„Ich finde es äußerst beeindruckend, wie schnell das alles abgelaufen ist“, bemerkte Alexander Kranz leise an die Adresse seiner Ehefrau Mora, als beide kurz vor Weihnachten 2028 aus Anlass der USNO-Gründung im festlich geschmückten Casino des ehemaligen UNO-Gebäudes in New York an dem feierlichen Eröffnungsbankett teilnahmen.
„Tja, wer hätte das gedacht. Besonders freut es mich, dass unser alter Freund Mansur-el-Rabat zum ersten Chef der neuen terranischen Regierung gewählt worden ist. Er ist ein guter Mensch und als ehemaliger UN-Generalsekretär und Diplomat wie kein anderer für diesen Job geeignet.
Außerdem ist es ziemlich bemerkenswert, wie rasch vor allem die Regierungschefs der früheren Großmächte am Ende der Debatten eingewilligt haben, als Minister in die neue Weltregierung einzutreten. Und ein wenig sind wir beide und unser damaliger Flug mit der guten alten KUNTUR nach LARO 5 der Auslöser für all das gewesen. Das sollte uns schon ein wenig stolz machen, findest du nicht?“
„Yep, Gnädigste – die Gründung der USNO ist ein gewaltiger Meilenstein in der Geschichte der Menschheit. Keine Frage. Aber leider kommt unsere Planung zur Erkundung der ANDROMEDA-Galaxis und der ihr vorgelagerten Galaxien nicht so schnell voran, wie deine verehrte Schwiegermutter Shira-Khor und unser Freund, Großfürst Kendo-Khar, sich das nach unserem Abenteuer auf den SANTOR-Planeten gewünscht haben. Außerdem scheint mir deine Schwiegermutter Shira ein bisschen amtsmüde zu sein. Hat dir dein Vater bei deinem letzten Besuch auf LARO 5 in dieser Beziehung verraten, was die zwei in Zukunft vorhaben?“
„Nöh – gesagt hat er zumindest nix. Könnte aber sein, dass die beiden daran denken, künftig etwas kürzer zu treten. Und du, mein lieber Gatte unkst jetzt mal nicht rum. Dass wir die vorbereitenden Maßnahmen für eine Fernerkundung nach ANDROMEDA und die vorgelagerten Zwerggalaxien nicht mal so eben aus dem Ärmel schütteln könnten, war doch jedem klar, der davon auch nur ansatzweise was versteht.“
„Das stimmt, mein Schatz. Jedoch überlege auch ich mir angesichts der eingetretenen Verzögerungen schon die ganze Zeit über, wie es künftig mit unserer kleinen Familie weitergehen soll. Schließlich werden wir beide ja auch nicht jünger.“
Alex machte eine kurze Pause, in der er seiner Mora lächelnd in ihre funkelnden grünen Augen blickte und in der er ihr zugleich seine rechte Hand unter dem Tisch auf den nur knapp von ihrem Ballkleid bedeckten rechten Oberschenkel legte. Dann fuhr er mit sanfter Stimme fort:
„Also, geliebte Fürstin – dass du die Reise nach ANDROMEDA unbedingt an Bord deiner im Umbau befindlichen MHORA-X mitmachen willst, hast du ja erst kürzlich unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.
Und ehe du meine Worte jetzt gleich hitzig kommentierst, sag‘ ich dir nur, dass ich dieses Abenteuer ebenfalls miterleben möchte. Das steht also gar nicht zur Debatte. Nur vergehen sicher noch etliche Monate, wenn nicht sogar Jahre, bis der Triebwerksaustausch und der Einbau der neuen TMK 3-Waffenphalanxen bei deinem Explorerschiff endlich beendet und auch die übrigen Großkampfschiffe in gleicher Weise fernflugtauglich hochgerüstet worden sind.
Zudem soll der Fernflug nach ANDROMEDA und den vorgelagerten Galaxien ja unsere letzte große Mission werden, ehe wir uns weniger anstrengenden Aufgaben widmen. Darüber haben wir ja neulich schon mal eingehend diskutiert. Allerdings, mein geliebter Schatz – wir müssen nicht nur an uns, sondern auch an unsere Zwillinge und an deren künftiges Leben denken.
Wenn wir sie auf diese Fernerkundung mitnähmen, würden sie weitere kostbare Ausbildungsjahre verlieren. Denn ich denke, dass wir nach ANDROMEDA und zurück gut zwei bis drei Jahre unterwegs sein werden. Und das passt halt nicht mit einer geordneten Schulausbildung unserer Kids zusammen.“
„Gut gebrüllt, Löwenvater“, entgegnete Mora Kranz spontan. „Ich teile deine Besorgnis. Unsere Kinder sind in diesem Jahr dreizehn Jahre alt geworden und bislang haben Oskar 1 und ich sie ja auch hinreichend an Bord unseres Schiffes unterrichten können. Doch das ist für ihr berufliches Weiterkommen, selbst bei Anwendung der larojanischen Hypnoschulungsmethode, auf Dauer nicht ausreichend – da gebe ich dir völlig recht.
Und auch wenn es mir jetzt schon das Herz zerreißt, wird mir dennoch so langsam klar, dass wir uns während unserer vorerst letzten großen Mission von Mora-Lisa und Alex junior trennen müssen. Zur Erreichung eines höheren Bildungsniveaus ist es nämlich nötig, dass wir sie endlich in eine gute Bildungseinrichtung schicken.
Dabei geht’s mir nicht nur um die Ausbildungsinhalte, denn damit haben diese zwei superschlauen Telepathen ganz sicher kein Problem. Viel wichtiger ist meines Erachtens, dass unsere beiden Teenager künftig lernen, mit gleichaltrigen Kindern klarzukommen. Soziale Kontakte und soziales Verantwortungsbewusstsein sind nämlich gerade in der Jugend überaus wichtig. Und das können Oskar 1 und selbst ich als gelernte Ex-Professorin den beiden an Bord der MHORA-X nicht bieten.
Deshalb habe ich noch vor unserem Abflug nach New York ein längeres Gespräch mit unserer alten Freundin Dr. Nora Kirschner in ihrer neuen Funktion als Leiterin der terranischen Wissenschaftsakademie geführt.“
„Nett, dass ich als Papa das auch schon mal erfahre, du alte Geheimniskrämerin. Und was hat unsere ehemalige Bundeskanzlerin dir zu diesem Thema gesagt?“, fragte Alexander Kranz ein wenig genervt. „Ich gehe doch wohl recht in der Annahme, dass du unsere Zwillinge zu ihr auf die Akademie schicken möchtest.“
„Jetzt beruhig‘ dich mal wieder, mein fürstlicher Gemahl – und hör endlich damit auf meinen unschuldigen Oberschenkel durchzukneten. Das gibt sonst noch blaue Flecke. Oder willst du, dass ich gleich hier und jetzt über dich herfalle, du liebeshungriger Hirsch“, raunte Mora ihrem Mann jetzt mit kehliger Stimme ins Ohr.
Dann fuhr sie angesichts der geröteten Wangen ihres Ehemanns schelmisch grinsend fort: „Ich wollte doch von Nora nur wissen, ab wann unsere beiden Lieblinge in ihrer Akademie aufgenommen werden können. Und dann ging‘s bei unserem Gespräch auch noch darum, für welche der angebotenen Fachrichtungen sie sich nach dem Grundstudium nach ihrer Meinung am besten qualifizieren sollten.
So, mein schöner Fürst. Zu den Einzelheiten komme ich später, denn die erzähl‘ ich dir erst nachher im Bett unserer hübschen Hotelsuite. Aber nur, wenn du mich dann nicht mehr so sauertöpfisch anguckst und vorher mit mir schläfst. Diese Stirnfalten stehen dir nämlich überhaupt nicht, auch wenn deine lustvoll geröteten Bäckchen überaus apart anzuschauen sind.“
„Nix da. Ich will endlich Klartext über den Inhalt deiner Unterredung mit Nora hören. Was genau hat sie dir geantwortet? Los, sag es schon! Und wage es ja nicht, mich noch weiter auf die Folter zu spannen.“
„Also gut, mein neugieriges Schätzchen. Das Wichtigste, was du zu diesem Zeitpunkt wissen musst, ist schnell erzählt“, grinste Mora jetzt ihren inzwischen ein wenig böse guckenden Ehemann süffisant lächelnd an, während sie sich gerade den Hauptgang des servierten festlichen Abendessens in Gestalt eines überaus schmackhaften Filets Mignon genussvoll und ausgesprochen langsam einverleibte.
„Diese Frau macht mich noch völlig verrückt“, meinte Alex spontan zu seinem neben ihm sitzenden Halbbruder Dr. Alec MacLeod, der mit seiner Ehefrau Mora-Sher und der gequält vor sich hin prustenden Kommandantin der TAIFUN, Kommodore Brigid-Thor nebst ihrem ebenfalls verhalten grinsenden Ehemann Nick Carter mit am gemeinsamen Tisch saßen.
Und auch Brigids Vater Großadmiral Dagmund-Thor sowie Großfürst Kendo-Khar und dessen Verlobte, die lemurische Admiralin Anuk-Thor, konnten sich am Nachbartisch ein breites Lächeln nicht verkneifen.
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