbeit und meine Hobbys viel zu sehr und will sie pur genießen. Ich bin gerne Chef und steuere Prozesse. In meinen Hobbys will ich mich beweisen. Nur dann erlebe ich Details und Zwischentöne. Nur mit Herausforderungen nutze ich meine Potenziale. Nur dann habe ich eine Chance über mich hinaus zu wachsen. In der Tiefe solcher Erlebnisse liegt die Ursache für Nachhaltigkeit und angenehme Erinnerungen. In solchen Situationen tötet Alkohol jedes Feingefühl.
Schon in der Schule mied ich jeden Alkohol. Das war mir viel zu pubertär. Genauso wie Mofa fahren und Cliquen. Durch Nichttrinken grenzte ich mich zusätzlich von den Mitschülern ab. Für die war ich sowieso ein komischer Einzelgänger. Ich wollte nie ihr cooles Leben und träumte von einem Forscherleben in der Wildnis. Je tiefer ich den Graben zu meiner Umwelt zog, desto effektiver konnte ich meine innig geliebte Kindheit verteidigen. Als Außenseiter und Eigenbrötler gewann ich damit auch die Freiheit für ein eigenes, transzendales Leben. Das war und ist bestimmt durch Leistungssport, Musikmachen, eine ehrgeizige Karriere, die auf Selbstverwirklichung in zukunftsweisenden Herausforderungen baut, sowie philosophische Rucksackreisen durch atemberaubende Einöden unserer Erde.
Alkohol kam mir erst spät in den Sinn, wenn der Tag gelaufen war. Wenn nichts mehr ging und das Bett schon rief. Nur so konnte Alkohol ein akzeptabler Tagesabschluss sein. Zum Feierabendausklang eingeführt, ordnete Alkohol den Tag. Aber selbst diese Erfahrung habe ich erst nach Jahrzehnten gemacht, als mein übliches Feierabendprogramm aus Triathlontraining während der Schwangerschaft meiner Frau nicht mehr funktionierte. Trinken und Schwangerschaft waren nicht von Dauer. Dem Alkohol fehlten einfach ein paar Eigenschaften, um sich gegen tiefergreifende Leidenschaften dauerhaft durchsetzen zu können.
Die neuen Feierabende mit Alkohol waren angenehm. Sie wurden schnell zur Gewohnheit. Fernsehen und Alkohol schafften eine neue Bequemlichkeit, die ich bis dahin nicht gekannt hatte. Besondere Erinnerungen hinterließen diese neuen Feierabende nicht. Wichtiger war die ganze Zeit die Aussicht auf mehr aktives Erleben, wenn es denn wieder passt. Vorübergehend war ich sehr zufrieden auf meiner wohligen Fernsehcoutsch, ruhiggestellt mit Träumen von einer nicht fernen und spannenderen Wirklichkeit.
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